MPU Protokolle. Helge Hanerth
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Название: MPU Protokolle

Автор: Helge Hanerth

Издательство: Bookwire

Жанр: Сделай Сам

Серия:

isbn: 9783847609162

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СКАЧАТЬ war. Ich versprach mir keine Verbesserung der Atmosphäre durch selber trinken. Ich behielt recht und halte diesen Abend noch heute in guter Erinnerung, ganz im Gegensatz zum Neujahrstrinken bei der Bundesmarine vor Jahren.

      Für meinen ersten richtigen aber befristeten Vollzeitjob zog ich in eine neue Stadt. In meinem Institut bekam ich ein eigenes Labor und einen kleinen Forschungsetat. Das Institut, war eng mit der TU verbunden. So hatte der Direktor auch eine Professur am dortigen Fachbereich. Die enge Kooperation mit der TU brachte es mit sich, dass unser Doktorandenlabor mit Biologen, Chemikern und Pharmazeuten von der TU besetzt war. Alle zusammen suchten wir im Stoffwechsel von Bakterien und ihren Mutanten nach Sekundärmetaboliten die pharmakologisch interessant waren. Die Chemiker und Pharmazeuten analysierten die Strukturformeln interessanter Moleküle und stellten Derivate her. Die Biologen untersuchten die Produzenten dieser Moleküle hinsichtlich der genetisch relevanten Mechanismen für den Produktionsprozess.

      Es war immer mal notwendig, auch spät abends laufende Versuche zu betreuen. Man war auch dann selten allein. Oft traf man auf Grüppchen, die manchmal verstärkt waren durch Mitarbeiter anderer Abteilungen. Unter den Pharmazeuten war es besonders lustig. Das lag daran, wie ich schnell erfuhr, dass die ab und zu Zaubertränke brauten. Die genaue Rezeptur habe ich nie erfahren, denn das geheime Wissen durfte nur von Druide zu Druide weitergegeben werden, also von Pharmazeut zu Pharmazeut. Sicher weiß ich nur, dass es alkoholische Getränke mit sehr hohem Alkoholgehalt waren, wobei man aber den Alkohol geschmacklich wohl kaum wahrnahm. Die Zaubertränke rochen wenigstens nicht nach Alkohol. Immer wieder weilte ich bei ihnen, um technische Details zu klären. Immer dann, wenn sie die Druidenrolle einnahmen, verabschiedete ich mich aus ihrem Kreis ohne in den Genuss ihrer Braukünste zu kommen.

      „Woran lag das?“, kam eine der wenigen Zwischenfragen.

      Ich überlegte kurz und erklärte, dass Ich einfach keine Betrunkenen um mich herum mochte, auch nicht wenn sie nett waren. Dafür saß der negative Eindruck von meinem Borderlebniss bei der Bundesmarine zu tief. Außerdem würde mich der Gedanke nervös machen, wenn ich betrunken wäre, mit anderen kommunizieren zu müssen. Ich weiß doch nicht wie ich wirke. Ich würde mich peinlich fühlen und fürchten, dass ich vom Geschehen nur die Hälfte mitbekäme. Der Gedanke allein machte mir Unbehagen. Ich möchte sympathisch wirken und will das bisschen Witz und Schlagfertigkeit, über das ich verfüge, nicht verlieren. Alkoholisiert in Gesellschaft mag ich mich nicht vorstellen. Wie sieht das denn aus? Warum sollte ich mich sowas Unangenehmen aussetzen?

      Manches Mal habe ich Stunden später, wenn ich im Bett neben meiner Freundin lag, einen zweiten Grund entdeckt, warum das wohl die richtige Entscheidung war und mich noch etwas näher gekuschelt.

      Auch bei dieser Episode habe ich kurz gezweifelt, ob ich sie erzählen sollte. Der Grund war wieder der Gleiche: Alkoholiker können nicht mit Alkohol kontrolliert umgehen. Diesmal tat ich es aus drei Gründen. Zum einen hoffte ich, die wartende Freundin und ein normaler Sexualtrieb würden den Verzicht auf Alkohol glaubhaft erklären können. Zum anderen war doch klar, dass ich als Laborleiter nicht tun konnte, was bei Doktoranden leicht durchging. Wenn sich Alkoholkonsum bei der Arbeit rumsprach, konnte das äußerst unvorteilhaft für mich enden. Und drittens trank ich noch gar nicht regelmäßig und in großen Mengen.

      Darauf folgten kleine Temp-Jobs einer Londoner Vermittlungsagentur für Zeitarbeit. So kam ich zu einer Montagetätigkeit für einen Fermentationsreaktor in Algerien. Die Arbeit ruhte zwischendurch für fast eine Woche, wegen logistischer Probleme. Fernab menschlicher Siedlungen in einem Industriepark mit überwiegend chemischen Anlagen und ohne ein Buch dabei zu lesen, verbrachte ich die Tage meist schlafend beim Klang der Klimaanlage mit algerischem Rotwein. So machten es alle Monteure, bis auf jene, die Poker spielten. In diesen Tagen trank ich 9-10 Flaschen (0,7 l). Mit dem Geld leistete ich mir ein halbes Jahr Ferien in Argentinien und Chile. Dort habe ich maximal zehn Biere getrunken.

      Der nächste Job meiner Freundin führte sie ins Ruhrgebiet. Ich folgte ihr nach, sobald ich was Geeignetes fand. So wurde ich Repräsentant für ein großes Unternehmen der Privatwirtschaft. Dies war meine erste Festanstellung. Meine Tätigkeit deckte die Bereiche: Vertrieb, Marketing und ärztliche Fortbildung ab.

      Die Trinkgewohnheiten beschränkten sich über fast neun Jahre auf einige Biere bei internen Tagungen mit dem Chef und anderen Leitenden. Das entsprach der Unternehmenskultur. Ein paar Biere an der Bar des jeweiligen Tagungshotels waren in den Augen der Vorgesetzten eine ideale Möglichkeit zur ungezwungenen, persönlichen Beziehungspflege mit den Mitarbeitern. Wer sich profilieren wollte, um an der eigenen Karriere zu stricken, für den war das eine ideale Gelegenheit. Hier wurden die Netzwerke gestrickt, die über Aufstieg und Fall entschieden. Gerade deswegen schien es mir ratsam in so entscheidenden Situationen nur sehr zurückhaltend vom Genuss alkoholischer Getränke Gebrauch zu machen. Zum einen empfand ich es als untragbar, nur den Verdacht zu erwecken beschwipst zu sein, zum anderen fühlte ich mich in solchen Chefsituationen noch unsicherer, als ich es allgemein in Gesellschaft sowieso schon tat. Ich fürchtete unter Alkoholeinfluss die Befindlichkeitslage anderer nicht mehr exakt ausmachen zu können. Ich brauchte die totale Nüchternheit, um meine Angst zu bändigen, ich könnte wichtige Details zwischen den Zeilen des Gesprochenen übersehen. Die Bar nach einem Meeting war mir eine Grauzone zum Privaten. Möglicherweise wurde hier das berufliche Terrain verlassen. Ich mied diesen Ort. Hier konnte man zu leicht in Fettnäpfchen treten.

      Außerhalb der Arbeit gab es gar keinen Alkohol. Meine Frau und ich verbrachten unsere Freizeit, bis auf den Teil meiner Sportaktivitäten, zusammen. Und meine Frau trank gar nicht. Unsere Kicks holten meine Frau und ich uns beim Tanzen. Salsa war eine große, gemeinsame Leidenschaft. Es gab reichlich Kurse. Jede bessere Tanzschule bot neben dem klassischen Repertoire auch Salsa an. Das besondere in einer nahen Großstadt war aber ein besonderes Tanzhaus, das staatlich gefördert wurde. Hier waren in einem alten, maroden Straßenbahndepot Tanzsäle entstanden. Das Angebot war riesig. Selbst Street Dance oder vorbereitende Kurse zur Aufnahmeprüfung für klassische Balletttänzer gab es. Die karibischen Alternativen wie Merengue und Bachata haben wir später tatsächlich versucht. Da viele Kurse auch abends stattfanden, konnten auch Überstunden uns nicht davon abhalten, dieser Leidenschaft zu frönen. Getrunken wurde nie! Und wenn, dann Wasser, denn davon brauchte man reichlich. Die Cocktailbar der Tanzparties am Wochenende waren für uns immer nur stilechte Dekoration. Cocktails bestellen, dass taten fast ausschließlich die nichttanzenden Zuschauer, die eh schon an der Bar saßen. Eine Bierfahne meiner Tanzpartnerin hätte mich gestört. Und wieso noch zusätzlich berauschen, wenn man sich jetzt schon in der karibischen Kulisse wie auf der Bühne eines großen Tanzshow fühlte. Ich musste mir hier doch wahrlich nichts schön trinken.

      Ich bekam eher Angst bei dem Gedanken beschwipst die Contenance zu verlieren oder nicht mehr exakt zu führen. Bei aller Leidenschaft war ich kein Kind der Karibik. Hundert Prozent Empathie und Taktgefühl musste erst erarbeitet werden. Ich brauchte eine kleine gedankliche Unterstützung in diesem Punkt, um dazuzulernen. Das leistete in meinem Hirn nur der Neokortex, wenn er nicht trank. Denn im, auch präfrontalen Cortex genannten, Hirnteil ist unter anderem Erlerntes und Logik dauerhaft gespeichert.

      Alkohol spielte erst wieder mit der ersten Schwangerschaft meiner Frau eine Rolle. Ab dem zweiten Monat stellte ich sämtliche Sportaktivitäten ein. Es begann meine häusliche Periode. Die verordnete Auszeit viel mir schwer. Langeweile machte sich breit. Ich tat daraufhin, wovon meine Kollegen sagten, dass es jeder Bundesbürger tue. Ich verbrachte meine Feierabende vor dem Fernseher mit Wein (0,7 l). Nach einer Woche erhöhte ich auf zwei Flaschen für die Dauer von vier Wochen. Dann kombinierte ich eine Flasche Wein mit einem Flachmann (Korn 0,2 l) für einen Monat. Danach trank ich täglich zwei Flachmänner bis etwa zum Ende der ersten Woche des neunten Schwangerschaftsmonats. Der Sportdruck war enorm. Und oh Wunder, ich konnte in der Trinkpause abendliches Joggen durchsetzen. Der Druck machte es möglich. Zwei Tage nach der Geburt meines Sohnes habe ich weitere vier Wochen getrunken bis zum Abflug meiner Schwiegermutter. In dieser letzten Phase habe ich zwei Flachmänner und alle 2-3 Tage zusätzlich einen halben Flachmann getrunken. СКАЧАТЬ