Geschichte meines Lebens. George Sand
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Geschichte meines Lebens - George Sand страница 75

Название: Geschichte meines Lebens

Автор: George Sand

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783754183267

isbn:

СКАЧАТЬ verflochten wärest, wenn Du mit den Freunden des Auslandes gegen ihn conspirirtest, würde für mich Alles besser stehen, ich wäre nicht vergessen und verlassen: ich hätte nicht nöthig gehabt, mein Leben in die Schanze zu schlagen, im Wasser und im Schnee zu schlafen, hundert Gefahren zu trotzen und unser kleines Vermögen im Dienste des Vaterlandes zu opfern. Meine gute Mutter, ich mache Dir keinen Vorwurf wegen Deiner Uneigennützigkeit, Deiner Weisheit und Tugend; im Gegentheil, ich liebe, achte und verehre Dich wegen Deines Charakters — aber verzeihe mir nun auch, wenn ich nur ein braver Soldat und ein aufrichtiger Patriot bin.

      „Wir wollen uns übrigens trösten, denn laß nur den Krieg wieder beginnen, so ändern sich wahrscheinlich alle Verhältnisse. Sobald es sich wieder um Flintenschüsse handelt, sind wir auch wieder zu etwas gut und dann wird man sich unserer erinnern.

      „Ich will die letzte Seite Deines Briefes nicht wieder lesen — ich habe sie verbrannt. Ach! was sagst Du mir? Nein, meine Mutter, ein braver Mann entehrt sich nicht, wenn er ein Weib liebt und ein Weib ist keine Dirne, wenn sie von einem ehrenhaften Manne geliebt wird, der sie für die Ungerechtigkeiten des Geschicks zu entschädigen sucht. Du weißt das besser als ich! meine Ansichten haben sich nach Deinen Lehren gebildet, die ich immer ehrfurchtsvoll aufgenommen habe und so sind sie nur ein Widerschein Deiner Seele. Welch ein unbegreifliches Verhängniß bringt Dich nun dazu, mir vorzuwerfen, daß ich der Mann bin, den Du geistig und körperlich gebildet hast?

      „Aber auch aus Deinen Vorwürfen bricht Deine Zärtlichkeit immer hervor. Ich weiß nicht, wer Dir gesagt haben mag, daß ich eine Zeitlang im Elende war, so daß Du Dich nachträglich darum ängstigst. Nun ja! es ist wahr, ich habe im vergangenen Sommer eine kleine Dachstube bewohnt — und die Häuslichkeit des Dichters und Verliebten bildete einen sonderbaren Gegensatz zu den goldenen Stickereien meiner Uniform. Wegen dieses Augenblicks der Verlegenheit, von dem ich Dir nicht gesagt habe, und über welchen ich mich nie beklagen werte, darfst Du Niemand anklagen. Er war durch eine Schuld veranlaßt, die ich längst bezahlt glaubte. Ich hatte das Geld ungetreuen Händen übergeben, aber jetzt ist der Schaden bereits durch meinen Sold ausgeglichen. Ich habe jetzt auch eine sehr hübsche kleine Wohnung und entbehre nichts.

      „Was sagte mir denn Andrezel? Du würdest vielleicht nach Paris kommen, würdest Nohant vielleicht verkaufen? Ich verstehe das nicht recht. Ach komm, meine gute Mutter, komm! alle unsere Leiden wird eine zärtliche und aufrichtige Erklärung in die Flucht jagen! Aber verkaufe Nohant nicht, Du würdest Dich dahin zurücksehnen. Lebe wohl, ich umarme Dich von ganzer Seele. Ich bin sehr traurig und niedergeschlagen über Deine Unzufriedenheit und doch ist Gott mein Zeuge, daß ich Dich liebe, und daß ich Deine Liebe verdiene.

      Moritz.“

      In dem letzten Briefe dieser Correspondenz spricht mein Vater ziemlich weitläufig über einen Vorfall, der seine Mutter sehr zu quälen schien.

      Man hatte soeben Marmontel's hinterlassene Memoiren herausgegeben. Meine Großmutter hatte Marmontel in ihrer Kindheit viel gesehen, aber sie sprach nie von ihm und seine Memoiren sagen deutlich, aus welchem Grunde.

      Hier ist ein Bruchstück aus diesen Denkwürdigkeiten.

      „Die Art von Wohlwollen, welche man an diesem Hofe [Der Hof des Kronprinzen, Vater Ludwig's XVI.] für mich hatte, diente wenigstens dazu, mir bei einem merkwürdigen Vorfalle Gehör und Glauben zu verschaffen. Das Taufzeugniß von Aurora, Tochter des Fräuleins von Verrières bekundete, daß sie das Kind des Marschalls von Sachsen [Marmontel irrte sich, da es nöthig wurde, dies Zeugniß durch Parlamentsbeschluß umzuändern.] ist, und nach dem Tode des Vaters hatte die Frau Kronprinzessin die Absicht, sie erziehen zu lassen. Das war der Ehrgeiz der Mutter; aber plötzlich fiel es dem Kronprinzen ein, zu behaupten, sie wäre meine Tochter und dieser Ausspruch that seine Wirkung. Frau von Chalut theilte mir denselben lachend mit, aber ich nahm die Sache von der ernsthaftesten Seite; nannte den Scherz des Kronprinzen leichtsinnig, machte mich anheischig zu beweisen, daß ich Fräulein Verrières erst während der Reise des Marschalls nach Preußen, also ein Jahr nach der Geburt dieses Kindes kennen gelernt hatte und sagte, daß es grausam sein würde, der Kleinen ihren wirklichen Vater zu nehmen und mich dafür auszugeben. Frau von Chalut [Diese Frau von Chalut war eine geborne Baranchon und die begünstigte Kammerfrau der ersten und zweiten Kronprinzessin. Die letzte verheirathete sie und ihr Mann wurde zum General-Pächter gemacht, Sie und der Marquis von Polignac haben meinen Vater über die Taufe gehalten.] übernahm es, diese Sache bei der Kronprinzessin zu führen und der Kronprinz gab nach. So wurde denn Aurora auf ihre Kosten in einem Nonnenkloster von St. Cloud erzogen, und aus Gefälligkeit für mich und auf meine Bitte übernahm es Frau von Chalut, welche in St. Cloud ein Landhaus besaß, diese Erziehung in ihren Einzelnheiten zu überwachen.“

      Dieses Fragment konnte meine Großmutter nicht verletzen, aber an einer andern Stelle sprach sich der Verfasser der „Incas“ in weniger zurückhaltender Weise über seinen Verkehr mit Fräulein von Verrières aus. Obwohl er mit Achtung und Zuneigung von dem Betragen, dem Charakter und dem Talent dieser jungen Schauspielerin redet, geht er auf Einzelnheiten von so zarter Natur ein, daß dadurch das Gefühl der Tochter nothwendig leiden mußte. Diese schrieb darum an meinen Vater, um ihn aufzufordern, das Mögliche zu thun, diesen Abschnitt aus den spätern Auflagen zu streichen. Der Onkel Beaumont wurde zu Rath gezogen; er war bei der Sache in gleicher Weise interessirt, denn Marmontel erzählt bei dieser Gelegenheit, wie er die Veranlassung gewesen ist, daß der Marschall von Sachsen dem Fräulein von Verrières die Pension von 12,000 Livres entzog, welche er ihr und ihrer Tochter ausgesetzt hatte; aber daß diese schöne Frau durch den Fürsten von Türenne dafür entschädigt wurde, nachdem Marmontel das Versprechen gegeben hatte, mit ihr zu brechen. Nun war aber, wie ich schon gesagt habe, der Onkel Beaumont ein Sohn des Fräuleins von Verrières und dieses Fürsten Türenne, Herzogs von Bouillon; aber er nahm die Sache nicht so ernst.

      „Beaumont versichert,“ schrieb mein Vater an meine Großmutter, „daß dies nicht so viel Kummer verdient, wie Du Dir darüber machst. Vor allen Dingen sind wir, so viel ich weiß, nicht reich genug, um die erste Ausgabe anzukaufen und zu erwirken, daß die zweite verändert wird. Wären wir aber im Stande dies zu thun, so gäbe dies den verkauften Exemplaren nur um so größern Reiz, und früher oder später könnten wir es doch nicht hindern, daß man eine neue Auflage nach der ersten veranstaltete. Würden außerdem die Erben Marmontel's auf unsern Vertrag mit den Buchhändlern eingehen? ich zweifle daran, und wir sind auch nicht mehr in den Zeiten, wo man mit Versprechungen oder Drohungen, oder durch geheime Verhaftsbefehle gegen die Freiheit der Schrift einschreiten konnte. Man darf die „schuftigen“ Schriftsteller und Drucker nicht mehr mit Stockprügeln zurechtweisen — und meine gute Mutter, die schon zu jener Zeit zur Partei der Encyclopädisten und der Philosophen gehörte, kann es nicht unrecht finden, daß unsre Sitten und Gesetze anders geworden sind. Ich begreife vollkommen, wie sehr es Dich schmerzt, daß so leichtsinnig von Deiner Mutter gesprochen wird — aber wie kann das Dein Leben berühren, das immer so streng, oder Deinen Ruf, der immer so rein war? Was mich betrifft, so kümmert es mich sehr wenig, ob man im Publikum erfährt, was ein Theil der Gesellschaft schon längst von meiner Großmutter mütterlicher Seite wußte. Ich sehe aus den fraglichen Memoiren, daß sie eine liebenswürdige, sanfte Frau war, ohne Intriguen, ohne Ehrgeiz und die in Betracht ihrer Verhältnisse ein gutes, vernünftiges Leben führte. Es ist ihr gegangen wie so vielen Andern! Die Verhältnisse haben ihre Fehler hervorgebracht, aber wegen ihres sanften, liebenswürdigen Wesens hat man diese ertragen. Dies ist der Eindruck, welchen die Zeilen, die Dich so furchtbar quälen, in mir hervorgebracht haben und Du kannst versichert sein, daß das Publikum nicht strenger ist als ich.“

      Hiermit endigen die Briefe meines Vaters an seine Mutter; ohne Zweifel schrieb er ihr noch oft während der vier letzten Jahre seines Lebens, und während der häufigen Trennungen, welche der Wiederausbruch des Krieges verursachte. Aber diese Correspondenz ist verschwunden, warum und auf welche Weise, ist mir unbekannt. Bei der Fortsetzung der Geschichte meines Vaters kann ich nun also nichts mehr zu Rathe ziehen, als seine Dienstlisten, einige Briefe an seine СКАЧАТЬ