Название: Strafrecht Besonderer Teil. Teilband 1
Автор: Reinhart Maurach
Издательство: Bookwire
Серия: C.F. Müller Lehr- und Handbuch
isbn: 9783811492561
isbn:
5
Als Gesundheitsschädigung gilt jede Herbeiführung eines vom relativen Normalzustand der körperlichen Funktionen des Opfers nachteilig abweichenden Zustandes; hierher gehört jede Herbeiführung oder Vertiefung (BGH NJW 60, 2253; NStZ 88, 25) einer bereits vorhandenen pathologischen Verfassung. Die Wirkungsdauer des nachteiligen Zustands ist unerheblich (Gesundheitsschädigung daher auch die Herbeiführung eines „gesunden“ Rausches ohne nachteilige Folgen, BGH NJW 83, 462), doch bleiben auch hier unerhebliche Wirkungen (leichte Kopfschmerzen als Folge übermäßiger Lärmentwicklung) außerhalb des Tatbestandes. Eintritt geistiger Störungen auf pathologischer Grundlage ist selbstverständlich auch Gesundheitsschädigung (s. aber § 226: Geisteskrankheit als Anlass der Umqualifizierung zum Verbrechen, u. II B). Auf die Mittel der Gesundheitsschädigung kommt es nicht an: auch die Ansteckung eines anderen mit einer Krankheit ist tatbestandsmäßig[12]. Bei bewusstem freiwilligem Kontakt mit dem Infizierten liegt allerdings eine Selbstgefährdung vor, die den anderen Beteiligten straflos lässt[13]. Versuche, die Selbstgefährdung auf jeden Sexualverkehr ohne Vertrauensbeziehung auszudehnen (Kreuzer ZStW 100, 801), sind bei aller Fürsorge für das Sexualleben der Infizierten letztlich sexualfeindlich. Eine Gesundheitsschädigung ist auch die übermäßige Bestrahlung, auch wenn Schäden klinisch noch nicht wahrnehmbar sind (BGH 43, 306, 346; dazu schon o. § 8 Rn. 25).
6
Eine Schwangerschaft ist zwar keine Gesundheitsschädigung (Wolters SK 28), wohl aber eine Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens, sodass bei Täuschung der Frau und vor allem bei einer fahrlässigen Verwechslung der Antibabypille mit insoweit unwirksamen Medikamenten durch einen Apotheker eine Körperverletzung in Betracht kommt[14]. Der Schwangerschaftsabbruch als solcher ist keine Körperverletzung an der Mutter (s.o. §§ 1 Rn. 9, 6 Rn. 14).
Anmerkungen
BGH NStZ 86, 166; OLG Hamm JMBlNRW 63, 274; OLG Koblenz VRS 42, 29.
OLG Hamm DAR 72, 190; OLG Frankfurt VRS 38, 49.
BGH NStZ 97, 123; OLG Hamm MDR 58, 939; OLG Düsseldorf NJW 02, 2118 m. Anm. Pollähne StV 03, 563 (nächtl. Telefonanrufe, anders noch OLG Hamburg MDR 54, 630).
Rechtsprechung bei Grünewald LK 16.
Würtenberger DRZ 48,291; Eb. Schmidt JZ 59, 519; Kienapfel aaO 25 ff.; Blei II § 12 II; Sternberg-Lieben S/S 3; Grünewald LK 6.
BGH 14, 269; Schroeder FS Hirsch 730 ff.; Murmann Jura 04, 102.
Abw. RG 29, 58; wie hier BGH NJW 53, 1440 und MDR/D 66, 892.
BGH NStZ 97, 123: bloßes Kribbeln in den Beinen bei Eintauchen eines Föhns in die Badewanne; OLG Köln NJW 96, 2191: Durchfall infolge Bedrohung; BGH NStZ 07, 218; 08, 632: nicht einverständlicher Geschlechtsverkehr und gynäkologische Untersuchung ohne Indikation.
RG GA 49, 274; Sternberg-Lieben S/S 4. Dagegen wie hier Grünewald LK 8; Sauer 281; Lange I 1; OLG Zweibrücken NJW 91, 240.
Vgl. OLG Stuttgart NJW 59, 831; OLG Hamm MDR 58, 939; BGH NStZ 97, 123.
RG 19, 136; BGH 25, 278; Schroeder FS Hirsch 730 f.
Zur Aids-Problematik Eberbach JR 86, 230; Bruns NJW 87, 693, 2281; Herzberg NJW 87, 1461, 2283 und JuS 87, 777; Herzog/Nestler-Tremel StV 87, 360; AG München NJW 87, 2314 m. Anm. Arloth NStZ 87, 407; BGH 36, 1, 262. A.A. AG Kempten NJW 88, 2314; Prittwitz StV 89, 127. Zu den Sondertatbeständen zum Schutz der Volksgesundheit s.o. § 8 Rn. 10.
Prittwitz NJW 88, 2943; StV 89, 128; BayObLG NStZ 90, 81 m. Anm. Dölling JR 90, 474 und Hugger JuS 90, 972.
Vgl. zivilrechtlich LG Itzehoe FamRZ 69, 90 mit Anm. Mertens 252 und Heldrich JuS 69, 455. S.a. § 4 Abs. 1 Nr. 1, 2 ESchG (dazu Schroeder FS Miyazawa 95, 533, 543).
b) Der subjektive Tatbestand
7
Die Körperverletzung ist ein kongruent aufgebautes Delikt: Vorsatz (einschließlich des bedingten) ist erforderlich und genügend. Motive (auch ein unangebrachter Scherz kann Körperverletzung sein) und Tendenzen sind für den Tatbestandsaufbau unerheblich. Bedenklich erscheint die Ablehnung des Vorsatzes bei affektiver Erregung (BGH NStZ 04, 201 m. Anm. H. Schneider). Ein error in objecto ist bei Gleichwertigkeit der Objekte (eine „andere Person“) unbedeutsam, desgleichen ein Irrtum über den Verletzungsgrad. Tritt die Verletzung an anderer Stelle ein als vom Täter bezweckt, liegen nur Fahrlässigkeit und Versuch vor[15]. Bei Zweifeln über den Vorsatz soll nach BGH 17, 210 die fahrlässige Körperverletzung als „Auffangtatbestand“ eingreifen; hiergegen bestehen die gleichen Bedenken wie gegenüber der Entscheidung BGH 9, 390 (vgl. AT § 10 Rn. 31; LK12 § 15 СКАЧАТЬ