Ingenieure - Status und Perspektiven. Armin Odoleg
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Название: Ingenieure - Status und Perspektiven

Автор: Armin Odoleg

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783741833304

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СКАЧАТЬ große Probleme:

      Wie man am Beispiel der Mondlandung sehen kann, werden die Systeme immer komplexer. Um sie wirklich zu verstehen, muss man sich über Jahre intensiv damit beschäftigen. Das Wissen der Menschheit ist in den letzten 150 Jahren quasi explodiert. Niemand kann mehr den Überblick über alles haben und tiefer gehende Einsichten erlangt man nur noch in Teilbereichen. Beispielsweise war die Physik am Ende des 19. Jahrhunderts mit der Newtonschen Mechanik am Ende. Bis dann Max Planck und Albert Einstein erschienen und den Umfang der Physik mit Quantenmechanik und Relativitätstheorie, zum Teil eingebettet in umfangreiche Mathematik, um ein Vielfaches erweiterten.

      Dieser Wissensmenge wird viel untergeordnet beziehungsweise geopfert; andere menschliche Eigenschaften bleiben auf der Strecke. Wie zum Beispiel jene, mit einfachen Mitteln und mit relativ wenig „Input“ logische, plausible Schlüsse zu ziehen. Dies sind Eigenschaften, die einem das Leben sehr erleichtern könnten6 .

      Die Kunst bei dieser Methode besteht darin, möglichst schnell auf elementare Dinge wie einfache Formeln zu reduzieren, die keinen Interpretationsspielraum besitzen. Beim „Mondlandebeispiel“ sind dies die Kenntnis der Formeln des schiefen Wurfes, das Wissen, dass auf dem Mond Vakuum herrscht und der schiefe Wurf nicht abgebremst wird und außerdem, dass die Anziehungskraft des Mondes geringer als die der Erde ist. Und man muss einmal einen Film abspielen, in dem zu sehen ist, wie das Mondauto Staub hochschleudert.

      Das zweite große Problem liegt seit circa 20 Jahren in der Wahrnehmung begründet: in den Augen des Autors wird sie immer schlechter. Dies liegt insbesondere an den Computern, an denen auch der vorliegende Text verfasst wird. Die Wahrnehmung besteht aus Berühren der Materialien (Haptik), sehen, riechen, hören und interpersoneller Kommunikation. Alle diese Eindrücke werden im Kopf koordiniert, um ein Gesamtbild der persönlichen Wahrheit zu erzeugen. Dabei handelt es sich um eine beachtliche Geistesleistung. Aber jeder wird nur noch an den Computer verbannt und viele tun dies sogar freiwillig. In einem Computer kann man weder Dinge anfassen, die dort konstruierten Teile machen keinen Lärm und sie riechen nicht7 . Und Kommunikation am Computer funktioniert völlig anders als im wahren Leben - wenngleich hier eine andere Wahrnehmung verlangt wird, so kann sie keinesfalls die Wahrnehmung der Körpersprache des Gegenübers ersetzen. Somit fehlt vielen Menschen einfach die Übung der Wahrnehmung. Und so können Sie ganz leicht zu Opfern von Bauernfängern werden.

      Das nächste schwerwiegende Problem ist folgendes: je komplizierter die Systeme werden, desto schwieriger wird es für die involvierten Personen, sich von diesen Systemen zu trennen.

      Hierzu zwei Beispiele:

      Im Moment sind Kohlefasern als Baumaterial für Maschinen und Maschinenteile (wieder einmal) „modern“. Gegenstände, die daraus gefertigt sind, lassen sich gut verkaufen. Sie werden eingesetzt, um zu zeigen, was man Tolles kann oder wie innovativ man dasteht (mehr dazu später). Nun haben aber Kohlefasern auch Nachteile, wie jeder Werkstoff. Beispielsweise sind Kohlefasern ein sensibles Material. Gemäß dem Motto: je hochwertiger, desto sensibler; dies gilt für Werkstoffe (und in meinen Augen kann man die Aussage beliebig erweitern). Jedenfalls stellt die Verarbeitung von Kohlefasern eine Herausforderung dar. Diese beginnt bei der Planung und der Wahl der Verarbeitungstechnologien, setzt sich bei der Ausbildung derjenigen fort, die dieses Material verarbeiten und endet beim Zusammenfügen der Teile. Man benötigt viel Übung, bis man dazu fähig ist, denn es bedeutet großenteils Handarbeit. Beispielsweise wurde der Rahmen eines Stadtfahrrades und Ellenbogenschützer fürs Inline-Skating damit gebaut. Reine Kohlefasern haben aber den Nachteil, dass sie spröde und wenig schlagfest sind (Ellenbogenschützer...), was man in jedem Buch über Faserverbundwerkstoffe nachlesen kann. Weiterhin werden häufig kohlefaserverstärkten Bauteile direkt mit dem Aluminium verklebt. Mit einem Elektrolyt wie Regenwasser korrodiert das Aluminium und die Verbindung löst sich von selbst. Bei Segelflugzeugbauern weiß dies jeder. Dieser Fehler wurde von fast jedem gemacht, der anfing, Leichtbauteile mit diesen Fasern zu fertigen. Er wird aber immer wieder wiederholt8 .

      Eine Überprüfung würde das geistige Konstrukt dieses in den Augen der Hersteller perfekten Teiles zerstören. Als Argument hört man beispielsweise: „Wenn das so wäre, hätte mein Tutor mir das gesagt“9 . Kritik wird nicht einmal in Betracht gezogen, wenn jahrelange Arbeit vorausging. Somit wird ersichtlich, dass es sich umso schwieriger gestaltet, vom einmal betretenen Pfad abzuweichen, je komplexer das Teil ist bzw. je mehr Vorarbeiten notwendig waren.

      Ein anderes Beispiel stammt aus der Automobilindustrie. Mir wurde zugetragen, dass bei einem politisch gewollten Spar-Auto mit viel Aufwand eine Heckklappe aus einem teuren Leichtmetall entwickelt wurde. Niemand kam auf die Idee, vor der Entwicklung dieser das KFZ ohne Heckklappe zu testen, auch nicht im Simulator. Die einfachste Methode wäre gewesen, die Heckklappe abzuschrauben und das KFZ einmal ohne sie zu fahren. Dann war sie entwickelt und die Werkzeuge, in denen diese gefertigt werden sollte, standen bereit. Es stellte sich heraus, dass die Heckklappe so leicht war, dass das KFZ unfahrbar war, wenn nichts im Kofferraum lag. Die Lösung war, Bleigewichte an die Hinterachse zu hängen. Der Kunde hatte somit die Leichtmetallheckklappe zu bezahlen, die aber faktisch zu nichts nutze war.

      Die vernünftigste Lösung wäre wohl gewesen10 , die Stahlheckklappe, die bei der normalen Serie verwendet wurde, beizubehalten und zu optimieren. Aber dann wäre das Gedankenkonstrukt der Ingenieure, vor allem der Vermarkter und Vertriebsingenieure, zusammengebrochen. Somit blieb man bei Leichtmetall in Verbindung mit Blei. Solch eine Lösung wird dann als „Politische Entscheidung“ bezeichnet. Und da die Leichtmetallheckklappe mit ihrem großen Entwicklungsaufwand bei Verwendung einer Stahlheckklappe überflüssig geworden wäre und jemand für diese Kosten hätte gerade stehen müssen, wälzte man diese auf die Kunden ab, zudem das Auto politische Unterstützung fand. Die Personen, die das Auto aus Umweltschutzgründen kauften, hätten sowieso quasi jeden Preis gezahlt, um ihren Beitrag zum Umweltschutz zu demonstrieren. Autokauf verläuft emotions-gesteuert und mitnichten rational. Nicht nur bei Sportwagen-Fahrern (Was immer ein „Sport“-wagen auch sein mag).

      Dieser Widerspruch, den es nicht nur dort gibt, sondern überall dort, wo Fakten existieren und aus diesen heraus Entscheidungen gefällt werden, führt zur „Kognitiven Dissonanz“, die im folgenden Kapitel beschrieben wird.

      „Kognitive Dissonanz“ kann man damit beschreiben, dass man die eigenen Vorurteile selber bestätigt oder versucht, diese von anderen Personen bestätigen zu lassen. Meistens läuft das im positiven Sinne darauf hinaus, alles schönzureden (Die „Rosa Brille“). Dies ist im Allgemeinen günstig für die Psyche, denn dann bleibt diese gesund. (Über Details der kognitiven Dissonanz kann man sich beispielsweise bei Wikipedia informieren – Hier gibt es wenig Interpretationsspielraum).

      Die Dissonanz besteht hiermit in der Diskrepanz zwischen Realität und eigener Wirklichkeit. Ein perfektes Beispiel der kognitiven Dissonanz, bei der diese allerdings auf das Bestätigen von negativen Vorurteilen hinausläuft, konnte man im Jahr 2011 im Magazin Spiegel oder im Focus lesen: Hier wurde über eine neu errichtete Sendestation für Mobiltelefone berichtet. Das Vorurteil ist, dass diese Sendemasten krank machen. Also wurde eine Bürgerinitiative dagegen gegründet. Diese organisierte eine Unterschriftenaktion und übergab sie dem verantwortlichen Telekom-Mitarbeiter. In dieser wurde auch dargelegt, dass die Leute über Beschwerden wie beispielsweise Kopfschmerzen klagten, seitdem die Sendestation errichtet worden war. Wie das Magazin berichtete, muss der Telekom-Verantwortliche nach der Übergabe der Unterschriftenliste und den physischen Auswirkungen auf die Anwohner mit folgender Bemerkung bestürzt geantwortet haben: "Um Gottes willen; was wird erst passieren, wenn wir die Sendestation in Betrieb nehmen?".

      Wenn jemand also denkt, krank zu werden, trifft die Annahme ein. Im englischen Sprachraum wird das als „self-fulfilling prophecy“ bezeichnet; ein Placebo-Effekt. Diesen kann man auch banal auslösen: Paul Watzlawick berichtete, dass in einem Radiointerview in den USA die Knappheit СКАЧАТЬ