Название: Tod im Kanzleramt
Автор: Stefan Koenig
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783738048872
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Yousef stand plötzlich neben mir. „Nun komm schon, Stefan!“ Er zog an meiner Hose.
Wir gingen in den behelfsmäßigen Partyraum – man könnte ihn jetzt Kantine nennen - zurück, wo Gaby im Flur auf uns wartete. Bevor wir die Stufen hinunter gingen, warf Peter Altmaier des guten Anstands halber einen bedauernden Blick auf den Baum, der in den oberen Partyraum gestürzt war. Dann glitten seine Blicke über Gabys Beine. Nein, er war kein Mann, den ich jemals richtig mögen könnte.
Ich ging in mein Büro und bat Gaby, einen Moment alleine bei Yousef zu bleiben. „Hör mal, Gaby, seht ihr beide doch mal nach, ob Yousefs Mama wach ist. Eigentlich ist sie ja eine Frühaufsteherin“, sagte ich.
Ich wollte ungestört mit meiner Frau telefonieren. Ich konnte mir selbst gegenüber zwar keinen konkreten Grund dafür angeben, aber ich wollte plötzlich, dass ich ihre Stimme hörte. Ich wollte hören, dass dort unten im hessischen Lowbrook mit dem Wetter alles in Ordnung sei.
„Nein, Stefan, wir hatten hier auch ein gewaltiges Unwetter. Ich werde lieber im Haus bleiben; vielleicht später im Garten aufräumen. Ansonsten ist alles in Ordnung“, erwiderte sie mir auf meine Frage. Alexas Stimme verriet mir, dass etwas absolut nicht in Ordnung war, aber sie wollte mich nicht beunruhigen. „Es sieht heute Morgen ganz so aus, als sei ich hier das Einzige, was nicht auf Elektrizität angewiesen ist.“
Ich hatte ihre Botschaft verstanden, versuchte es aber noch einmal: „Bist du sicher, dass alles okay ist?“
„Ganz sicher!“
Ich schickte ihr ein Kussi durch die Leitung. Ich stellte mir vor, wie sie jetzt ihr Gesicht zu mir emporrecken würde, um sich küssen zu lassen.
„Sei vorsichtig, Stefan. Was Du mir über den Abend und die Nacht erzählt hast, klingt nicht vertrauenerweckend.“
„Ich werd‘ bestimmt vorsichtig sein. Aber unsere Regierung hat ja eine Menge Dienststellen und Helfer, die alles wieder ins Reine bringen. Verlass dich drauf.“
„Trotzdem, sei schön vorsichtig“, ermahnte sie mich und erwiderte meinen Kuss durch das Telefonnetz.
„In Ordnung, Schätzchen.“
„Vielleicht gehe ich doch schon in den Garten. Die Wolkendecke reißt gerade auf und draußen ist eine Menge zu tun.“
Ich stellte mir vor, wie sie gleich schon im Garten hantieren würde. Sie würde ihre grüngummierten Gartenhandschuhe tragen und hätte in der einen Hand wahrscheinlich eine Baumschere, in der anderen einen Eimer. Sie wird ihren alten schlappen Sonnenhut tragen, dachte ich. Ich küsste noch zwei Mal laut in die Leitung, und sie küsste zurück.
Ich legte auf. Seitdem habe ich meine Frau nicht mehr gehört und gesehen.
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