Название: Ich und der Fisch, der Fisch und ich
Автор: Dorothea Doris Tangel
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783738004403
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Wem soll ich es recht machen, mir oder dem anderen? Und wenn ich nicht tu was der andere will, wird er mich dann noch mögen oder wird er mich womöglich wegschicken? Ablehnung konnte ich nur schwer verkraften. Es erschütterte mich jedesmal in meinen Grundfesten, obwohl ich auf der anderen Seite immer ganz schnell zu war, wie eine Auster und der andere keine Chance mehr hatte an mich heranzukommen. Wenn ich mich einmal bedroht fühlte war es aus! Ich wusste nicht dass man seinen Raum einnehmen und trotzdem mit anderen Menschen Beziehung unterhalten kann, weder privat noch beruflich gelang mir das.
Vielleicht ist es mir eben nicht bestimmt einen Partner an meiner Seite zu haben. Aber wenigstens zum Arbeiten könnte ich doch ein paar Leute um mich haben, oder? Früher hatte ich doch auch immer eine Band und war auf Tour. Wie mir das fehlt. Mit anderen im Freien unterwegs…
Heute hocke ich hier herum und schlage mich mit meiner scheiß Zigarettensucht herum, als ob es nix anderes gäbe. Na ja…
Ich muss selber Äktschen machen. Anderen beim Tun zuzugucken hat mich schon immer ermüdet. Deshalb gehe ich auch nie auf Konzerte obwohl ich Musikerin bin, weil ich das „passiv dabeistehen müssen“ kaum aushalte. Ich will einfach nur mitmachen. Nichtstun kann ich auch zu Hause, im Bett, wenn ich schlafe!
Habe früher den Sängern sogar das Mikrophon aus der Hand gerissen, weil ich so gerne improvisiere und gerade eine so eine gute Idee hatte. Die meisten Leute auf der Bühne kannten mich gar nicht und wenn die langweilig waren musste ich eben einschreiten. Das Publikum fand es gut, in Frankfurt kannten sie mich ja und es kam Schwung in die Sache, aber die Bands waren jedesmal entsetzt wenn eine fremde Frau auf die Bühne sprang und dem Sänger das Mikro aus der Hand „roppte“ (iss hessisch!). War vielleicht Feueralarm? Aber dann begann ich zu singen und sie spielten weiter. Wundert mich heute richtig! Obwohl, auf der anderen Seite, wenn ich mit Bands auftrat habe ich das auch erlebt und nix dabei gefunden. Einer konnte mal singen wie Elvis, habe ich nie vergessen.
Ich musste mir das, in andere Bands „einmischen“ richtig schmerzhaft abgewöhnen, sogar in der Jahrhunderthalle kämpfte ich mit mir, um Frank Zappa nicht das Mikrophon aus der Hand zu reißen. Ich hatte so viele Ideen und die wollte ich doch nur loswerden! Ich stand am Bühnenrand, bereit jeden Moment einzuspringen! Ist mir das heute peinlich, und dann beschwere ich mich über meinen Sexsüchtigen Freund, der so gar nichts merkte. War ich denn klüger? Kriegte ich denn noch was mit?
Ich ging bei Zappa und den anderen Berühmtheiten, nur deshalb nicht auf die Bühne weil ich vor diesen Welt- Größen der Musik so viel Respekt hatte und einfach nur zu unsicher war. Hätte ich meine Scheu überwunden, hätte ich es getan! Ich wartete echt immer nur auf den passenden Moment!
Ich dachte gar nicht so weit, dass ich vielleicht von den Saalordnern zu Boden gerissen werden würde, weil sie dachten ich wollte den Star ermorden oder küssen und ich wäre, mit dem Arm auf m Rücken abgeführt worden und hätte vielleicht auch noch Saalverbot auf Lebenszeit bekommen. Eine Katastrophe!
Ich war nach den Konzerten dann immer mächtig enttäuscht von „mir“, weil ich mich wieder nicht getraut hatte mitzumachen, ich feige Sau, ich traute mich doch nie was! Ich kam gar nicht auf die Idee dass es vielleicht unhöflich sein könnte… Auweia!
Aber bei meinen Beziehungen ließ ich mich immer leicht verunsichern und ich ließ mir auch alles gefallen, unfähig mal zu widersprechen oder meine Grenzen zu akzeptieren. Ich ließ den anderen so lange gewähren, bis ich ihn keine Sekunde mehr ertragen konnte und ich hätte kotzen können wenn ich nur an ihn dachte, weil das Fass bis zum überlaufen voll geworden war aber der andere keine Ahnung hatte, warum ich plötzlich so ablehnend reagierte dass er so gar nicht mehr an mich herankam. Ich war doch immer so nett gewesen, die ganze Zeit, ohne Ausnahme und immer mit allem einverstanden gewesen. Was war denn nur so plötzlich in mich gefahren?
Ich hatte mich ja nie geäußert. Konnte nie sagen was ich wirklich empfand und machte auch noch jedesmal, zu allem möglichen Mist ein freundliches Gesicht. Aber das rächt sich immer, denn irgendwann ist das verdrängte Gefühl stärker als man selbst und der Körper nimmt die Beine in die Hand und läuft, ohne dass man es erklären oder aufhalten könnte. Man reagiert nur noch, bis man wieder ausgeglichen ist. Ich denke schon, dass aus diesem Grund so manch einer zum Mörder wird, nur weil wir nicht gelernt haben unsere Gefühle ernst zu nehmen. Es sind doch nur blöde Gefühle! Nix womit man sich etwas kaufen kann!
In dieser Hinsicht war ich wirklich auf dem Entwicklungsstand einer Amöbe. Als mein letzter Freund damals herum meckerte weil ich malte oder meine Musikstücke auf ein geliehenes 4- Spur Band aufnahm, dass ich nur 5 Tage zur Verfügung hatte, bekam ich sofort ein schlechtes Gewissen. Das war aber wichtig für mich! Die Musik! Meine Ideen festzuhalten und zu manifestieren! Das war irgendwie der Sinn meines Daseins. Ich konnte gar nichts dagegen machen. Die Ideen plumpsen den ganzen Tag aus mir heraus, ohne daß ich etwas dagegen machen kann oder dafür tun muss! „Ich kann nichts dafür“, möchte ich den ganzen Tag in die Welt herausschreien. Wenn ich es nicht tue, bin ich extrem unglücklich und mir fehlt so viel, als hätte ich weder Arme, Beine, Augen, noch Ohren…
Mein Gott, es gibt Leute die bewundern andere dafür dass sie malen und singen können und ich suche mir ausgerechnet immer den in der Meute aus, der nur ein hübsches Gesichten sucht dass ihn den ganzen Tag anhimmelt. Gähn! Es gibt wirklich aufregenderes im Leben!
Warum freute er sich nicht für mich? Das war meine Arbeit. Andere gehen tagsüber ins Büro, da sagt doch auch keiner was. Ich malte und arbeitete eben zu Hause. Aber damals hätte ich nicht gewagt das Wort überhaupt in den Mund zu nehmen. „Das ist mein Beruf!“. Ich verdiente ja nix damit oder nur selten, deshalb war es ja sinnlos. Alles muss immer sichtbare Ergebnisse bringen sonst ist es nichts wert. Wie materialistisch ich doch selbst immer noch eingestellt war.
Wenn einer nur schief guckte dachte ich sofort es wäre etwas Schlimmes was ich tat und es ist meine Schuld dass er sich jetzt auch noch deswegen unwohl fühlt. Ich war immer an allem Schuld, für alles verantwortlich. Muss mir heute noch oft vorbeten: ich bin nicht verantwortlich für die Stimmungen anderer Leute. Sie fühlen sowieso was sie fühlen, ob mit oder ohne mich! Ich kann da sein und ihnen beistehen wenn sie mich brauchen. Doch ich muss nicht aufhören zu malen, um es ihnen recht zu machen. Sie würden es gar nicht bemerken ob ich es tät oder nicht.
Wenn ich keinen Freund hatte, der mir meine Arbeit vermieste, traf ich als Ersatz Leute die mich in solchen Momenten ankeiften: Haben Sie studiert? Und schon war alles für die Katz` was ich die letzten 40 Jahre geschaffen hatte. Jede Minute meines Lebens hatte ich Atemluft verschwendet, wie verbrecherisch. Ich sollte wirklich alle Bilder verbrennen!
Anscheinend brauchte ich dass, obwohl ich es hasste, um mir mit etwas klar zu werden, aber mit was?
Meine Kunst frisst doch kein Brot! Gut, sie bringt auch keins. Jedenfalls keins das man essen oder in dem man wohnen kann. Aber der Mensch lebt nun einmal nicht nur vom Brot alleine. Steht schon in der Bibel, oder? Mein Freund und die, die mich so gerne klein machten bis nichts mehr von mir übrig war, haben nie an sich gezweifelt, und wenn ich mal genau hinschaue was die eigentlich ihr Leben lang getan haben, muss ich ehrlich fragen: die greifen mich an? Die?
War es der Neid, weil ich etwas hatte dass mich glücklich machen konnte, wenn auch nur für die Zeit die ich damit beschäftigt war?
Warum denke ich immer daß das was ich tue überflüssig ist und ich nix wert bin und wieso glaube ich immer denen die mich nur nichtswürdig machen wollen weil sie sich gerade langweilen? Wen geht es etwas an dass ich male und was ich male? Die meisten gucken doch nicht einmal hin, meckern aber trotzdem an mir herum!
Um was geht es?
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