Ingenieure - Status und Perspektiven. Armin Odoleg
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Название: Ingenieure - Status und Perspektiven

Автор: Armin Odoleg

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783741833304

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СКАЧАТЬ Autor möchte hier aber davor warnen, dass man die geschehenen Ereignisse liest und sich denkt, wie dumm „die Anderen“ sind. Wenn man die Betrachtung von außen hat, so fällt es relativ leicht, sich ein Urteil zu bilden und neutral zu entscheiden. Im konkreten Falle ist man jedoch Bestandteil dieses Ereignisses und es fällt ungleich schwerer, sich ein halbwegs neutrales Urteil zu bilden.

      Ein Bekannter erzählte mir, dass sein Kollege an der Universität völlig rücksichtslos handelte. Als er sich über diesen beschwerte, hörte er als Gegenargument: "Der kennt doch den Dohnanyi" (Klaus von Dohnanyi war ein Politiker in Hamburg). Hier wird die Dissonanz darüber ausgelöst, dass jemand obrigkeitshörig ist. Dadurch wird dessen Wirklichkeit so geändert, dass sie davon ausgehen, dass Personen, die Prominente kennen, immer alles korrekt machen.

      Ein weiteres Beispiel: In einer Firma sollte ein neues technisches Gerät entworfen und gebaut werden. Es war so, dass das Projekt viel zu eng terminiert war12 . Der „Wasserkopf“ war groß und aus Amerika bekam man etwa alle 14 Tage eine Mail, dass es einen neuen Geschäftsführer („CEO“) gäbe. Ein Kollege berichtete, dass Samstags die Firma für die externen Mitarbeiter eher einem Internetcafé denn einem Engineering13 glich. Fachlich bekam man einige totale Desaster mit. Beispielsweise wurden große Aluminiumstrukturen in Containern über den Atlantik geschickt und es wurde vergessen, die Entfeuchter zu öffnen; das Aluminium war dann durch das Salzwasser so korrodiert, dass man mehrere Millionen DM wegwerfen musste. Oder der Vorstand beschloss etwas, das Millionen kostete und zuletzt in Gerichtsverfahren endete, die dann wieder einen Millionenbetrag verschlangen. Viele Angestellte waren quasi beliebig hoch bezahlt. Diese warnten natürlich nicht. Zudem bekommt man als Angestellter nicht alle Desaster erzählt, da Vorstände diese nicht breittreten. Es gab sicher mehr davon. So weit die Fakten.

      Ich warnte, dass „die Firma pleite geht, wenn die Führung so weitermacht“. Jedem Mitarbeiter meiner Abteilung waren obige Millionendesaster bekannt. Das Gegenargument lautete: „Wir haben doch den Bayerischen Staat als Bürgen, da kann nichts schief gehen“. Die Historie dieser Firma zeigt, welche Argumente valide waren - im Jahre 2002 war sie insolvent. Irgendwann kommt dann der „plötzliche Zeitpunkt“. Dann bekam man von der Belegschaft zu hören, dass „wir doch noch übernommen werden“. Auch hier nutzte die „Rosa Brille“ nichts, die Firma wurde zerschlagen. Interessanterweise haben sich die Kollegen nicht einmal während der Insolvenzphase um einen neuen Arbeitsplatz gekümmert; auch nicht im Ansatz. Als ich diesen empfahl, sich doch um eine Alternativlösung zu kümmern, wurde ich als Störfaktor empfunden.

      Daraus lernt man, dass Dinge nicht existieren, die man sich nicht vorstellen kann. Sie werden vom Gehirn komplett „ausgeblendet“. Es heißt ja auch: „Es kann nicht sein, was nicht sein darf“. Die meisten Gehirne gehen in eine „Streikposition“, wenn es darum geht, bedrohliche Konsequenzen (relativ) neutral zu bewerten.

      Ein Kollege, Elektrotechniker, fuhr gerne Fahrrad und präsentierte seinen Naben-Dynamo. Er fand diesen toll und argumentierte: „Ich spüre auch gar nicht, wenn er angeschaltet ist“. Für ihn war das ein Zeichen dafür, dass er gut ist. Eigentlich ist dies aber nicht möglich, denn wenn man Energie entzieht, muss man sie an einer anderen Stelle aufbringen. Der Energiesatz ist auch für einen Elektrotechniker uneingeschränkt gültig. Mein Kollege hatte sich offensichtlich ein „Perpetuum Mobile“ an sein Fahrrad gebaut. Eine Internetrecherche brachte Klarheit: Er konnte tatsächlich nicht spüren, wenn der Dynamo eingeschaltet ist: er hatte im ausgeschalteten Zustand nämlich nahezu denselben Widerstand wie im eingeschalteten. Die kognitive Dissonanz wirkt sich hier positiv aus, mein Kollege war glücklich.

      Auch hört man häufig, wenn man einen Gegenstand kritisiert, das Argument: „Das ist doch patentiert“. Dies sagt überhaupt nichts aus und ist ein „Pseudoargument“ - ich möchte nicht wissen, wie viele Dinge patentiert sind, die überhaupt nicht funktionieren oder ein Perpetuum Mobile darstellen.

      Viele haben sich in den letzten Jahren eine kleine Kompakt-Digitalkamera gekauft. Diese bekommen immer mehr „Megapixel“. Die Bilder werden immer besser, da sie größer werden - das ist Fortschritt, oder?

      Die Physik „sagt“ aber: Viel mehr Megapixel als 6(!) sind bei den kleinen Bildsensoren von ca. 5 x 6 mm (es betrifft nur die kleinen Sensoren) nicht sinnvoll – bei blauer Farbe mit kürzerer Wellenlänge mag das Optimum vielleicht bei 8 oder 9 Megapixel liegen. Ist der Abstand der Pixel zu klein, schlägt sozusagen die Physik zu. Im Physikunterricht lernte man diesen Sachverhalt beim „Doppelspaltexperiment“, um zu zeigen, dass Licht auch „Wellencharakter“ hat. Und wenn die Spalte bzw. Pixel sehr dicht stehen, taucht dieses Wellenmuster bzw. Artefakte auf, das man in einer Kamera glätten muss.

      Hier suggerieren die Hersteller einen Vorteil vor der Konkurrenz. Der Kunde wünscht es dann so und denkt, er/sie bekäme bessere Bilder. Und jeder ist glücklich mit der neuen 18 Megapixel-Kamera, weil sie besser ist als die alte mit 10. Das Gehirn schließt ganz logisch, dass „18“ besser als „10“ ist. Die Bilder sind aber nicht besser, sondern lediglich vom Speicherbedarf größer. Leider kann man gar keine dieser Kameras mit weniger als 12 Megapixel mehr kaufen. Der Markt geht vor der Qualität und diesem muss man sich beugen. Und die Computerindustrie ist begeistert, da die Festplatten zum Überlaufen gebracht werden können. Das System funktioniert.

      Ein im Allgemeinen gutes Instrument, die kognitive Dissonanz zu überwinden, stellen in meinen Augen Bilder dar. Deshalb empfehle ich beispielsweise Fehlerdokumentation von Programmen mit Screenshoots (Bildschirmfotografien) und mit markierten Fehlern. Bilder kann man nicht einfach wegdiskutieren – sollte man denken.

      Aber selbst eindeutige Bildinhalte können über die kognitive Dissonanz ignoriert werden: Doppelseitige Klebebänder lösten sich wegen eines Verarbeitungsfehlers an einer der beiden Klebeflächen. Mehrere Fotos sandte ich zur Dokumentation dem Hersteller des Artikels. Dieser bestritt den Sachverhalt vehement, obwohl eindeutig zu erkennen war, dass sich die Verklebung des Herstellers löste und nicht die Verklebung, mit der das Produkt angebracht worden war. Der Mann war sich einfach sicher, dass sein Produkt perfekt sei. Da ich auf das Produkt angewiesen war, überredete ich den Hersteller des Klebebandes, dass dieser versucht, den Hersteller des Produktes telefonisch zur Vernunft zu bringen. Aber nach einer halben Stunde kam sein verzweifelter Rückruf, in dem er sagte: „Dem Mann ist einfach nicht zu helfen“. Da ich dann gezwungen war, eine andere Lösung zu suchen, hatte sich der Hersteller des Produktes mit dieser Ignoranz übrigens selbst stark geschadet.

      Ein weiteres Beispiel findet man bei der Firma Siemens. Hier gab es den Vorstand Löscher, der Ende Juli 2013 entlassen wurde. Wenn man das Internet nach diesem durchforstet, findet man, dass er an der TU München einen „Lehrstuhl für Wirtschaftsethik“ eröffnet/finanziert hat. Anfang des Jahres 2013 machte er öffentlich die Bemerkung, dass man 1800 Personen entlassen müsse, um wieder auf die 12 % Rendite zu bekommen. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass man, um Aktionäre zufrieden zu stellen, die Entlassung von fast 2000 Arbeitern als ethisch ansieht. In jedem Falle sehen Gehirne von Vorständen keinen Widerspruch in der Finanzierung eines Lehrstuhles für Wirtschaftsethik und der gleichzeitigen Entlassung von mehreren tausend Personen, um irgendwelche Zahlen zu erreichen. Auch dies ist kognitive Dissonanz. Man findet sie überall.

      Wer kennt es nicht, das Mäzenatentum der Unternehmer und Großindustrie? Hier haben wir Personen, die für kulturelle Zwecke oder auch als Mitglieder von Wohltätigkeitsvereinen wie beispielsweise dem Lions-Club Geld für Randgruppen spenden. Gleichzeitig werden aber die Angestellten der eigenen Firmen bisweilen schlecht oder sogar miserabel bezahlt.

      Bei dieser Logik kann man in einigen Fällen noch weiter gehen: Die Bezahlung ist teilweise so schlecht, dass für die Wohnungsmiete die Sozialkasse, also die Allgemeinheit, in Anspruch genommen werden muss. Gleichzeitig beklagen sich dieselben Unternehmer, die niedrige Löhne bezahlen, dass die Lohnnebenkosten zu hoch seien. So hat man (wieder einmal) einseitige Informationen.

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