Название: Ich und der Fisch, der Fisch und ich
Автор: Dorothea Doris Tangel
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная психология
isbn: 9783738004403
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Der erste Tag ohne Nikotin (Der Schock) 15. märz 2007
Ich wachte morgens auf, wild entschlossen.
Ja, jetzt, heute ist der Tag!
Ich schaffe das, ich kann aufhören zu rauchen, ich will das!
Oh, ich werde einen Haufen Geld sparen, das ich sowieso nicht habe und ich muss nicht mehr kriechen, mich erniedrigen und mir Geld dafür leihen. Ich werde frei sein. FREI! FREI! Endlich frei!
Ich kochte, wie immer eine Kanne Tee, fütterte meinen Kater, machte das Bett, putzte die Zähne, wusch mich, zog mich an und setzte mich, wie jeden Tag erst einmal auf meinen Morgenplatz, um zu schreiben. Blöde Idee, ehrlich, absolut blöde Idee. Solange ich noch in der Küche beschäftigt war, fiel es mir nicht auf, aber sobald ich saß ging´ s los.
Ich weiß nicht, was genau passierte aber alle Energie in meinem Körper verbrannte innerhalb weniger Minuten. Plötzlich zog sich alles in mir zusammen und ich begann mit mir zu kämpfen. Ich wollte nicht rauchen. Ich hatte mein altes Leben so satt. Es muss doch möglich sein etwas anders zu machen als sonst.
Unfähig irgendetwas zu tun oder einen klaren Gedanken zu fassen, versuchte ich mich zu zwingen nicht zu rauchen. Mein ganzer Körper verkrampfte sich und ich saß nach vorne gebeugt, bewegungslos, alle Muskeln bis zum Bersten gespannt und rang mit mir.
Es war als würden 100 Leute in meinem Kopf gleichzeitig schreien, ohne Luft zu holen.
Meine Stirnchakra fängt an zu brennen. Höllenschmerzen brechen über mich herein. Meine Nerven sind durchgeschmolzen...
15 Minuten dauerte diese Anspannung, die meinen Körper völlig aufzehrte. Etwas überdrehte und in meinem Kopf brannten alle Sicherungen durch. Was immer in diesen Minuten geschah, es war die Hölle auf Erden.
Ich gab nach, es ging nicht anders. Ich war also verrückt geworden.
Ich rauchte eine.
Aber ganz wollte ich nicht aufgeben. Zu stark war der Eindruck dieses Momentes. Und tatsächlich, ich schaffte es mit 6 Zigaretten durch diesen ersten Tag zu kommen.
*
Zu viele Handbewegungen waren mit dem Rauchen und dem Drehen einer Zigarette verbunden. Ich war mittlerweile Kettenraucherin und konnte nichts tun ohne eine Kippe in der Hand zu halten. Ich inhalierte immer sehr tief und es hatte eine beruhigende Wirkung. Ich rauchte seit meinem 15. Lebensjahr und jetzt war ich 53!
Als erstes bekam ich Fieber und meine Lungen taten mir derart weh, daß ich nicht länger als eine Stunde schlafen konnte. Ich wollte diesen ersten Tag irgendwie hinter mich bringen, ich wollte etwas verändern und konnte nichts anderes tun als auf der Couch liegen zu bleiben. Und das nur weil ich weniger rauchte? Ist da etwas im Tabak, was die Lungen betäubt??? Wieso hatte ich derart starke Schmerzen und regelrechte Entzugserscheinungen, wie bei den Pilzen damals? Aber der Hauptschmerz saß diesesmal in der Lunge!
Was jetzt mit mir geschah, hatte eine Härte die ich nicht für möglich hielt. Ich war wie in Trance. Alles was ich die Tage kochte, schmeckte wie lauwarmes abgestandenes Wasser. Aber ich zwang mich etwas zu essen. Ich brauchte Kraft.
Ich heulte, konnte nicht mehr ans Telefon gehen, saß immer wieder zusammengekauert und schaute auf die Uhr. Wie lange hatte ich dieses mal nicht mehr daran gedacht? 5 Minuten. Ein Erfolg!
Irgendwie brachte ich diesen Tag und diese Nacht hinter mich. 2 Tage war ich vollkommen außer Betrieb und konnte nichts anderes tun als mit mir zu kämpfen. Sogar meine Knochen schienen zu brennen.
Früher hatte ich schon 2 Mal aufgehört zu rauchen und nie habe ich körperliche Symptome gehabt. Es stimmt also doch, dass sie neuerdings etwas in den Tabak mischen, um uns noch abhängiger zu machen, Dabei sind wir es doch schon. Es ist wie als würden sie einen Toten erschießen! Blöde Leut`, alles Deppen! Mit was für einen Quatsch manche Ihre Zeit verschwenden und die verdienen Geld damit und haben ein Auto!
Tag 2
Am 2. Tag rauchte ich noch eine Zigarette und danach keine mehr. Wenn ich mir schon so viel Stress mache, dann muss es doch möglich sein...
Aber was passierte da eigentlich mit mir? Wieso dieser Kollaps? Geistig wie körperlich. Ich setzte alles daran mit der Angst vor den nächsten Minuten fertig zu werden. Ich wusste schon daß es nicht leicht sein würde, aber mit einem derartigen Einbruch hatte ich nicht gerechnet. Es sind diese intensiven Momente, die ich verlernt hatte auszuhalten. Ich schaute auf die Uhr. Das Verlangen war wieder da. Ich verkrampfte mich und versuchte mich abzulenken.
Was ich bei Entzügen und Selbsthilfegruppen gelernt hatte war: "Nur für 5 Minuten". Eine Zigarette lenkt nicht nur ab, sie betäubt auch und mildert etwas ab. Es ist wie ein Schmerzmittel das einen gnädigen Schleier über alles Harte und Schwere legt.
Aber ich wusste, ich muss die ersten Tage irgendwie aushalten und wenn ich auf dem Zahnfleisch krieche, egal. Danach wird alles anders. Es ist möglich. Ich muss ehrlich sagen, das Leben war mit Zigaretten leichter, echt, flenn.
Aber wenn man den ersten Tag, den ersten Abend geschafft hat, dann ist das Schlimmste überwunden. Irgendwie sind die Weichen gestellt. Es ist beim Himmel angekommen und sie helfen dir das Weitere zu überstehen. Vielleicht wollen sie sicher sein dass man es auch wirklich will.
Manchmal weißt man gar nicht, woher die Kraft kommt und was einen abgelenkt hat wieder 5 Minuten durchzustehen. Und plötzlich hatte ich 20 Minuten nicht mehr an eine Zigarette gedacht. Wow!
Ich fügte mich in mein Schicksal. Ich wurde krank und begriff, daß es mehr war als nur die Zigaretten, was da aus meinem Körper heraus wollte. Ich musste Abschied nehmen, von einem ganzen Leben das mich nur noch unglücklich gemacht hatte.
Ich legte mich ergeben ins Bett wenn ich die Augen nicht mehr offen halten konnte und schlief eine Stunde. Die Schmerzen weckten mich und ich stand auf, lief durch die Wohnung bis ich wieder müde wurde. Ich war ein Bild des Jammers.
Ich zerfloss vor Selbstmitleid. Was musste ich alles erleiden. Wieso ist alles so schwer bei mir? Was war los? Ich sehe aus wie hingespuckt, versuche fern zu sehen, versuche nicht zu husten, weil mein Zwerchfell so weh tut daß ich nur noch gebeugt gehen kann. Es ist als würde ich ersticken. Dämonen des Schmerzes umklammern mich und halten mich in meinem Brustkorb gefangen, oder sich dort auf und sie wollen nicht raus.
Der dritte Tag, 19.märz 2007
Ich verliere jegliches Zeitgefühl. In meinem Kopf ist der Nebel so dick geworden daß ich überhaupt nicht mehr weiß ob ich Männlein oder Weiblein war. Egal, überleben ist alles. Das Fieber sinkt langsam und ich kann plötzlich wieder denken. Die dröhnenden Kopfschmerzen weichen einer verstopften Nase. Nur nicht husten! Ich überziehe mein verschwitztes Bett, obwohl ich mich immer noch kaum auf den Beinen halten kann.
Frische Laken, wohlriechende Laken. Ich schütte das Essen der letzten Tage ins Klo und backe mir ein Brot, mit den letzten Wallnüssen von meinem Baum. Ob das auch ein Abschied ist?
Ich weine СКАЧАТЬ