Ingenieure - Status und Perspektiven. Armin Odoleg
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Название: Ingenieure - Status und Perspektiven

Автор: Armin Odoleg

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

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isbn: 9783741833304

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СКАЧАТЬ Bibel die Regeln nach eher praktischen Gesichtspunkten: „Du sollst nicht lügen“. Denn wenn man jemanden belügt oder betrügt oder so uneindeutig kommuniziert, dass das Gegenüber nur verlieren kann, so verletzt man die Würde desselben.

      Wenn man nun diese Maßstäbe anlegt, so kann man leichter selbst entscheiden, was korrekt ist oder auch nicht. Dies bedeutet einen korrekten, klaren, so weit wie möglich eindeutigen Umgang mit seinem Gegenüber, also weder Beleidigung noch ähnliche andere Verhaltensweisen. Missverständnisse wird es immer geben; sie sind Bestandteil der Kommunikation. Es ist der einfache und nicht übermäßige Respekt vor dem Gegenüber, der die Kommunikation einfacher und (Problem)-Lösungen auch einfacher macht.

      Dabei ist es ganz sicher ein respektloser Vorgang, wenn man auch technische Argumente einfach ignoriert. Noch stärker wird dann die Respektlosigkeit, wenn man nach den Problemen, die durch die Ignorierung der Argumente auftreten, die Personen leiden lässt. Dies ist in später folgenden Kapiteln dargelegt.

      Die Kriterien zur Bewertung der Qualifikation von Ingenieuren werden vermutlich an Universitäten nicht offiziell gelehrt. Uns wurde dies in der letzten Stunde vor einer Prüfung beigebracht, als der Professor auf dem Pult saß, die Beine herumbaumeln ließ und „Geschichten aus dem Nähkästchen“ erzählte.

      Er fragte uns fast beiläufig, wie wir Studenten denn einen guten und einen schlechten Ingenieur erkennen würden. Sein Fazit war (nach Darstellung einer relativ komplexen Geschichte), dass sich die Qualifikation eines Ingenieurs daraus ergibt, dass er möglichst nahe an das Machbare herangeht und sich keine Sicherheitsreserven lässt; nur so wird das herzustellende Produkt konkurrenzfähig. Dabei muss man aber wissen, in welchen Bereichen diese Vorgehensweise wichtig ist: Wo nicht, reicht ein „gut genug“ aus.

      Umgekehrt ist es ja auch so, dass ein Produkt nicht mehr verkäuflich ist, wenn jeder Ingenieur Teile mit 50 % Sicherheitszuschlag konstruiert („Überdimensioniert“),.

      „Mein“ Professor war bei großen Flugzeugprojekten Abteilungsleiter. Bei Flugzeugen trifft diese Aussage besonders zu, da jedes zusätzliche Gramm eine direkte Reduktion der Nutzlast in derselben Größe verursacht und zusätzlich den Treibstoffverbrauch hochtreibt. Diese Anforderung des Nahe-an-das-Machbare-Herangehens fordert viel Kompetenz, denn nur kompetente Ingenieure wissen, wie sie dies erreichen.

      Hierzu ein Beispiel aus der Luftfahrtindustrie: Der Airbus A380. Hier gab es zunächst Projektverzögerungen durch die CAD-Systeme (Glossar), da Kabelbäume wenige Zentimeter zu kurz gefertigt worden waren. Hier hatten die Ingenieure, soweit ich es abschätzen kann, tatsächlich „geschlafen“ beziehungsweise die Schnittstellen ihrer CAD-Systeme nicht aufeinander abgestimmt. In diesem Fall gibt es viele Fehlermöglichkeiten. Diese hätte man durch Tests ausschließen können (also einen Probekabelbaum fertigen und dessen Länge ausmessen). Aber leider wurde (wie heutzutage üblich und auch verlangt) blind den Systemen bzw. den Computerprogrammen vertraut. Um dann festzustellen, dass es auf 50 m Länge 15 mm zu kurz ist. Oder so. Und so passierte, was eben passiert ist. Nun hatte die Presse ihren Aufmacher und einen Anlass, weiter über „Desaster“ zu berichten.

      Als nächstes wurde gemeldet, dass die Tragfläche beim statischen Festigkeitstest versagte und dies bei 145 % Last. Hierzu hätte man wissen müssen, dass die Tragfläche in der Luftfahrt einen Sicherheitsfaktor von 1,50 hat, wodurch sie 150 % Last ertragen muss. Mit 145 % liegt sie somit nur etwa 3 % unter den 150 %; eine sehr gute Leistung des Ingenieurwesens. Insbesondere, wenn man weiß, wie hoch Materialkennwerte streuen. Eine Tragfläche, die 160 % Last ertragen würde, wäre viel zu schwer und würde Nutzlast kosten. Und wenn die Presse wüsste, wie es bei Airbus zum großen Teil „zugeht“, dann würden sie nicht so schlecht über die Ingenieure berichten. Aber das wird ignoriert, weil man dann nichts Negatives schreiben kann. Der Zeitgeist bedarf seiner Befriedigung.

      Als Ingenieur sollte man das Rad möglichst nicht zum zehnten Mal erfinden. Häufig konstruieren Ingenieure in ihrem CAD-System jedes Teil neu. Dabei ist es in vielen Fällen einfacher und billiger, Kataloge aufzuschlagen und ein geeignetes Teil auszuwählen. Meist sind also Lösungen günstiger, die bereits existieren.

      Auch hier fällt mir eine Geschichte ein: Ein großer deutscher Luftfahrtkonzern wollte eine neue Drohne, also ein unbemanntes Fluggerät, in Faserverbund-Kunststoffbauweise bauen. Nun hatte die Firma wenig praktische Erfahrung im Umgang mit diesen Kunststoffen (vgl. auch Einführung). Andererseits ist bekannt, dass es hierfür in Deutschland bei den Segelflugzeugbauern einen großen Erfahrungsschatz gibt. Dies, da Segelflugzeuge Luxusgeräte sind, bei denen alles „vom Feinsten“ verwendet wird. Aber es kam niemand auf die Idee, einen der Segelflugzeughersteller als technischen Berater hinzuzuziehen. Kunststoffbau ist Handwerk, was insbesondere von Vorständen gerne ignoriert wird. Diese gehen davon aus, dass man eine handwerkliche Fertigung an einem Tag aus- und drei Monate später wieder einschalten kann, was aber nicht funktioniert21 . Zurück zum Luftfahrtkonzern. Dies wäre neudeutsch eine Win-Win-Situation gewesen: Der Segelflugzeugbauer hätte im schwierigen Markt etwas dazuverdient und die Drohne wäre auf Anhieb gelungen. Aber man musste das Rad zum 10. Male neu erfinden und so wurde die Drohne alleine gebaut; Der erste Prototyp wurde krumm und schief, da man ihn zu früh aus der Form nahm. Man kann schließlich alles selbst. Man ist schließlich wer.

      Das ist überall so. Jeder will irgendwie jeden Fehler wiederholen und alles neu erfinden. Dass Fehler gemacht werden können wird nicht in Betracht gezogen, denn in diesem Falle würde man sie ja vorher kennen und man würde sie nicht machen. Man kann eben über den eigenen Horizont nicht hinausdenken.

      Für die Vermeidung von Fehlern gibt es kein Geld. Wohl aber für das nachträgliche Abstellen derselben. Damit wird schlampiger Arbeit Vorschub geleistet. Mehr dazu später. Vielleicht kann man den Dunning-Kruger-Effekt auch auf Institutionen erweitern. Oder jemand wollte (wieder einmal) mit Gewalt Geld sparen.

      Was im Allgemeinen „nach hinten losgeht“.

      ...ist, wenn der Kunde zufrieden ist“ erklärte mir einmal ein Verkäufer. „Qualität ist das beste Rezept“ lautet der Werbeslogan einer anderen Firma. Leider ist das für Ingenieure nicht so einfach – sie müssen für alles Zahlen liefern, mit der die Qualität eines Produktes oder auch einer Software definiert wird. Betrachtet man beispielsweise – das soll keine Schleichwerbung sein, die Firma ist beliebig austauschbar – den Vergleich eines VW Polo mit einem VW Passat. Der Passat kostet das Doppelte. Aber 2 m² Blech können es nicht sein, was die 10.000 Euro bis 15.000 Euro Mehrpreis ausmacht. Der Mehrwert steckt im Marketing und in der Qualität (oder sollte zumindest darin stecken). Und die Qualität ist in den Spezifikationen festgelegt: in diesen wird jedes Teil „spezifiziert“.

      Nimmt man beispielsweise einen Stab von 1 m Länge, den man fertigen will, so schreibt man in der Spezifikation, dass dieser Stab 1 m bzw. 1000 mm lang zu sein hat. Und dann kommt der entscheidende Punkt: Die Toleranz muss angegeben werden. Die legt fest, wie genau die Länge einzuhalten ist. Eventuell erfüllt der Stab seinen Zweck, wenn er nur 990 mm lang ist oder auch 1010 mm. Das ist dann die Toleranz 1000 mm ± 10 mm bzw. zulässig ist das Maß von 990 bis 1010 mm. Dann kann man ihn absägen; eine günstige Methode, den Stab abzulängen.

      Es kann aber auch sein, dass die Länge von 1000 mm ganz exakt eingehalten werden muss. Sagen wir auf ±1/100 mm. Also sind 99,99 bis 100,01 mm zulässig. Und dies macht den Stab teuer: Beispielsweise muss er zunächst wegen der Wärmedehnung des Materials auf eine spezielle Temperatur gebracht werden, um dann mit Überlänge abgesägt zu werden und um ihn zum Schluss beispielsweise auf Länge zu schleifen. Wenn er dann mit der niedrigen Toleranz, also mit den 1/100 mm geliefert wird, so ist seine Qualität höher als mit 10 mm Toleranz. Und die höhere Qualität kostet Geld. Und deshalb ist ein Passat deutlich teurer als ein VW Polo.

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