Название: Ich und der Fisch, der Fisch und ich
Автор: Dorothea Doris Tangel
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783738004403
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Tag 4
Ich kann wieder denken! Ich öffne die Fenster lasse Luft herein. Frische, wohlriechende Luft. Alle 5 Minuten denke ich artig daran eine Zigarette rauchen zu wollen, warte, weine, bemitleide mich arme Sau, mache weiter, fahre fort, ein Tag nach dem anderen. Ein Fuß vor den anderen!
Am ersten Tag rauchte ich 6, am 2.Tag eine und am dritten Tag keine mehr. Das erfüllt mich mit Stolz. Aber doch ist so schwer in mir, als daß ich gar nicht richtig triumphieren kann. Alle Alltags- Gewohnheiten bergen ungeahnte Gefahren. Ich muss mein Leben komplett umkrempeln. Das einzige was ohne Zigaretten funktioniert ist Schlafen und Zähneputzen. Ich will diese Angst und diesen Schmerz überwinden.
Was ist das nur, dieser Ur- Schmerz? Wieso flippe ich so aus? Was passiert denn schon großartiges? Wieso heule ich den ganzen Tag, als ob mir das Liebste gestorben wäre das ich jemals hatte?
Ich jammere, in mir drin und aus mir heraus. Nix macht mehr Spaß. Ich lache nicht mehr, ich klage allen nur noch mein Leid, meine Not, meine Dramen. Wann war ich das letzte Mal glücklich? Glücklich? Was ist das? Ich bilde mir ein, noch nie einen einzigen glücklichen Tag in meinem Leben erlebt zu haben!
Die Nacht setzte ich mich an meine Staffelei und male Farben. Helle pastellartige Farben, wie ich sie noch nie gemalt habe. Sonst haben meine Bilder schwere, satte und tiefe Farben. Es gibt heute auch keine Gegenstände, nur Gebilde die sich auflösen, in harmonische Schnörkel.
Es tut gut, den Pinsel über die Leinwand schweben zu lassen. Es ist als würde ein Stau in meinem Innern gelöst, einen Art Überelektrizität, wie bei einem Gewitter, wo ich auch die Spannung in der Atmosphäre körperlich spüre. Ich habe immer Gewitterkopfweh bevor die Blitze die Erleichterung bringen. Sobald es donnert ist der Druck im Kopf weg.
Ich finde das Bild schön...
Rosa und hellblau…
Ob das das Ende ist?
Bestimmt!
Alle letzten Bilder von berühmten Malern und Malerinnen sind hell, mit überwiegend weißen Stellen...
Der fünfte und sechste Tag (Das Jammertal)
Ich lebe noch, doch überall lauern Gefahren. Es gibt nichts, was ich vorher getan habe ohne eine Kippe in der Hand oder im Mund zu haben. Jede noch so kleine Handbewegung macht daß ich erst einmal reflexartig nach einer Zigarette greifen will. Das schaffe ich nie!
Ich entsorge heute erst einmal alle Aschenbecher. Säubere sie, wegen dem Geruch und verstecke sie, damit sie aus meinem Blickfeld verschwinden. Zwischendrin heule ich hemmungslos. Oh, wie ich mich dafür hasse. Brauche ich denn immer einen Schnuller im Mund? Wieso kann ich nicht normal sein???
Ist es so in meinen Genen angelegt? Kämpfe ich gegen Windmühlen? Bin ich nun mal so vorprogrammiert? Gibt es kein Entrinnen? Nur weil meine Ahnen, mein Vater und alle vor mir zu viel tranken, rauchten und sich betäubten, um das Leben auszuhalten, muss ich deshalb auch? Gibt es überhaupt einen Ausweg? Kann man dieses Verhalten, daß man mit dem ersten Atemzug schon unwiderruflich eingesogen hat je verändern? Hilft es überhaupt zu kämpfen?
Ist doch sowieso alles sinnlos und zum Scheitern verurteilt!
Meine Kunst kommt mir dieser Tage extrem belanglos vor. Sie ist so " Nichts". Was male ich da überhaupt? Was will ich sagen, was soll es ausdrücken? Und wen interessiert es überhaupt? Ich bin so überflüssig...
Ich dachte an die Musikerkollegen von früher, denen ich nach ca. 20 Jahren wieder begegnet war. Schon damals passte ich nicht hinein. Und jetzt? Ich war viel zu dick geworden, wie sie mir nach der langen Zeit auch alle schön lauthals bekundeten, dass es jeder im Lokal hören konnte anstatt erst einmal ordentlich Hallo zu sagen (Deppen!) und ich war immer noch so unsicher wie eh und je, konnte die hohen Töne nicht treffen, die mir früher auch schon schwergefallen waren und meine schwermütigen Lieder gingen ihnen immer noch auf die Nerven.
Einmal sagte ein Trommler zu mir, meine Texte würden ihn so runterziehen. "Schatten in der Nacht..." fragte er mich ganz gequält „was soll das denn bedeuten?“. Er hatte ja recht. Aber es hörte sich einfach gut an. Und heute wollten sie mich Mal mehr nicht ans Mikro lassen obwohl es eine öffentliche Session war.
Ich hasse meine Unselbstständigkeit. Immer bin ich von irgendetwas oder von irgendwem abhängig. Ist das so im Leben? Wehre mich dagegen obwohl Widerstand zwecklos ist? Muss man autonom, ganz alleine, immer und alles und unbedingt? Vielleicht ist das der Grund warum es keiner mit mir aushält, weil ich ein völlig falsches Bild von Abhängigkeit habe...
Muss ja ein enormer Stress sein, mit mir zusammen zu sein. Vielleicht bin ich deshalb so isoliert? Warum ist es mir so wichtig was andere von mir denken, oder ob sie mich mögen?
Bei der Vorstellung, die Musiker- Kollegen von damals würden sehen was ich male, verging mir heute alles. Ich sehnte mich nach der Zeit zurück, als ich mir die Birne zugeknallt habe und wie alle, einfach nur stoned, high, bekifft, bekokst, besoffen und sooo normal war.
Aber, der Kampf geht weiter. 5 Minuten. Nur für 5 Minuten. Nicht aufregen, nur nicht aufgeben und nicht lockerlassen!
Aber mich zurücksehnen, nach dieser Zeit von damals tu ich nicht wirklich. Speziell diese Leute, denen ich heute wieder begegnet war haben mir noch nie gut getan, bis auf sehr wenige Ausnahmen. Mich haben die Drogen verrückt gemacht. In Wahrheit habe ich weder Alkohol noch alle die anderen Substanzen vertragen.
Meine größte Angst war einmal: was, wenn ich jetzt sterbe und vor meinen Schöpfer treten muss? Ich wusste ich könnte ihm nicht einmal in die Augen sehen, so sehr schämte ich mich. Nein, ich wollte unbedingt nüchtern sterben. Mich plagten wegen meiner Sucht und wegen dem ewigen „zu“ sein ewig Schuldgefühle, auch Gott gegenüber.
Der zehnte Tag 25. märz 2007 Sonntag
Halte durch, keine zu rauchen. Aber mein Gemüt läuft Amok. War es immer so wenn ich mir etwas abgewöhnt habe? Kann mich erinnern, daß ich einmal mehrere Tage in einem Abstellraum, zusammengekrümmt auf einer zerbeulten 2-Sitzer Couch zugebracht hatte, auf der man nur angewinkelt liegen konnte. Ich wollte nicht in meiner gewohnten Umgebung bleiben, bis das Schlimmste überstanden war. Das war mir zu bedrohlich.
An das Gefühl der ersten Tage ohne Stoff, kann ich mich gut erinnern. Da kann einem keiner wirklich helfen. Ich wüsste jedenfalls nicht wie? Man kann ja nicht ins Gehirn hineingreifen und einmal umdrehen. Da gibt es tatsächlich nur eins, wenn man von einer Sucht loskommen will, da muss man durch, dass muss man irgendwie aushalten, egal wie schwer es ist und in so einem Moment will man das ja auch.
Hat man einmal die Entscheidung getroffen, etwas zu verändern und hundert Anläufe gemacht, kommt eines Tages der Punkt, an dem man keine Lust auf mehr „Mätzchen“ hat. Das ewige An und Aus macht einen ja mürbe! Man will endlich Resultate und man ist es müde, immer denselben Film der Enttäuschung über sich selbst zu erleben!
Diese Gefühle zu überwinden und mit diesen haltlosen Gedanken des Verlangens fertigzuwerden kann einem keiner abnehmen. Vielleicht wäre es leichter wenn ich nicht so alleine wäre? Oder wäre es schlimmer? Wenn ich doch nur Mal mit Jemandem reden könnte…
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