Der Preis für ein Leben ohne Grenzen - Teil I. Adalbert Dombrowski
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Название: Der Preis für ein Leben ohne Grenzen - Teil I

Автор: Adalbert Dombrowski

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783754938386

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СКАЧАТЬ Brief aus der Hand und riss ihn in Fetzen.

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      Ich im Jahr 1946

      Abends rief mich Papa mit keinen Widerspruch duldender Stimme in sein Arbeitszimmer: „Was hast Du heute angestellt?"

      „Ich habe eine Fensterscheibe eingeschlagen", sagte ich leise.

      „Und was noch", fragte er weiter in unangenehm amtlichem Tonfall.

      „Das Klo habe ich in die Luft gesprengt."

      „War das alles", fragte Papa weiter.

      „Nein, Krysia habe ich geschlagen."

      „Und was noch?"

      „Den Brief habe ich zerrissen", antwortete ich.

      Ich wusste: das Maß war voll. Papa befahl mir einen Stuhl zu holen, er holte aus dem Schrank einen Ledergürtel. Naja, ich habs abbekommen. Drei brennende Streifen spürte ich am Hintern. So sehr hats gar nicht weh getan, aber mein Stolz und meine Würde litten. Nach der „Exekution" hörte ich: „Geh zu Mama und entschuldige Dich bei ihr."

      Im Jahr 2007 besuchte ich Kamień Pomorski und meine alte Schule. Die Gebäude standen noch, doch waren sie nun Wohnhäuser. „Kann ich Ihnen helfen? Suchen Sie vielleicht jemanden", sprach mich eine ältere Dame an, die in ihrem Garten arbeitete. Wir unterhielten uns eine Weile über die Nachkriegsjahre und die Schule: „Ja, irgendein Schüler hatte mal die Toiletten in die Luft gejagt. Daran kann ich mich gut erinnern", bestätigte meine Gesprächspartnerin. So viele Jahre waren vergangen seit dieser Explosion und dennoch fand sich eine Zeugin meiner Leistung – kaum zu glauben!

      Wie ich nur konnte nutzte ich die fehlende Beaufsichtigung meiner Eltern aus. Mich begann der Yachthafen zu interessieren bzw. eher die ausgebrannten Boote und Yachten. Am zerstörten Steg standen die Längsseiten und Maste der versunkenen Wasserfahrzeuge aus dem Wasser. Einige waren stark beschädigt und flösten Angst ein mit ihren von Geschossen hineingerissenen Löchern. Offene Kabinentüren offenbarten ihr dunkles, mit Wasser angefülltes Innere. Das einzige fahrtüchtige Schiff oder Boot war ein Zweimaster der Seefahrer-Pfadfindergruppe (Trotz meines Alters wurde ich anstatt bei den Wölflingen, in die Pfadfinder oder genauer in die Gruppe der Wassersportler aufgenommen). Durch die Bucht werden wir segeln und am Ufer biwakieren. Doch ich konnte die Segeltörns nicht erwarten. Ziutek, mein Kumpel aus der Schulbank, und ich wollten sofort unser eigenes Boot haben. An der Hafenmole unweit des Ufers machten wir ein versunkenes, kleines Beiboot aus. Die Schwierigkeit bestand darin, dass es mit einer Kette an einen Pfahl befestigt war. Wir zogen uns aus und gingen ins Wasser. Mit meinem Taschenmesser, das ich immer bei mir habe, höhlte ich aus dem Holzbalken die Metallöse: Das Boot war unser. Mit alten Dosen begannen wir, das Wasser herauszuschöpfen. Dann zogen wir es an Land. Eine Unmenge an Arbeit lag vor uns. Nachdem wir es vom Schlamm sauber gewaschen und dann getrocknet hatten, zeigte sich, dass es sogar dicht war. Wir suchten uns Ruder zusammen und konnten endlich „auf große Fahrt“ gehen, während uns die anderen Jungs beneideten.

      Der erste Törn des Pfadfinder Segelschiffs stand bevor. Aufgeregt erzählte ich Mama vom morgentlichen Appell an der Mole. Doch Mama hatte Angst um mich und wollte mir nicht erlauben in See zu stechen. Dennoch stimmte sie schließlich zu: „In Ordnung, Du darfst zum Appell, aber davor musst Du Holz hacken. Alleine schaffe ich das alles nicht und Papa ist nicht da." Sie hoffte natürlich mich mit dieser zusätzlichen Beschäftigung davon abzuhalten, pünktlich zum Appell zu erscheinen und auf diese Weise zu verhindern, dass ich mit dem Pfadfindersegelboot davon segel. Zufälligerweise hatte auch Ziuteks Mama eine unerwartete Arbeit für ihn, so dass wir beide verspätet durch die leeren Straßen zum Hafen eilten. Wir hofften so sehr, dass sie auf uns warten würden. Leider haben sie nicht gewartet. Als wir an der Bucht ankamen, sahen wir den majestätisch, vollgetakelten Zweimaster nur noch aus der Ferne. Erschöpft und enttäuscht, aber richtig enttäuscht, setzten wir uns nieder. Der leichte Wind kühlte unsere vom Laufen erhitzten Körper und runzelte das Wasser ein wenig.

      Der Wind wurde stärker, aus Westen zogen dunkle, regengetränkte Wolken heran. Auf dem Wasser wälzten sich schon recht gehörige Wellen. Plötzlich bemerkten wir, dass das Segelschiff mit den Pfadfindern auf der Stelle stand, stark schaukelte und die Segel willenlos flatterten. „Etwas schlimmes ist passiert! Irgendwas ist nicht in Ordnung! Wir müssen helfen, das Schiff ist doch voller Kinder!" Unterschiedlichste Gedanken schwirrten in unseren Köpfen. „Ziutek, schnell, lassen wir unser Beiboot zu Wasser und fahren ihnen zu Hilfe, sie ertrinken sonst", rief ich. „Wir müssen sie retten! Ich werde rudern und Du schüttest das Wasser über Bord", fügte ich eilig hinzu als ich merkte, dass über eine Bordseite Wasser eindrang. Mühsam kämpfte sich unser Boot durch immer größer werdende Wellen. Aus ganzer Kraft lehnte ich mich in die Ruder, die Wellen schaukelten unsere Nussschale, so dass Wasser nicht nur über die beschädigte Bordseite eindrang. Ziutek arbeitete mit der Blechdose immer schneller, trotzdem wurde das Wasser mit jeder Schräglage mehr. Noch ein bischen! Wir kommen näher und gleich können wir helfen! Wir sind da, endlich! Ich blickte in Richtung Segelschiff. Die Segel flatterten weiterhin im Wind, doch die Gesichter der Kinder waren entspannt. Einer der älteren Gruppenleiter winkte uns freundlich zu: „Wie gut, dass Ihr gekommen seid, ich muss möglichst schnell ans Ufer. Ich habs eilig in die Arbeit. Das hier dauert doch länger als gedacht“, rief er freudig zu uns rüber und wir schauten ihn verwundert an. Unsere Aufregung ließ uns kein einziges Wort über die Lippen bringen. Schließlich schrie ich: „Aber wir sind für die Kinder … die Kinder müssen wir retten! Also was jetzt? Wer kehrt mit uns zurück?“ Doch die Kinder sahen keineswegs erschrocken aus. Sie waren begeistert vom Geschaukel. „Ihr bewegt Euch doch nicht von der Stelle ...“, fügte ich hinzu. „Alles ist in Ordnung. Wir müssen nur das Tauwerk richten und dann kommen wir ruhig ans Ufer zurück. Macht Euch keine Sorgen um uns“, erwiderte ein anderer Gruppenleiter. „Nehmt nur den Kollegen mit, denn er hats eilig!“ Der erste Gruppenleiter sprang in unser Boot, welches dadurch so ruckartig aufschaukelte, dass schon wieder Wasser eindrang. Er griff die Ruder und schnell fuhren wir Richtung Yachthafen. Es wurde kalt und es begann zu regnen. Durchnässt und durchgefrohren legten wir am Ufer an. Auch der Zweimaster näherte sich nun dem Hafen.

      Als wir abends durch die dunklen, nur vom Mond beleuchteten Straßen nach Hause eilten, hallte das Echo unserer Schritte in den leeren Straßen wider. Zu Hause brannte Licht, Mama saß über den Küchentisch gelehnt. Ganz leise ging ich hinein, denn ich spürte schon, dass ich mal wieder was ausgefressen habe. „Ist Papa da“, fragte ich in der Hoffnung, dass er noch nicht von der Arbeit zurückgekehrt war. Mama schaute mich streng an, doch man konnte ihre Erleichterung über meine Rückkehr ekennen. „Papa ist da. Dychu, zieh Dir trockene Sachen an und dann sollst Du gleich zu ihm ins Arbeitszimmer kommen.“ „Na toll“, dachte ich mir, „genau heute muss er nach Hause kommen.“ Ich klopfte an die Tür und hörte ein leises „bitte“; ich betrat das Arbeitszimmer. Das Fenster war mit fleischigen, Plüschvorhängen zugezogen. Kein Wunder, dass ich von draußen nicht bemerkt hatte, dass Papa da ist. Eine stilechte Tischlampe aus Messing mit Lampenschirm beleuchtete das Zimmer sanft. Papa saß neben dem Bücherschrank voller in Leder gebundener Bücher. Schüchtern stellte ich mich neben den ledernen Klubsessel. Papa sah mich an und fragte: „Sag mir bitte, warum kommst Du so spät nach Hause?“

      Ich begann zu erzählen: wie ich mich zum Appell verspätet hatte, dass ich die Kinder retten musste, dass die Wellen sich so aufgetürmt hatten und dass es so schnell dunkel wurde … . Ich sprach und sprach, aber Papa war in Gedanken und hörte mir irgendwie gar nicht zu. „Hast Du auch mal an Mama gedacht, dass sie sich Sorgen macht, weil Du so lange von zu Hause weg bist“, fragte er. Ich ließ den Kopf hängen und Papa sprach weiter: „Wenn Du nur an Dich denkst, dann wirst Du jetzt Gelegenheit haben, in Ruhe und Abgeschiedenheit über Dein Vorgehen nachzudenken. Ich will von Mama keine weiteren Beschwerden über Dein Verhalten hören. Und jetzt folgst Du mir.“ СКАЧАТЬ