Название: Kompetenzentwicklung im Netz
Автор: Werner Sauter
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783737518895
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(c) Unzufriedenheitsphase Da die Entscheidungen unter der Unzufriedenheit kognitiver Dissonanz, Labilisierung und Instabilität gefällt werden müssen,löst sich die Verklammerung von bereits in Form von Emotionen und Motivationen interiorisierten Werten und zugehörigem theoretischem‑ und Handlungswissen und es werden situationsadäquate neue Werte gleichsam probehalber entwickelt.
(d) Lösungsphase 1 Führt die getroffene Entscheidung und entscheidungsgemäße Handlung, meist im Rahmen sozialer Kooperation und Kommunikation, in Form einer tatsächlichen oder geistigen Handlung ausgeführt, zum Erfolg, d.h. wird das Handlungsergebnis zunächst individuell, später auch in sozialer Kommunikation als erfolgreich eingeschätzt, kommt es zu einer neuen komplexen Abspeicherung von Wissen, Entscheidung, Handlungsergebnis, zusammen mit den zum Handlungserfolg führenden Werten. Aufgrund der vorangegangenen Dissonanz und Labilisierung verankert der Handlungserfolg diese Werte tief im emotionalen Grund. Genau in diesem Fall sprechen wir von einer Interiorisation der Werte.
(e) Lösungsphase 2 Die Einschätzung einer physischen oder kommunikativen Handlung als erfolgreich setzt eine entsprechende Wertkommunikation in der unmittelbaren Bezugsgruppe des Handelnden voraus.
Die Interiorisation der neuen Werte ermöglicht neue Handlungsantizipationen und ein ihnen entsprechendes neues physisches und kommunikatives Handeln bei vergleichbaren sozialen und individuellen Entscheidungssituationen unter kognitiver Unsicherheit, wie sie ursprünglich zur emotionalen Labilisierung und der darauf aufbauenden Interiorisation neuer individueller Werte führten.
Abb. 6 Stufen des Interiorisationsprozesses
(g) Beendigungsphase Die interiorisierten Werte werden schließlich sozial kommuniziert - bis hin zur Entstehung eines "sozialen Mittelwertes" in Form von Normen- und Wertesystemen, deren Durchsetzung mit Hilfe von Sanktionen und Institutionen befördert wird und die damit auf weitere Interiorisationsprozesse rückwirken [4]p>
Dieser mit den Punkten (a) bis (g) markierte Prozess wird in Abbildung 7 verdeutlicht. [5]
Abb. 7 Struktur des Wertinterirorisationsprozesses
Zu den einzelnen Phasen des Interiorisationsprozesses von Wertungen (a) bis (g) liefern klassische und moderne Emotions- und Motivationstheorien viele Erkenntnisse, die sich zum Großteil direkt für die Gestaltung des Kompetenzlernens im Netz nutzen lassen. Jede der Stufen ist zudem mit einem großer allgemeinpsychologischer Bereich verbunden, den wir den folgenden weiterführenden Überlegungen voranstellen.
Zu (a): Das allgemeinpsychologische Thema ist die Entwicklungspsychologie der Emotionen und Motivationen, ihr phylogenetisches, ontogenetisches und aktualgenetisches Gewordensein, insbesondere in zentralen lebensgeschichtlichen Abschnitten wie frühe Kindheit, Adoleszenz oder in den Stufen des Erwachsenenalters .
Emotionen haben eine eigene Funktion für das Überleben des Individuums und der Art (ultimate Erklärungen), für die Auslösung und Differenzierung von lebenswichtigen Gefühlen und Handlungen (proximate Erklärungen) und für die Entwicklung jedes Einzelnen (distale Erklärungen). Phylogenetische Betrachtungen weisen vor allem auf die Universalität des Emotionsausdrucks in allen Kulturen hin und betonen den Selektionsvorteil, der sich aus emotionsgetragenen schnellen Reaktionen auf Umweltereignisse ergibt; sie betrachten die grundlegenden Handlungstendenzen, die sich aus – wie immer bestimmten – Basisemotionen ergeben etwa Annäherung aus Verlangen, Vermeidung aus Furcht, Gesellung aus Genuss / Vertrauen, Zurückweisung aus Ekel / Empörung, Ablehnung aus Ärger und freie Handlungen aus Freude. Die Einbeziehung verschiedener kultureller und individueller Entwicklungsstufen weitet das Bild ins Unüberschaubare.
Jede aktuelle emotional-motivationale Veränderung baut auf einem dichten Geflecht von Wissen und Werten auf, das durch die bio – psycho – soziale Evolution des Menschen verankert und durch vorangegangene Interiorisationsprozesse geprägt wurde. Günter Tembrock hat, fußend auf verhaltensbiologischen Ansätzen wie auf philosophischen Vorschlägen zu einer evolutionären Ethik bzw. Werttheorie den biologischen Hintergrund von Werten und Normen beim Menschen umrissen. Er geht von drei grundlegenden Dimensionen in allen Selbstorganisationsprozessen von Systemen aus, so auch in den Prozessen der biologischen und sozialen Evolution: Sie führen zu immer neuen Systemstrukturen, die im Prinzip sinnlich wahrnehmbar sind (ästhetische Dimension), sie führen zu immer neuen systeminternen Verbindungen und Zusammenhängen, die grundsätzlich gedanklich abzubilden sind (informationelle Dimension) und sie führen zu immer neuen offenen Entscheidungssituationen (Bifurkationen) die emergent, also schöpferisch-zufällig, bewertet und entschieden werden (ethische, allgemeiner wertende Dimension).
In ähnlicher Weise sind Werte als Ordner der Selbstorganisation charakterisiert. Nicht diese Dimensionen verändern sich im Lauf der menschlichen Entwicklung, sondern ihre Formen und Spielarten – wie das Modell von Siegfried J. Schmidt es sehr überzeugend nachzeichnet. Es entstehen immer neue Formen von Genuss- und Nutzenswertungen, von moralanalogem (gegenseitige Hilfe) und politikanalogem Werten (Rang- und Führungskämpfe) bei Tieren, es bilden sich mit der Entstehung des Menschen Genusswerte, ästhetische Werte, Nutzenswerte, ethische Werte, politische Werte u.a. heraus.
Zu (b): Das allgemeinpsychologisches Thema ist hier das Verhältnis von Emotionen, Motivationen und Konfliktverarbeitung bzw. von Emotion und der Regulation von Beziehungen. [6]
Labilisierung basiert immer auf kognitiven Konflikten, die durch die Wahrnehmung von Veränderungen oder zunächst unlösbaren, widersprüchlichen Problemlagen hervorgerufen werden. Gleichwohl sind sie in den seltensten Fällen durch analytische Schritt-für-Schritt-Lösungen aus der Welt zu schaffen. Solche Konflikte und ihre psychische Wahrnehmung werden unterschiedlich beschrieben. Etwa als kognitive Ungleichgewichte oder Störungen [7] . Oder als Unvereinbarkeit von externen, extern-internen oder allein internen Informationen. Dies führt zu einer Reizsituation und zu verschiedenen Konfliktformen wie Zweifel, Perplexität (alternativlose Verwirrung), Widersprüchlichkeit, gedankliche Inkongruenz, Verwirrung und Irrelevanz. Gerade solche Konflikte führen, wenn sie nicht verdrängt werden, zum Lernen und zwar nicht nur zu einer kognitiven, sondern vor allem zu einem emotional-motivationalen. [8] Konstruktivistisch werden Konflikte als Störungen und Barrieren eines kognitiven Konstruktionsprozesses beschrieben. Vor allem betont man dort, ganz im Sinne der Ermöglichungspädagogik, dass nur ein positives Lernklima, eine Anpassung an die Lernervoraussetzungen, ein breites und variables Lernangebot und eine indirekte, unspezifische Unterstützung Konflikte positiv für kognitives wie emotional-motivationales Lernen zu nutzen gestatten. [9]
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