Der Sternsteinhof. Ludwig Anzengruber
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Название: Der Sternsteinhof

Автор: Ludwig Anzengruber

Издательство: Public Domain

Жанр: Зарубежная классика

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СКАЧАТЬ Muckerl war im Orte wohlgelitten, in besonderer Achtung stand er nicht, kam ihm ja auch gar nicht zu. Körperstärke, Arbeitstüchtigkeit, erwirtschaftetes, auch überkommenes Geld wertet der Bauer frischweg, darauf versteht er sich, das bewährt sich unter seinen Augen als zu Nutz‘ und wünschenswert; vor dem Manne, dem man nicht auf den Grund der vollen Tasche zu sehen vermag, rückt er den Hut und gibt ihm, als einem, dem Gott über die andern emporgeholfen hat, wie der hohen Obrigkeit, aus Respekt, kurze Reden. Alle andere Schätzung und Wertung ist ihm überkommen, selbst was unseres lieben Herrgotts und all‘ seiner Heiligen Gnad‘ und Barmherzigkeit anlangt, verläßt er sich auf seines Pfarrers Wort und Lehr‘. Alles, was in seinem Kreise dem Hergebrachten zuwiderläuft, macht ihn verlegen und mißtrauisch, ‚s mag ja von Gott gegeben sein, ‚s könnt‘s aber auch der Teufel geschenkt haben, wer weiß sich da schnell aus? Und gar, was so inmitten zwischen dem Weltlichen und Heiligen liegt, das Gebiet der Kunst, das ist ihm allzeit nebelgrau geblieben und dürfte es ihm wohl bleiben; vor einem Kunstgegenstande wagt er sich kaum über das reservierte Urteil hinaus: Das schaut schön aus! Da war denn nun der Kleebinder Muckerl, klein und knirpsig, sicher außerstand, auf dem Felde seinen Mann zu stellen, freilich war sein Glück, daß er findig und geschickt genug war, sich daheim mit leichterer Arbeit mehr Geld zu verdienen, als manche andere mit der harten, aber feiern durfte er auch nicht, und sein‘m Sack war wohl noch auf‘n Grund zu seh‘n, übrigens, war solche Arbeit überhaupt welche zu nennen und Ehr‘ dabei aufzuheben? Wohl heißt‘s, zu Zwischenbühel da sitzt einer, der versteht‘s Herrgottlmachen und Heiligenschnitzen, aber (die guten Zwischenbüheler empfanden instinktiv, daß ihr Dorfkind kein Genie sei) wenn er‘s gar so ausbündig, so aller Welt ungleich verstünd‘, säß‘ er nit mehr unter uns. Eben dieses Gefühl der Gewöhnlichkeit Muckerls, das dem unzureichenden Grunde, ihn als etwas Besonderes zu betrachten, entsprang, machte ihn wohlgelitten, nur wollten ihn die Bursche unter sich nicht als einen gleichen gelten lassen, und schau‘ ein‘s, nun möcht‘ mit einmal das Halbmännel, der Stub‘nschaffer gar vor allen was voraushaben und mit der Schönsten vom Ort gehn?!

      Dazu dürft‘ ihm doch wohl der Weg zu verlegen und zu verleiden sein.

      Wär‘ anders denen unter‘m Vordache draußen die Lustigkeit vom Herzen gegangen, so hätten sie die Gesellschaft, die da rückwärts im Garten saß, verlachen können, denn die kam zu keinem Behagen.

      Der Stämmige, der zuerst herbeigeschlichen war, hatte sich ohne viele Umstände an Muckerls Tisch gesetzt, nachdem er dem Herrgottlmacher ein paar kurze Reden gegönnt, wobei er, über dessen Achsel hinweg, Helenen zublinzelte, ging er sofort daran, sich dieser gegenüber als den Spaßhaften und Zutätigen zu bezeigen, denn er hielt dafür, daß der Deckel rasch vom Korbe müsse, wenn er Hahn darin sein wollte, denn die andern Bursche würden nicht lang wegbleiben, aber schon der nächste, der hinzukam, fand ihn verdrossen mit einer hochgeröteten Backe dasitzen.

      Und alle Bursche, wie sie sich nun hinzufanden, richteten erst vorab paar Worte an den Muckerl, dann reckten sie die Hälse und sprachen von dem nächsten Tische herüber zu der Dirne, als säße die allein unter ihnen.

      »Zinshofer Dirn‘, anschau‘n is wohl erlaubt?«

      »Wenigstens nit verboten,« sagte sie.

      »Könnt‘st uns ein G‘fallen erweisen —«

      »Wüßt‘ kein Grund.«

      »Sag‘ uns, wie d‘ so sauber sein magst?«

      »Dank für‘s Kumplament, is mir leid, daß ich‘s nit z‘ruckgeben kann.«

      »Macht nix. Auf d‘Säubrigkeit von andere verstehst dich halt nit. Dös sieht man.«

      Alle Bursche lachten, und zum Ärger der Dirne, Muckerl mit.

      Da saß sie nun, wie sie es gewollt, unter Leuten und wünschte sich weit weg. Hätte sie lieber die dumme Geschichte mit dem Muckerl, wo doch noch nichts dahinter war, geheim gehalten! Was brauchte sie die durch ‚s ganze Ort zu tragen und von morgen an sein Schatz zu heißen? Dafür haben sie auch die Bursche genommen, als sie vorerst Muckerl ansprachen, als ob sie gar nicht da wäre, aber statt nur ihre Ansprach zu suchen und dadurch zu zeigen, hier säßen zwei, die kein Drittes neben sich leiden, hat er sie wie allein sitzen lassen, und da haben denn die andern getan, als ob er nicht da wäre, und die Hände nach ihr ausgereckt, wie nach einem Ding, das man nur aufzugreifen braucht, etwa wie die junge Katz‘ beim Fell, und er ist daneben gesessen, hat keinem auf die Finger geklopft, er hat sich nicht um sie gewehrt, nein, er hat sie sich um ihn wehren lassen, als war‘ er ihrer so ganz sicher und sie müßte sich in allem, lieb oder leid, in ihn schicken. Lachen mag er, statt in den Tisch zu schlagen, als man ihr in‘s Gesicht bietet, sie vergab‘ sich was, wenn sie mit ihm ging‘!

      Diese Gedanken schössen ihr durch den Kopf, während sie die fortdauernden Stichelreden der Burschen zungenfertig zurückgab. In augenfälligem Unbehagen saß sie da, zwischen den Händen, die sie vor sich auf den Tisch gestemmt hielt, ihr Taschentuch zerrend und zerknüllend; mit klarer Stimme, die aber etwas höher klang als sonst, schnellte sie ihre Gegenreden heraus und schielte dabei unter den zusammengezogenen Brauen nach einer leeren Tischplatte neben, nur manchmal warf sie Muckerl, der an ihrer Seite duchste, einen zornigen Blick zu, wenn der gutmütige Bursche in das allgemeine Gelächter einstimmte und dadurch die Heiterkeit auf ihrer beiden Kosten auf das Bedenklichste erhöhte. Der Klang einer Zither am Nebentische machte sie zusammenschrecken. Sie wußte, was nun kommen werde. Gegen alle Rede glaubte sie aufkommen zu können und keine schuldig bleiben zu müssen, aber singen konnte sie nicht, dazu war ihre Stimme zu schrill und dafür fehlte ihr das Gehör, das wußte sie vom Kirchengesange her, auch auf‘s Wortreimen versteht sie sich nicht und hat nie auf solche Alfanzerei etwas gegeben; gegen Trutzliedeln ist sie wehrlos.

      Da hob schon einer damit an.

      »Beim Herrgottlmachen,

      Bei‘n Heiligenschnitzen

      Tu ich mich d‘ ganz‘ Wochen

      Krump und bucklet sitzen.«

      Darauf sang ein anderer:

      »Ich kenn‘ ein jed‘s Fladerl,

      Jed‘s Maserl im Holz, —

      Und ‚s aller sauberste Maderl,

      Dös war halt mei Stolz!«

      Nun kam der Stämmige an die Reihe:

      »Spannst du dich mit der Schönsten z‘samm,

      Gib, Herrgottsschnitzer, acht,

      Am End‘, da hätt‘st damit erst dann

      Ein Herrgottsschnitzer g‘macht!«

      Das zündete. Aber ehe noch das stürmische Gelächter sich beruhigen konnte, hatte Helen‘ den Muckerl an der Hand gefaßt, emporgezogen und war mit ihm dem Ausgange zugeschritten.

      »Oh! Hoho!« schrien die Bursche. »Schon fortgeh‘n, wo‘s erst lustig wird und ‚s schönste Paar dazu?!«

      Obwohl es nun auch dem Muckerl für ausgemacht galt, daß er just nicht unter Freunden gesessen habe, wofür er ihnen, ohne »Behüt‘ Gott« zu sagen, den Rücken kehrte, so konnte ihn doch der Spott über das schönste Paar, den er, auf sich gemünzt und vom Neide eingegeben glaubte, nur schmunzeln machen.

      Die Dirne aber fühlte nur eine Spitze gegen sich heraus, weil sie mit einem gar so Ungleichen gehe, der obendrein weder Maul noch Hand zu brauchen wußte, der sie reden und sich von ihr leiten ließ. Mit einem trotzenden Blick in all‘ die spöttischen Gesichter, wandte sie sich unter der Schwelle ab und schritt Hand in Hand mit dem Burschen hinweg. Bis sie das Wirtshaus außer Sicht hatten, gingen sie so, dann gab ihn das Mädchen frei und trat von ihm zurück.

      »Aber СКАЧАТЬ