Название: Ingenieure - Status und Perspektiven
Автор: Armin Odoleg
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783741833304
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Der Beweis, dass ich mit obigen Behauptungen zumindest nicht ganz unrecht habe, kann leicht erbracht werden: Man stelle sich vor, man spendet wirklich (nur) für eine Sache, die einem „am Herzen liegt“: Warum muss in diesem Falle der Name des Spenders veröffentlicht und über alle Medien breitgetreten werden? Ehrliche Spenden, mit denen man nicht die Absicht hat, sich freizukaufen, sind nun einmal anonym. Gott sei Dank gibt es solche Leute auch.
Auch die Projektplanung in Firmen hat sich grundsätzlich dieser Rosa-Brillen-Politik zu unterwerfen. Selbst bei firmenkritischen Problemen, bei denen Millionen auf dem Spiel stehen, gibt es genau eine Lösung beziehungsweise eine Vorgehensweise. Eine „Parachute“- Lösung (Parachute = Fallschirm) wird nie geplant, weil man immer davon ausgeht, dass alles funktioniert. Was alleine aus der Betrachtung fragwürdig ist, dass es vorher schief gegangen ist. Aber für Alternativlösungen gibt es kein Geld. Funktioniert nur ein Teil dieser Lösung nicht, riskiert man die Firma. Aber Hauptsache ist, dass man Geld spart.
Der Druck ist extrem.
Überzeugungen
Man stellt somit fest, dass selbst im Engineering Sachargumente nur in den seltensten Fällen gelten. „Überzeugungen sind gefährlichere Feinde der Wahrheit als Lügen.“ liest man als Zitat von Friedrich Wilhelm Nietzsche dazu. Die „Wahrheit“ ist hier beispielsweise einer technisch sinnvollen Konstruktion gleichzusetzen.
Es zeigt sich somit in den meisten Fällen, dass es nicht zielführend ist, über technischen oder sonstigen Unsinn zu diskutieren, da die Konstrukteure völlig davon überzeugt sind, das Richtige getan zu haben. Insbesondere dann, wenn sie es beispielsweise als Patent angemeldet haben.
Firmenleitungen sind überzeugt, sozial zu sein, obwohl sie mit einem Handstreich und nur, um die Aktionäre zu befriedigen, 2000 Leute kündigen wollen.
Die Angestellten sind sich in einer Firma, die sich in der Insolvenzphase befindet, überzeugt, dass „die Firma noch übernommen wird“, obwohl vorher alle potentiellen Käufer die Hände über dem Kopf zusammenschlugen, nachdem sie die Firma besichtigt hatten.
Selbst Albert Einstein haben Wissenschaftler lange nicht „geglaubt“14 . Es dauerte rund ein Jahrzehnt, bis sich die spezielle Relativitätstheorie durchgesetzt hatte. Einstein selbst wiederum baute mit „Kunstgriffen“ ein stationäres Universum in seine Gleichungen ein. Denn als er die Relativitätstheorie verfasste, hatte noch niemand die Idee eines expandierenden Universums. Ohne diese Kunstgriffe wäre das Ergebnis ein expandierendes Universum gewesen, was nach heutigem Stand der Forschung korrekt ist.
Die Fortführung dieser Gedankengänge auf Internetdiskussionen, Politik oder analoge Bereiche mag jeder für sich vornehmen.
Immer sind Überzeugungen der Lösung der Probleme bzw. der neutralen Betrachtung derselben hinderlich oder machen sie unmöglich.
Der verursachte Schaden ist unermesslich.
Erfahrung und Vorurteil
An vorhergehenden Beispielen erkennt man auch, dass man die Begriffe „Vorurteil“ bzw. „Überzeugung“ und „Erfahrung“ nicht klar trennen kann. Was die Sache noch um einiges komplexer macht. Eine Erfahrung bildet ein Vorurteil aus; sie kann durchaus falsch oder unzureichend sein.
Bei der Beurteilung von Fakten ist es jedoch nicht möglich, die Erfahrung komplett auszuschalten, denn ohne einen gewissen Erfahrungsschatz ist es ebenfalls unmöglich, ein Urteil zu fällen.
Weiterhin ist jeder von der persönlichen Denkweise begrenzt15 . Dies zeigt das Zitat von Ludwig Wittgenstein: „Will man dem Denken eine Grenze setzen, so müsste man beide Seiten der Grenze denken können (Man müsste also denken, was sich nicht denken lässt)“. Er bezog dies vermutlich auf das allgemeine Denken. Die Aussage ist aber auch für jede Person und Situation gültig. Die Denkweise eines jeden ist begrenzt, auch die des Autors des vorliegenden Buches. Man kann die eigenen Denk-Grenzen nicht erkennen und bestimmen.
Man kann dies auch an der eigenen Person über eine andere Weisheit zeigen. Sie besagt, dass „Erfahrung das ist, was man glaubt zu haben, bis man mehr davon hat“. Einen erweiterten Erfahrungshorizont erfährt man aber erst dann, wenn man nach dem „Warum“ fragt und sich in Dinge einarbeitet. Wenn man sich nur oberflächlich mit Dingen beschäftigt, wird man dies niemals feststellen können. Wenn man aber Stück für Stück Einzelteile zusammensetzt, kommt dies der Erfahrung zugute. Wobei diese Erfahrung nicht zwangsläufig zu den korrekten Schlussfolgerungen führen muss.
Es kann gefährlich werden, wenn Personen mit ihrer Erfahrung „argumentieren“. Beispielsweise wurde von einer Krankenschwester an zwei aufeinanderfolgenden Tagen der Puls in derselben Situation gemessen - die Ergebnisse waren 41 und 78. Das Argument für die Korrektheit der Messungen war: „Ich habe 25 Jahre Erfahrung - das sind Messabweichungen“. Denkt man aber über die Zahlen nach, so erkennt man, dass 78 dividiert durch 2 39 ergibt. Und 39 ist nur 5% von 41 verschieden. Somit hatte das Gerät einen Puls von 39 gemessen und die Programmierer des Messgerätes haben „beschlossen“, dass 39 zu niedrig ist und somit wurde 78 angezeigt. „Die billigen Geräte fangen unter 40 an zu doppeln“ bemerkte ein Arzt später dazu. Auch ein Blick in die Bedienungsanleitung hätte ausgereicht, um den „Erfahrungshorizont“ zu erweitern. Das wurde aber nicht gemacht, da man sonst einen Fehler hätte zugeben müssen16 .
Als Zitat von Ben Hecht kann man lesen: „Vorurteile sind das Floß, an das der schiffbrüchige Geist sich klammert“. In diesem Sinne die Frage an Personen, die sich für „erfahren“ halten: Ist es Erfahrung oder „nur“ ein Vorurteil?
Die „Paradoxe Verschreibung“
Im vorigen Kapitel wurde bei den nebeneinander geführten Leistungs- und Signalleitungen erwähnt, dass man manchmal das Gefühl hat, dass es besser sei, das Gegenteil von dem vorzuschlagen, was man beabsichtigt, also „Leistungskabel und Signalkabel nebeneinander führen und das möglichst dicht“. Das führt zum Thema „Paradoxe Verschreibung“, die von Paul Watzlawick als häufig effektiv beschrieben wurde. Sein Buch „Anleitung zum Unglücklichsein“ beschreibt eine solche, wie unschwer zu erkennen.
Momentan gehen wir alle davon aus, dass jemand etwas vorschlägt, was diesem als sinnvoll erscheint und der andere prüft es, um es dann evtl. auszuführen. Das klingt logisch. Das ist auch so, wenn ein Chef etwas anweist. Aber - ist das immer so? Vieles spricht dagegen. Es wird berichtet, dass Anti-Raucher-Kampagnen bei Jugendlichen von Zigarettenfirmen gesponsert werden. Das klingt absurd, oder? Ist es aber nicht, denn statistisch gesehen beginnen mehr Jugendliche zu rauchen, die an einer solchen Veranstaltung teilnahmen. Dies ist perfektes Marketing unter altruistischem Deckmantel.
Im Engineering hat man das Gefühl, СКАЧАТЬ