Edgar Allan Poe - Gesammelte Werke. Edgar Allan Poe
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Название: Edgar Allan Poe - Gesammelte Werke

Автор: Edgar Allan Poe

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783746750125

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СКАЧАТЬ – etwa fünfundzwanzig bis dreißig Personen. Es schienen Leute von Rang – wenigstens von guter Herkunft – wenngleich ihre Kleidung mir etwas überladen schien; sie hatte die aufdringliche Eleganz der Bourbonenzeit. Ich bemerkte, daß mindestens zwei Drittel der Gäste Damen waren, von denen einige sich keineswegs so trugen, wie es heutigen Tages in Paris zum guten Ton gehört. Manche z.B., deren Alter kaum unter siebzig sein konnte, waren mit Juwelen, Ringen, Armbändern und Ohrschmuck geradezu überladen, und ihr Taillenausschnitt war von bedenklicher Tiefe. Ich sah ferner, daß nur wenige der Kleider einen guten Schnitt hatten – wenigstens kleideten sie ihre Trägerinnen nicht gut. Während ich Umschau hielt, entdeckte ich das interessante junge Mädchen, mit dem Herr Maillard mich zuvor bekannt gemacht hatte; doch mein Erstaunen war groß, sie nun in Reifrock und Stöckelschuhen und einer Haube aus Brüsseler Spitzen zu sehen, einer Haube, die nicht nur unsauber, sondern so übertrieben groß war, daß sie das Gesicht lächerlich klein erscheinen ließ. Als ich die Dame zuerst gesehen hatte, trug sie ein geschmackvolles Trauerkleid. Kurzum, die Kleidung der ganzen Gesellschaft hatte etwas so Wunderliches, daß mir das »Besänftigungs-System« wieder einfiel und gleichzeitig der Gedanke kam, Herr Maillard habe mich bis nach Tisch im unklaren lassen wollen, damit mich bei der Mahlzeit nicht etwa die Vorstellung störe, mit Geisteskranken zu speisen. Ich erinnerte mich aber auch, daß in Paris die Rede ging, welch ein exzentrisches Völkchen die Bewohner der südlichen Provinzen seien und welch veraltete Anschauungen sie hätten. Nachdem ich mit einigen aus der Gesellschaft nur eine kurze Weile geplaudert hatte, schwanden bald meine Zweifel gänzlich.

      Das Speisezimmer war, obschon geräumig und praktisch eingerichtet, keineswegs elegant; so hatte es z. B. keinen Teppich, was allerdings in Frankreich nicht selten ist. Die Fenster waren ohne Vorhänge. Die Schalter waren geschlossen und mit diagonalen Eisenstangen verriegelt, wie es bei uns die Kaufläden sind. Der ganze Raum bildete, wie ich nun sah, einen besonderen Flügel des Schlosses und hatte daher an drei Seiten Fenster, nicht weniger als zehn; an der vierten war die Türe.

      Der Tisch war prächtig gedeckt. Er war mit Schüsseln überladen und mehr als überladen mit Delikatessen. Der Überfluß war geradezu geschmacklos. Nie in meinem Leben sah ich eine solche Verschwendung, ja Mißachtung der köstlichsten Dinge. Die Anordnung des Ganzen war übrigens sehr wenig anmutig. Meine an sanftes Licht gewöhnten Augen mußten nun den Glanz zahlloser Wachskerzen ertragen, die in silbernen Armleuchtern überall im Zimmer verteilt waren. Mehrere Diener warteten auf; und auf einem großen Tisch in einer entfernten Ecke des Saals saßen sieben bis acht Leute mit Geigen, Pfeifen, Blasinstrumenten und einer Trommel. Diese Burschen quälten mich während der ganzen Mahlzeit mit ihrem andauernden Lärm, der wohl Musik sein sollte und alle Anwesenden mit Ausnahme von mir sehr zu unterhalten schien.

      Alles in allem konnte ich nicht umhin, vieles von dem, was ich sah, recht bizarr zu finden – aber es gibt so vielerlei Menschen, mit so vielerlei Gedanken und so vielerlei Gewohnheiten! Auch war ich weit genug in der Welt herumgekommen, daß mir das » nil admirari« zur Selbstverständlichkeit geworden war. Ich nahm also gelassen an der rechten Seite meines Wirtes Platz und sprach mit viel Appetit den guten Speisen zu, die man mir reichte.

      Die Unterhaltung war allgemein und angeregt; wie immer, sprachen besonders die Damen viel. Ich fand bald, daß fast alle Versammelten eine gute Erziehung genossen hatten; und mein Wirt selber erzählte einen launigen Witz nach dem andern. Er schien geneigt, von seiner Stellung als Leiter der Irrenanstalt zu reden, und überhaupt war das Thema »Wahnsinn« zu meiner Überraschung ein beliebter Gesprächsstoff. Man erzählte eine Menge lustiger Stückchen von der Tollheit einzelner Patienten.

      »Wir hatten mal einen Menschen hier,« sagte ein dicker, kleiner Herr an meiner rechten Seite – »einen Menschen, der sich für einen Teekessel hielt. Nebenbei bemerkt, ist es nicht sonderbar, wie oft gerade diese Vorstellung bei Wahnsinnigen herrscht? Gibt es doch kaum eine Irrenanstalt in Frankreich, die nicht einen menschlichen Teekessel aufzuweisen hätte. Unser Mann war ein Teekessel aus Britannia-Metall und war eifrig bemüht, sich jeden Morgen mit Putzkreide und einem Lederlappen zu polieren.«

      »Und dann«, sagte ein langer Mensch mir gegenüber, »hatten wir vor einiger Zeit einen Mann hier, der es sich in den Kopf gesetzt hatte, ein Esel zu sein – was, wie Sie sagen werden, wohl seine Richtigkeit hatte. Er war ein beschwerlicher Kranker, und wir hatten viel zu tun, ihn zu überwachen. Lange Zeit wollte er nichts als Disteln essen; von diesem Gedanken brachten wir ihn aber dadurch ab, daß wir ihm auch keine andere Nahrung mehr gaben. Ferner schlug er immer mit den Füßen aus – so – so –«

      »Herr de Kock! Bitte, betragen Sie sich anständig!« unterbrach ihn hier eine alte Dame, die an seiner Seite saß. »Behalten Sie Ihre Füße, bitte, bei sich! Sie haben mir meinen Brokat beschmutzt. Ist es denn nötig, eine Bemerkung gleich auf solche Weise zu illustrieren? Unser Freund hier kann Sie sicher auch so begreifen. Mein Wort, Sie sind entschieden geradeso ein Esel, wie der arme Kranke zu sein wähnte. Sie benehmen sich durchaus angemessen.«

      » Mille pardons! Mamselle!« erwiderte Herr de Kock – »ich bitte tausendmal um Verzeihung! Ich wollte Sie nicht verletzen. Mamselle Laplace – Herr de Kock gibt sich die Ehre, mit Ihnen anzustoßen.«

      Herr de Kock verbeugte sich tief, küßte der Dame zeremoniös die Hand und stieß mit ihr an.

      »Erlauben Sie mir, mein Freund,« wandte sich jetzt Herr Maillard an mich – »erlauben Sie mir, Ihnen ein Stück Kalbsbraten à la St. Ménéhould anzubieten – Sie werden es sehr schmackhaft finden.«

      Gerade war es drei kräftigen Dienern gelungen, eine ungeheure Platte auf den Tisch niederzustellen, die nach meiner Ansicht ein » monstrum horrendum, informe, ingens, cui lumen ademptum« enthielt. Näheres Zusehen zeigte mir allerdings, daß es nur ein im ganzen gebratenes kleines Kalb war, das man auf die Knie gesetzt und dem man einen Apfel ins Maul gesteckt hatte, ähnlich wie man in England einen Hasen serviert.

      »Danke, nein,« erwiderte ich; »ich muß gestehen, ich bin eigentlich kein Liebhaber von Kalb à la Sainte – wie war's doch gleich? – Es ist nicht so recht nach meinem Geschmack. Ich möchte aber den Teller wechseln und ein Stück von dem Kaninchen dort versuchen.«

      Einige kleinere Platten, die auf dem Tische standen, schienen mir nämlich Kaninchenbraten zu enthalten – ein ganz prächtiges Fleisch, das ich nur empfehlen kann.

      »Pierre,« rief der Wirt, »gib dem Herrn einen anderen Teller und ein Mittelstück dieses Kaninchens au-chat

      »Dieses was?«

      »Dieses Kaninchens au-chat

      »Ach, nein, danke – ich habe mir's überlegt. Ich will mir doch lieber etwas Schinken nehmen.«

      Man weiß doch, nie, was man von diesen Provinzlern vorgesetzt bekommt, dachte ich bei mir selber. Ich mag nichts von ihrem Kaninchen au-chat und ebensowenig von ihrem Katzen-Kaninchen.

      »Und dann,« nahm am unteren Ende der Tafel ein leichenblasser Mensch den Faden der Unterhaltung wieder auf, – »und dann hatten wir neben andern Tollheiten auch einen Patienten, der eigensinnig dabei blieb, er sei ein Kordova-Käse, und der mit einem Messer in der Hand herumlief und die andern bat, eine schöne Scheibe aus der Mitte seines Beins zu versuchen.«

      »Er war unbedingt ein großer Narr,« fiel irgendeiner ein, »immerhin aber nicht zu vergleichen mit einem gewissen Jemand, den wir alle kennen – mit Ausnahme dieses fremden Herrn natürlich. Ich meine den Mann, der sich für eine Sektflasche hielt und immer knallte und sprudelte, nämlich so...«

      Hier steckte der Sprecher höchst unziemlich den Daumen in den Mund, klemmte ihn gegen die rechte Backe und machte damit ein knallendes Geräusch, ähnlich dem eines springenden Pfropfens, dann ließ er die Zunge zwischen den Zähnen vibrieren, СКАЧАТЬ