Der Ochsenkrieg. Ludwig Ganghofer
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Название: Der Ochsenkrieg

Автор: Ludwig Ganghofer

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ schüttelte er den Kopf. »Du magst viel gelernt haben auf der hohen Schul zu Prag. Aber mir scheint, du hast dabei vergessen, wie sich die Kuh vom Ochsen unterscheidet.«

      Lampert wollte erwidern. Doch die Mutter zwinkerte ihm heimlich zu; sie erinnerte sich der heftigen Meinungskämpfe, die es in früheren Ferienzeiten zwischen Vater und Sohn gegeben hatte, kannte die strenge Rechtskrämerei ihres Mannes und sorgte sich, daß ein unbehaglicher Wortwechsel entstehen könnte. Doch Lampert schwieg nicht nur, weil es die Mutter wollte. Er wußte, daß es zwischen dem Stift und den Almholden immer Reibereien um die Deutung der Rechtsbriefe gab. Und wenn nun irgend was auf dem Hängmoos droben nicht in Ordnung war, so wollte er nicht zur Ursache werden, daß man der hilfreichen Jula einen stacheligen Pfahl vor die Hüttentüre setzen könnte. Drum schwieg er. Und es blieb eine wunderliche Sorge in ihm zurück.

      Mutter Someiner schwatzte eifrig von allem, was ihr gerade einfiel, war glücklich, weil sie die dunkle Gefahr des Augenblicks überbrückt sah, und wollte sich was erzählen lassen von Prag und dem übermütigen Studententreiben in den Bursen. Lampert erzählte auch, doch er blieb zerstreut und kam nicht in rechte Laune. Auch der Vater war nachdenklich und wortkarg. Sogar der Würzwein, der nach der Mahlzeit zum üblichen Schlaftrunk aufgetragen wurde, verbesserte des Amtmanns Stimmung nicht. Und plötzlich murrte er: »Das Ding mit den Kühen auf dem Hängmoos will mir nimmer aus dem Kopf. Ich muß da auf reinen Tisch kommen. Sag mir —«

      Die Mutter witterte gleich wieder eine Gefahr und unterbrach: »Geh, Ruppert, laß die Sach heut gut sein! Ob Küh oder Ochsen —«

      »Das verstehst du nicht.«

      »Aber ich versteh, daß unser Bub nach so einem schweren Ritt die Müdigkeit in allen Knochen haben muß. Er soll zur Ruh gehen.«

      »Ja, Mutter!« Rasch erhob sich Lampert. »Gute Nacht, Vater!« Er ging zur Türe. Als er schon die Klinke in der Hand hatte, zwang ihn die wunderliche Unruhe, die in ihm wachgeworden, zu einer Frage. »Vater? Auf dem Heimweg bin ich durch die Ramsau gekommen. Und hab den Runotterhof gesehen. Und hab vernommen, der Runotter wär wieder Richtmann in der Ramsauer Gnotschaft. Was ist der Runotter für ein Mensch?«

      »Das ist von den Verläßlichen einer!« sagte der Vater, dem der seltsame Klang in der Stimme seines Sohnes aufzufallen schien. »Viel Kummer ist dem Mann ins Leben gefallen. Aber er ist ein Treuer und Redlicher geblieben.«

      Lampert atmete erleichtert auf. »Gute Nacht, Vater!«

      »Bub?« Der alte Someiner erhob sich. »Die siebzehn Küh auf dem Hängmooos? Hast du die wahrhaftig selber gesehen? Mit eignen Augen?«

      Lampert sagte ruhig: »Ja, Vater! Wenn der Runotter so ein Redlicher ist, da brauch ich doch nicht zu lügen.«

      Er ging. Und die Mutter in ihrer Sorge lief ihm nach und fragte draußen auf der Treppendiele: »Was ist denn los?«

      »Ich kenn mich selber nicht aus. Es ist mir jäh eine Sorg ins Herz gefahren, ich weiß nicht, warum. Aber jetzt bin ich wieder ganz in Ruh.«

      »Gelt, ja!« Die Mutter streichelte dem Sohn die Wange. »Was schieren dich am End die Ochsen oder Küh der Ramsauer Bauern?« Sie lachte ihren Buben an. Doch als sie zurückkam in die Stube, wo Herr Someiner nachdenklich auf und nieder schritt, sagte sie ein bißchen verdrießlich: »Allweil mußt du aus jedem Bläslein eine Blatter machen!«

      »Das verstehst du nicht! Recht muß Recht sein und Unrecht ist Unrecht. Freilich, es könnt auch sein, daß ich selber mich irr. Ich hab den Hängmooser Weidbrief schon lang nimmer angeschaut. Aber ich muß das wissen —« Während dieser Worte hatte der Amtmann an einer Kerze des Deckenleuchters einen Span entzündet. Er brachte das Licht einer kleinen Laterne in Brand.

      »Aber Mann! Wo willst du denn heut noch hin?«

      »Hinunter in die Amtsstub, den Hängmooser Weidbrief nachlesen.«

      »Da ist doch morgen auch noch Zeit dazu.«

      »Unrecht soll keine Nacht überschlafen.«

      Während Frau Someiner seufzend den Kopf schüttelte, nahm der Amtmann aus einem Wandkästlein des Erkers einen dicken Schlüsselbund heraus.

      Drunten zu ebener Erde mußte er drei Schlösser aufsperren, am Gitter, an der Tür und an dem großen, schwer mit Eisen beschlagenen Aktenschrank der Amtsstube. Aus einem Gewirr von Papieren und Pergamenten suchte der Amtmann ein gesiegeltes Blatt heraus, den Hängmooser Almbrief. Und kaum hatte Herr Someiner beim trüben Schein der Laterne zu lesen begonnen, da ließ er im Zorn seine Faust auf das Schreibpult niederfallen. »Das ist eine Frechheit ohnegleichen!«

      Hier war es seit fünfundsechzig Jahren verbrieft und gesiegelt: Auf dem Hängmoos durfte kein Käser stehen, keine feuerbare Hütte, nur ein Wetterschlupf für den Ochsenhirten, und Milchkühe durften nicht aufgetrieben werden, nur zwanzig zwiesömmerige Kalben und an mastbarem Galtvieh sechzig Ochsen.

      Und nun stand wider Recht und Fug auf dem Hängmoos eine Käserhütte! Und Milchkühe wurden aufgetrieben! Wider Fug und Recht! Wohl litt das Stift keinen rasch erkennbaren Schaden dabei. Aber Recht ist Recht. Und was die Ramsauer da verübten, war unbotmäßiger Eigenwille und grobes Verbrechen wider die Hoheitsrechte des fürstlichen Stiftes. So sah es für den Amtmann Someiner aus, dem die anmaßende Willkür der Holden und Eigengütler das Leben verbitterte. Seit das Stift um der Last seiner Schulden willen gezwungen war, ein Schupflehen ums andre an vermöglich gewordene Bauern als Erbrecht zu verkaufen, wurde der Untertanen Übermut und Anspruch ärger von Jahr zu Jahr. Neben Herrenstand und Bürgertum begann sich als ein dritter Stand die Bauerschaft emporzustrecken. Schon hatten sich in der Scheffau, zu Bischofswiesen, in der Schönau, in der Gern und Ramsau die Erbrechter und Eigengütler zu Gnotschaften zusammengetan, hatten Fürständ und Sprecher gewählt. Und in den Zeiten der üblen Wirrnis, da das ganze Berchtesgadener Land an das Salzburger Erzbistum verpfändet war, hatten es die trutzbeinigen Bauernschädel durchgesetzt, daß man den Gnotschaften Wort und Vertretung im Rat der Landschaft zubilligen mußte. Und seit sie mitschreien durften, meinten sie auch mitbefehlen zu dürfen, vermaßen sich umzustoßen, was verbrieftes und gesiegeltes Recht war, und meinten ihren Trutzwillen durchsetzen zu können wider des Fürsten Gebot und Eigentum.

      Was da nun wieder die Ramsauer gegen Wort und Meinung eines gesiegelten Weidebriefes verübten, war ein grobes und übermütiges crimen juris laesi. Man mußte da ein heilsames Exempel statuieren. Ohne Erbarmen! Oder Hoheit und Besitz des Stiftes mußten an solcher Anmaßung und Schröpferei verbluten.

      Während Amtmann Someiner beim trüben Laternenschein das alte brüchige Pergament wieder im Schrank verwahrte, erwog er schon den Gedanken, den Ramsauern am Morgen die bewaffnete Exekution über den frechen Hals schicken und die siegelwidrig auf dem Hängmoos weidenden siebzehn Kühe pfänden und davontreiben zu lassen.

      Aber der Ramsauer Richtmann Runotter? Dieser Verläßliche und Redliche? Wie kam es, daß der solch eine schreiende Rechtswidrigkeit geschehen ließ? Konnten die Ramsauer vielleicht doch ein Fähnlein der Entschuldigung aushängen? Und auf den Richtmann Runotter, der trotz schwerem Unrecht, das der Chorherr Hartneid Aschacher ihm angetan, noch immer in Treu zu Stift und Recht gestanden, mußte man verdiente Rücksicht nehmen.

      Als der Amtmann zu dieser wohlmeinenden Erwägung kam, hörte er draußen auf dem Gassenpflaster den klirrenden Schritt der Stiftswache.

      Er ging in den Flur, riegelte das Haustor auf und rief in die Nacht hinaus: »Höi, Wachleut!«

      Die beiden Spießknechte kamen gesprungen.

      »Wer ist СКАЧАТЬ