Название: Kompetenzentwicklung im Netz
Автор: Werner Sauter
Издательство: Bookwire
Жанр: Сделай Сам
isbn: 9783737518895
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Die Funktion dieses Systems ist immer die eines Bewertungssystems für die sensorische Information, für die Entscheidungsbildung wie für die Passung der Verhaltensprogramme. Seine neue Qualität beim Menschen erreicht es nicht durch Veränderung; sondern durch die Wechselwirkung mit den sich neu bildenden, höchsten, zentralnervösen Abschnitten, insbesondere mit dem Frontalhirn (Wahrnehmung, sprachliche Repräsentation, höhere kognitive Prozesse, Ich- und Selbst-Funktion). Die in diesen Regionen stattfindenden neuronalen Prozesse werden in oder durch das limbische System geleitet, das selbst auf die Aktivitäten dieser Prozesse zurückwirkt. Erreichte Handlungsziele erhalten dadurch ihre positive, nicht erreichte ihre negative emotionale Bewertung. Der eigentlich bewegende Auslöser für Verhalten und Handeln ist jedoch nicht diese emotionale Bewertung, sondern die Möglichkeit einer Veränderung dieser Bewertung zum positiven Pol hin. Klix spricht vom hedonalgischen Differenzial, das als Auslöser eine Motivation durch Registrierung einer Unlust – Lust – Differenz und einer Verschiebung zum positiven Pol hin stimuliert. Das hedonalgische Differenzial ist von außerordentlicher Motivationskraft. „Kognitive Prozesse sind ohne die affektive Komponente der Motivation kraftlos; und die Dynamik des Affekts ist ohne kognitive Richtung blind.“ [12]
In ihrem Zusammenwirken werden Informationsaktivierung und –bewertung und Handlungsmotivation „auf einer Skala affektiver Gewichtung abgebildet, einer Gewichtung, die mit ihrer Veränderung die Wahrnehmungs- und Handlungsdynamik stimuliert, und die mit dieser Bewertung das bedeutsamste Bindeglied zwischen Informationsafnahme und Verhaltenseinstellung beeinflusst, nämlich die Entscheidungsbildung.“ [13]
Abb. 5 Prozess der Entscheidungsbildung
Klix Resüme ist für unser Thema ebenso unumstößlich wie fundamental: „Damit sind einige Beziehungen von emotional – motivationalen und kognitiven Komponenten der Verhaltensorganisation dargelegt. Das ebenso Wesentliche wie Erstaunliche besteht in folgendem: Wir haben es mit einem verhältnismäßig wenig differenzierungsfähigen System zu tun. Es unterscheidet im wesentlichen Intensitätsstufen auf einer polar ausgebildeten Qualitätsskala, die als Emotionen erlebbar sind und deren Veränderungen in Affekten kenntlich werden. Es ist ein System der Selbstbewertung. In dieser Funktion liefert es eindimensionale Situationscharakteristiken, vorzugsweise Bewertungen von Situationsänderungen bezüglich ihrer organismischen Bedeutsamkeit. Die darin begründete motivationale Kraft des Systems bleibt in ihrer Funktion während der Evolutionsgeschichte im Wesentlichen konstant. Da aber die kognitiven Strukturen und ihre Funktionen durch Selektionsdruck sich differenzieren, gewinnt dieses grob arbeitende System Einfluss auf die Differenzierungsrichtungen kognitiver Prozesse und Leistungen – bis in deren feinste begriffliche Verästelung. Indem es die Richtung der Verhaltensdynamik lenkt, durch seine Bewertungsfunktion das zu Lernende selektiert und auf diesem Wege die inhaltliche Auslegung des zu Behaltenden (d.h. des Gedächtnisses) bestimmt, bleibt es die Motivbasis des Verhaltens in der Evolutions- wie in der sozialen Geschichte des Menschen. Seine Differenzierungsfähigkeit wächst mit der Differenzierung kognitiver Strukturen, wächst gleichsam in sie hinein…“ [14]
Dieses Resümee macht in einem klar
warum sozial erarbeitete Regeln, Werte und Normen nur handlungswirksam werden können, wenn sie zu eigenen Emotionen und Motivationen interiorisiert wurden,
was diese Interiorisation bedeutet, nämlich die Projektion von kognitivem Inhalt – Empfindungen, Wissen, Handlungsergebnisse - auf die polar ausgebildete Qualitätsskala und die Verkopplung von kognitivem Inhalt und wertender Auslegung im Gedächtnis,
wieso es so viel schwerer ist, Werte emotional – motivational zu interiorisieren, als Kognitionen, Erkenntnisse gedächtnismäßig zu speichern.
[1] Erpenbeck, J., Weinberg, J. (1993)
[2] Klages, H. (1988), S.18
[3] Klages,H., Hippler,H.-J. Herbert, W. (1992)
[4] Kosellek,R.(1979), S.17ff
[5] Holzkamp-Osterkamp (1981)
[6] Ruse,M.(1984); Tembrock,G. (1994), S.26ff; Vollmer,G.(1986), 51 ff; Vollmer,G. (1995)
[7] Zum Wertungscharakter von Emotionen vgl. Simonov,P.(1986); Greenspan,P.S.(1993)
[8] Ciompi,L. (1982); Ciompi,L.(1992), S.76 ff
[9] Ebeling, W., Feistel, R.(1982); Ebeling, W. (1990), S.436 ff.
[10] Septum ist eine Scheidewand im Gehirn
[11] Hippocampus ist die zentrale Schaltstation des limbischen Systems
[12] Vgl. Klix, F. (1993), S. 98
[13] ebenda, S. 102
[14] ebenda, S. 106
2.2.5 Wertaneignung unter allgemeinpsychologischer Betrachtung
Interessanter Weise ergibt die allgemeinpsychologische, vor allem an unterschiedlichen Emotions‑ und Motivationstheorien (S-R-Theorien, Erwartungswerttheorien, Attribuierungstheorien, Dissonanztheorien, intentionalen Theorien, sozialen Theorien) orientierte Darstellung individueller Wertinteriorisation ein analoges Bild.
Folgende Phasen lassen sich unterscheiden [1]:
(a) Orientierungsphase 1 Ausgangspunkt ist dort die Existenz bereits interiorisierter oder “bloß gelernter” Werte (z.B. hedonistischer, utilitaristischer, ästhetischer, ethischer, politischer usw., als Individual-, Gruppen-, Schichten-, Klassen-, National- u.a. Werte gefaßt) die zuvor in verschiedenen sozialen Prozessen von Praxis, Arbeit, Spiel, wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeit, Unterricht usw. gewonnen wurden.
(b) Orientierungsphase 2 Das Individuum sieht sich ständig vor individuelle Entscheidungssituationen (IE), aus sozialen Entscheidungssituationen (SE; in Arbeit, Freizeit, Familie, Organisationen usw.) herrührend, gestellt. Es muss sich unter Freiheit und Selbstverantwortung zu instrumentellem und/oder kommunikativem (zeichenvermitteltem) Handeln entscheiden. Im Mittelpunkt stehen hier solche Entscheidungssituationen, die nicht rein kognitiv СКАЧАТЬ