Название: Schattenspiel - Der zweite Teil der Schattenwächter-Saga
Автор: Sandra Grauer
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783738005875
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»Lass mich sofort los«, antwortete ich auf Deutsch und sah kurz zu Gabriel und Joshua. Beide hielten weiterhin ihre Fackeln und Inflammatoren vor sich ausgestreckt und starrten mich an. Sie waren nach wie vor umzingelt von Schatten, die nur darauf warteten, wieder anzugreifen.
»Ihr wollt, dass wir Euch frei lassen, nehme ich an. Und wenn ich Eurem Begehr nicht stattgebe?« Bildete ich mir das nur ein, oder wurde sein Griff noch weicher?
Ich riss mich los und hielt mir das Schwert erneut vor den Bauch. »Lasst uns gehen, oder ich bringe mich um«, sagte ich leise, und es kostete mich alle Kraft, dass meine Stimme nicht zitterte.
Es war leichtsinnig, aber ich hatte das Gefühl, dass die Schatten mich lebendig wollten. Und dass vor allem dem Schatten vor mir an meiner Sicherheit gelegen war. Ich hatte Angst, und ich konnte mich irren. Aber das war unsere einzige Chance.
»Ihr würdet Euer Leben für das der beiden Jungen opfern?«, fragte der Schatten. Er klang fast ungläubig.
Ich deutete ein kaum wahrnehmbares Nicken an. »Das würde ich, und das werde ich«, antwortete ich ohne zu zögern auf Deutsch. »Lasst uns gehen.«
Eine ganze Weile schwieg der Schatten. Dann machte er einen Schritt zurück und eine einladende Handbewegung. »Nun gut. Es steht Euch frei zu gehen.«
Um uns herum wurde es wieder unruhig. Stimmen brandeten auf, und die Schatten bewegten sich. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Gabriel und Joshua näher zusammenrückten. Sie wirkten nervös und sahen sich misstrauisch um.
»Meine Entscheidung steht«, sagte der Schatten vor mir, und sofort war es wieder still. Einen Moment betrachtete er mich. »Ihr seid frei. Aber seid Euch bewusst, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis wir uns wiedersehen.«
Ich biss mir auf die Zunge, um nicht aus Versehen etwas zu erwidern. Dann straffte ich die Schultern, denn ich wollte auf keinen Fall, dass die Schatten meine Angst sahen. Ich griff nach meinem Inflammator und ging langsam auf Gabriel und Joshua zu. Dabei ließ ich den Schatten nicht aus den Augen. Er stand weiterhin bewegungslos an derselben Stelle, und auch die anderen Schatten rührten sich nicht.
»Was ist hier los?«, fragte Joshua leise, während Gabriels intensiver Blick auf mich geheftet war.
Richtig. Manchmal vergaß ich einfach, dass die beiden die Sprache der Schatten nicht verstehen konnten. Und ich selbst hatte wahrscheinlich zu leise gesprochen oder zu weit weg gestanden. Vorerst antwortete ich jedoch nicht, denn es gab Wichtigeres.
»Kommt schnell. Und haltet das Feuer nach unten.«
Vorsichtig lief ich weiter, gefolgt von den beiden Jungs. Die Schatten rückten wie schon zuvor zur Seite, sodass sich ein Durchgang bildete. Eng aneinandergerückt nahmen Gabriel, Joshua und ich die wenigen Stufen, die vom Platz hinunterführten, und gingen langsam und angespannt durch die Schattenmenge. Wir erwarteten jeden Moment einen erneuten Angriff. Jeder von uns war bereit, sofort zuzuschlagen. Aber es geschah nichts. Regungslos standen die Schattensoldaten links und rechts von uns. Schließlich hatten wir die letzten Schatten hinter uns gelassen.
»Lauft«, rief ich, und wir rannten so schnell wir konnten in den dunklen Wald hinein.
»Du hast was?«, schrie Gabriel. »Das darf doch nicht wahr sein. Ich glaub das einfach nicht.« Wütend stapfte er im Schnee auf und ab und hinterließ dabei eine Spur wie ein wild gewordenes Tier.
»Was hätte ich denn machen sollen?«
Joshua seufzte. »Es waren einfach zu viele Schatten. Wir wären nicht lebend da raus gekommen.« Nun sah er mich an. »Trotzdem, das war echt leichtsinnig von dir. Du kannst doch nicht einfach dein Leben aufs Spiel setzen, nur weil du glaubst, dass die anderen bluffen. Das hätte auch ganz anders ausgehen können.«
Ich verdrehte die Augen. Die beiden brauchten nicht zu wissen, dass ich selbst große Angst gehabt hatte. »Aber ich wusste doch, dass die nicht bluffen. Aus irgendeinem Grund will der Schatten mich lebend.«
Gabriel blieb vor mir stehen und griff nach meiner Hand, während er mich ansah. In seinem Blick lagen Angst, Wut und Erleichterung. »Hast du eigentlich eine Ahnung, wie kritisch die Situation war? Mein Gott, das war ein Alpha-Schatten. Die diskutieren in der Regel nicht, die machen kurzen Prozess. Nur wenige Schattenwächter haben eine Begegnung mit einem Alpha-Schatten überlebt, geschweige denn ihn getötet. Bis heute hatte ich noch nie einen gesehen, und ich kann nicht sagen, dass ich darüber unglücklich war.«
»Es ist doch alles gut gegangen«, sagte ich und bemühte mich, ruhig zu sprechen, obwohl ich vor Angst immer noch zitterte.
Gabriel seufzte leise. »Trotzdem, tu so was nie wieder, hörst du? Es ist keine Alternative, dass du dich in Gefahr bringst.«
»Es geht mir gut, Gabriel«, erwiderte ich sanft.
»Ja, ich weiß.« Ohne Rücksicht auf seinen Bruder zog er mich in seine Arme.
Ich schloss für einen kurzen Moment die Augen und hörte ihn erleichtert ausatmen. Wie sehr hatte ich mich nach seiner Nähe gesehnt. Außerdem spürte ich die Kälte nun doch. Die Sonne war immer noch nicht aufgegangen, und ich hatte keine Jacke dabei. Ich fror, aber Gabriels Körper war warm. Ob vor Wut, Anstrengung oder Aufregung wusste ich nicht.
»Wir müssen herausfinden, was die Schatten von Emmalyn wollen«, sagte Joshua mit kühler Stimme.
Gabriel ließ mich wieder los. Bevor er sich jedoch von mir abwandte, warf er mir noch einen kurzen Blick zu, in dem so viel Sehnsucht lag, dass ich für einen Moment die Kälte vergaß. Ich seufzte unwillkürlich. Nur zu gerne hätte ich ihm endlich gesagt, dass ich mit ihm zusammen sein wollte, und nach diesen Erlebnissen wollte ich es umso mehr. Aber irgendwie schien nie der richtige Zeitpunkt zu sein.
»Es ist offensichtlich, dass sie einen Plan verfolgen, aber wir müssen vorher Vater finden«, fuhr Joshua unbeirrt fort.
Vielleicht ignorierte er uns aber auch nur, um den Schmerz nicht spüren zu müssen. Er liebte mich, das wusste ich. Ich hatte ihn auch sehr gern, aber meine Gefühle für Gabriel waren nun mal stärker. Das wusste Joshua noch nicht. Trotzdem war ich sicher, dass es schmerzhaft für ihn war, mich in Gabriels Armen zu sehen. Wie sollte es nur für ihn werden, wenn ich wirklich mit Gabriel zusammen sein würde? Daran wollte ich lieber nicht denken.
Gabriel zog sein Handy aus der Hosentasche. »Lass uns erst mal zu Hause anrufen. Vielleicht kann Mutter uns ja weiterhelfen.«
Joshua sah auf seine Uhr. »Es ist noch nicht mal halb acht. Wenn wir sie jetzt wecken und nach Vater fragen, macht sie sich bloß einen Haufen Sorgen.«
»Ich mach das schon. Außerdem ist Freitag, Lilly hat heut noch mal Schule, bevor's in die Weihnachtsferien geht.« Gabriel drückte ein paar Tasten und hielt sich das Handy ans Ohr. »Hey Lilly, wie geht's dir?«, sagte er schließlich. »Uns geht's auch gut. Ja, es ist toll hier. Ach weißt du, um diese Uhrzeit ist es in Mexiko auch nicht viel wärmer als in Deutschland.«
Das sah ich aber anders. In Mexiko war es selbst nachts deutlich wärmer gewesen als es hier in Heidelberg war. Ich schlang meine Arme um mich und spürte, wie Joshua mich mit einem Mal in die seinen zog.
»Ich würd dir ja meinen Pulli geben, aber ich trag leider nichts drunter«, СКАЧАТЬ