Der Ochsenkrieg. Ludwig Ganghofer
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der Ochsenkrieg - Ludwig Ganghofer страница 8

Название: Der Ochsenkrieg

Автор: Ludwig Ganghofer

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

Серия:

isbn:

isbn:

СКАЧАТЬ Pfund hast? Da kannst dem Herrn bloß vierzig bieten.«

      »Wieso?«

      »Tust vergessen, daß ich dein Bruder bin? Und daß ich in Hösl und Hemd aus dem Haus gegangen? Und daß ich Anspruch hab an Acker und Wiesfrucht? Mareiner! Sechzig Pfund? Da wirst wohl dritteln müssen. Mit mir!«

      Der Bauer sah den höfischen Bruder an und wurde mauerbleich über das ganze Gesicht. Und ohne noch ein Wort zu sagen, drehte er sich um und ging durch die Wiese davon.

      Marimpfel hob sich im Sattel und rief dem Bauer lachend nach: »Gotts Gruß, Mareiner! Ich komm bald!« Dann ritt er davon.

      Der Taubenseer ging an seinem Rechen vorüber, unter schattenden Bäumen hindurch und kam zu einem grauen Balkenhaus, über das ein großes Moosdach herging, wie eines Mannes Hut ein kleines Kind bedeckt.

      Neben der Haustür saß, von Sonne umspielt, in einem grob gezimmerten Holzsessel eine alte, weißhaarige Frau mit gichtisch verkrümmten Händen, zermürbt von der schweren Arbeit eines langen, mühsamen Lebens.

      »Kindl?« sagte sie zu dem vierzigjährigen Manne. »Was hast?«

      Der Bauer biß die Zähne übereinander und schien sich auf eine Antwort zu besinnen. Dann sagte er: »Mutter! Der Marimpfel ist dagewesen.«

      »Und ist nit herein zu mir?«

      Mareiner schüttelte den Kopf und trat ins Haus.

      Ohne sich zu regen, murmelte die alte Frau vor sich hin: »Ist dagewesen. Und ist nit herein zu mir. Ein Weg, schier kaum ein halbes Vaterunser lang. Und steht am Zäunl. Und geht nit herein zu mir.« Sie hob das zerfallene Gesicht, und ihre trockenen, fast schon erloschenen Augen suchten irrend im Blau des Himmels. »Heilige Mutter! Was sagst du jetzt?«

      Geduldig blickte die alte Frau in dieses schöne, reine Blau empor und wartete auf Antwort.

      Vor sechzig Jahren, als vierzehnjähriges Dirnlein, hatte sie die Gottesmutter zur Patronin ihres Lebens erwählt, war Marienträgerin gewesen bei jedem Bittgang in und außerhalb der Kirche, hatte sich, eine Dreißigjährige, zum Ehestand segnen lassen an einem Marientag und hatte jedem der drei Buben, die sie geboren, bei der Taufe einen Festtag der Mutter Maria als segensreichen Namen in das Leben mitgegeben. Mareiner hieß Mariä Reinigung, Malimmes hieß Mariä Lichtmeß, Marimpfel hieß Mariä Himmelfahrt.

      Auf dem Moosdach gurrten die Tauben, kleine Vögel sangen in den Kronen der Bäume, es krähte der Hahn, und die Hühner gackerten, es rauschte der nahe Wildbach, die Bäume flüsterten, am Waldsaum grunzten die wühlenden Schweine — alles redete, was Natur und Leben hieß. Nur dieser schöne, blaue Himmel schwieg.

      Und als die Augen der alten Frau den Schmerz des Lichtes fühlten und wieder heruntersanken zur Erde, sah diese Mutter ihr vierzigjähriges Kindl Mareiner mit Hacke und Spaten scheu hinüberspringen zum Walde.

      Unter dem Kittel trug der Bauer einen schweren Ledersack, in den das Spargut seines Schweißes eingeschnürt war: dreiundachtzig und ein halb Pfund Pfennig in rheinischem Gold, in Silber und schwarzem Blech. Weil Mareiner einen Bruder hatte, der Hofmann war, vergrub er diesen Sack im Dickicht des Waldes zwischen den Wurzeln einer alten Fichte, die er unauffällig mit dem Messer merkte, als er den Boden geebnet und wieder mit Moos bedeckt hatte. Kein Fuchs hätte da einen Wandel der Dinge wahrgenommen.

      Während Mareiner beruhigt sein unsichtbares Werk betrachtete, erfreute sich Marimpfel auf seinem trabenden Gaul immer wieder des gleichen Rechnungsschlusses: »Von sechzig ein Drittel ist zwanzig!«

      Was konnte man im Leben nicht alles haben für zwanzig Pfund Pfennig! Der adlige Chorherr Jettenrösch bezahlte seiner Hübschlerin und Pfennigfrau für alle Lieb und Freud eines langen Jahres nur fünfzehn Pfund. Freilich war, wie die Leute munkelten, Herr Jettenrösch bei dem frummen Fräulein Rusaley nicht der einzige Zahler.

      Marimpfel lachte.

      Von den Herren, die klug sind, kann man lernen. Gute Kameraden und Gnoten müssen teilen können ohne Neid bei Trank und Schüssel, bei Mühsal und Pfennigsack. Warum nicht auch bei der süßesten von allen Freuden? Wie mehr sich teilen in des Lebens Kosten, um so billiger wird des Lebens Rausch.

      Und Marimpfel wußte nun eine, die ihm gefiel. Warum sollte man die nicht zum Pfennigweibl machen können? Jungferntrutz ist wie Maienschnee. Um ein freudenreiches Leben ist alles feil. Und wie gut ihr das stehen muß, wenn sie das schwere Schwarzhaar im grünen Schleier hat! Und reitet ein hoher Fürst durch Berchtesgaden, so muß ihm die schöne Hübschlerin des Marimpfel das rote Stricklein spannen und die lustige Ehr erweisen. Große Herren haben kleine Lustbarkeiten gern. Und wissen, wie man danken muß.

      Während Marimpfel diese goldenen Zukunftspläne schmiedete und durch die einseitige Häusergasse der Ramsau ritt, schien ein stummer Lebensschreck vor ihm herzutraben. Wo Leute oder Kinder vor den Türen waren, verschwanden sie flink im Haus. Und ein Hund, der mit schwerem Holzknebel am Hals auf der Straße in der Sonne gelegen hatte, wurde durch einen schrillen Pfiff in das Gehöft gerufen, zu dem er gehörte.

      Hinter dem Haus des Leutgeb lenkte Marimpfel von der Straße weg und ritt zu einem hohen Hag hinauf, der ein auf grünem Hügel liegendes Gehöft umschloß. Der Reiter stieß mit dem Fuß an das versperrte Hagtor. »Auf! In des Herrn Nam!«

      Holzschuhe klapperten. Ein junger Knecht öffnete das Tor, machte scheue Augen und sagte rasch: »Der Richtmann ist nit daheim.«

      »Wo ist er?«

      »Im Holz. Bis zur Mahlstund kommt er.«

      »Solang kann ich nit warten. Spring ins Holz hin aus und hol den Richtmann! Ich tu derweil einen Trank beim Leutgeb.« Der Spießknecht ritt zur Straße hinunter.

      Zwischen den Stauden und Bäumen, die den Weg in der Richtung gegen Berchtesgaden geleiteten, sah er ein Leuchten bunter Farben und blanker Waffen. Wer kam da? Keiner von den Hofleuten des Gadens. Die trugen sich anders.

      Der gesprenkelte Stieglitz, der da zwischen den Stauden einherschritt, schleppte sich mit schwerer Last. War also wohl ein fahrender Kriegsknecht, der seinen Dienst verlassen hatte und zu einem neuen Soldherrn wanderte. Nun bog er auf die freie Straße heraus, ein langes, braunbärtiges Mannsbild in der bunten Tracht der städtischen Soldknechte, Wams und Hosen bunt gezwickelt, wie es bei den Kriegsleuten in der großen Welt da draußen neue Mode wurde. Er ging barhäuptig, das braune Langhaar gescheitelt. Den flachen, mit einer gelben Kräuselfeder umwundenen Hut hatte er an einer Kordel auf der Brust hängen, neben dem Knauf des hochgebundenen Zweihänders. Den Dolch und das Kurzeisen trug er am Gürtelgehenk. An dem langen Spieß, den er geschultert hatte, schleppte er eine Last, die man auf einen Zentner und darüber schätzen konnte: den Eisenhut, die Brustplatten und Armschienen, den braunen Gugelmantel und dazu das dicke, stamm gedrosselte Lederbündel seiner Kriegsmannshabe. Einen schwächlichen Menschen hätte solche Last erdrückt. Doch dieser lange Kerl hatte trotz der heißen Sommersonne keinen Tropfen Schweiß auf der sonnverbrannten Stirn und ging unter dem schweren Gewicht mit so federndem Schritt, als trüge er Schwanenflaum auf seinem Rücken. Und Augen hatte er, die heiter in den schönen Morgen schauten. Sein von Narben zerfetztes Gesicht erzählte, wie oft dieser Fröhliche schon unter dem Streich des Todes gestanden. Die jüngste seiner Narben, noch dunkel gerötet, ging von der Stirn über das rechte Auge mit geradem Strich herunter bis zum Kinn und wäre schrecklich anzusehen gewesen, wenn sie in diesem gesunden und vergnügten Mannsgesichte nicht eine Art von groteskem Humor bekommen hätte.

      Als dieser fahrende Söldner den berittenen Hofmann kommen sah, blieb er СКАЧАТЬ