Herzkalt. Joachim Kath
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Название: Herzkalt

Автор: Joachim Kath

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783847659020

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СКАЧАТЬ war es gar nicht er gewesen, der sie von der Schule abgeholt hatte. Vielleicht hatte er nur zufällig im selben Flugzeug nach Europa gesessen und besaß zufällig einen silbernen Mercedes. Eine Menge Zufälle, allerdings! Mein Tagesziel war, herauszufinden, ob er mit Drogen handelt.

      Es ist besser, ihn anzurufen, dachte ich mir. Aber nicht mit dem Handy, sondern von einer Telefonzelle aus. Ein paar Straßen weiter, an einem Platz mit kleinem Park fand ich noch eine dieser historischen Zellen, die sie in Albany behalten hatten, und wählte seine Nummer.

      „Hello, Bob!“ meldete ich vertraut.

      „Wer ist da?“

      „Ein alter Freund, wie du hörst!“

      „Wait a minute! Bert, it is your voice, right?”

      “Ich brauche Stoff”, sagte ich so cool wie möglich.

      „Bist du verrückt, mich hier anzurufen?“ (Er sagte „crazy“!)

      „Wenn du mir keinen Stoff gibst, lieber Bob, muss ich leider sehr bald ganz furchtbar an zu singen fangen! Ich bin schon auf Turkey, Mann! Und ich weiß, wo ich für meine Geschichte interessierte Zuhörer finde!“

      „Hast du Geld?“

      „Nein, aber Kredit!“

      „Bei wem?“

      „Bei dir!“

      „Ohne Moos – kein Stoff, das weißt du!“

      „Ohne Stoff wirst du bald die Welt vergittert sehen. Für ziemlich lange Zeit. Das sitzt du nicht auf einer Arschbacke ab!“

      „Du kannst mir nichts beweisen!“

      „Also sag schon, wann ich vorbei kommen soll! Sonst stell ich jetzt mein Kassettengerät ab und tue die Kassette in einen Briefumschlag, klebe ihn zu und werfe das nette Geschenk …“

      „Du verdammtes Schwein!“

      „Sag, was du willst, Bob, aber sag es ganz schnell!“

      „Okay, komm heute Abend!“

      „Heute Abend kann ich nicht, vielleicht Morgen oder Übermorgen!“

      „Ich dachte, du brauchst jetzt was!“

      „Ich hatte doch noch ein paar Briefchen im Saum meines Mantels! Ich ruf dich wieder an!“

      Dann hängte ich den Hörer ein. Die Information, die ich als ersten Schritt bekommen wollte, hatte ich: er dealte! Durch Zufall war meine Stimme ähnlich der eines seiner Bekannten, wahrscheinlich sogar Kunden, gewesen. Oder hatte er sich nur verstellt? War er nicht doch zu schnell auf meine Forderung eingegangen? Es war eine vertrackte und höchst unsichere Situation. Deshalb hatte ich versucht, erst einmal Zeit zu gewinnen.

      Wenn ich wirklich selbst hingehen wollte, brauchte ich eine Waffe. Aber ich hatte keine. Bis auf ein Klapp-Stilett, so ein Springmesser mit elf Zentimeter langer Klinge, ganz praktisch, wenn man mit einer Hand einen Lachs hält und mit der anderen das Messer öffnen und zustechen will. Doch auf einen Menschen damit einzustechen, selbst wenn es Notwehr wäre, traute ich mir nicht zu. Als Geschäftsmann bedient man sich gewöhnlich nicht körperlicher Gewalt. Nun gut, richtig gefährliche Waffen, also Schusswaffen in den USA zu kaufen, ist für Erwachsene kein Problem. Doch bisher hatte ich davon immer Abstand genommen, es war einfach nicht mein Ding.

      Meine eigene Rolle in diesem sich dramatisch entwickelnden Szenario blieb wohl doch besser eine beobachtende. Nicht, dass ich direkt feige gewesen wäre, das normale Maß an Zivilcourage hatte ich eigentlich immer aufgebracht. Mut hielt ich für eine der wichtigsten Tugenden. Meinen Schneid hatte ich mir nie abkaufen lassen. Doch mit Vorsicht und Bedachtsamkeit hier in diesem Fall zu Werke zu gehen, war sicherlich angebracht. Wem nützt ausgeprägte Tapferkeit vor einen überlegenen Feind? Die Generäle dieser Welt waren und sind allemal schlauer als ihre Soldaten.

      Außerdem: Wem sollte ich meine Beobachtungen mitteilen? Wen zur Hilfe rufen? Für die Polizei war keine Tat begangen worden. Ich spielte einen Moment mit dem Gedanken, alles hinzuwerfen und aufzugeben. Aber in vermeintlich ausweglosen Situationen kam mir regelmäßig ein Ausspruch meines alten Chefs in den Sinn: „If you panic, you are lost!“ Es galt auch hier strategisch zu denken und klare Gedanken zu fassen.

      Ich fuhr nach New York zurück, genauer nach Greenwich Village, in die Nähe des Washington Square. Dort kannte ich ein kleines, auf Französisch getrimmtes Restaurant namens „Village Bistro“. In dieser Gegend wurde seit Jahren versucht, mit Bäumen und schmiedeeisernen Zäunen die Zeit festzuhalten und eine Atmosphäre künstlerischer Freiheit zu schaffen. Eine Oase gegen den grauen Beton der Grundstücksspekulanten, die Künstler und andere sensible, oft auch labile Menschen, magisch anzog.

      Mein Plan war, hier Junkies zu finden, die noch nicht kriminalisiert waren. Rauschgiftsüchtige, die eben nicht zu den so genannten „Muggern“ gehörten, die jeden Tag eine alte Frau überfallen oder ein Autoradio samt Navi klauen, um sich ihre Tagesration Heroin beschaffen zu können. Jemanden also, dem man halbwegs würde vertrauen können und der trotzdem, für jeden Dealer erkennbar, süchtig war.

      Die Idee war folgende: Wenn ich einem Abhängigen Geld für Drogen gab und dafür Informationen verlangte, war das sicherlich nicht besonders moralisch, aber auf jeden Fall für ihn ein lukratives Geschäft. Gut, es kommt auf die Höhe der Summe an, doch er riskierte auch nicht viel. Viel weniger jedenfalls in Vergleich zu dem, was Menschen sonst bereit sind zu tun, um an ihren Stoff zu kommen. Die einzige Gefahr bestand darin, dass der Dealer Verdacht schöpfen könnte. Deshalb stellte ich mir für diese Sache einen Typ vor, der ein intelligenter Einzelkämpfer ist und nicht einer Gruppe angehört, die auf den Gedanken kommen könnte, ihn zu verpfeifen oder mich zu überfallen.

      Die Schwierigkeit bestand für mich darin, als ein in der Drogenszene Unkundiger eher zufällig auf jemanden zu treffen, der den skizzierten Vorstellungen einigermaßen entsprach. Ich musste ihm gewachsen bleiben, auch körperlich. Denn ein Abhängiger würde nicht zögern, jemanden zu erpressen oder auszurauben, vielleicht sogar zu ermorden, wenn er das Gefühl hätte, so an Kapital für seine Drogenkäufe zu kommen.

      Ich saß also in dem Restaurant vor meiner mit Käse überbackenen Zwiebelsuppe und beobachtet genau, aber überhaupt nicht aus den Augenwinkeln, wie es bei solchen Gelegenheiten oft unzutreffend heißt, die Nebentische und den Eingang. Maler mit grünen und orange Farbklecksen und Bildhauer mit Steinstaub auf den Jeans, saßen stilgerecht vor ihren Pernods. Man sah Baskenmützen, die schwarz gewesen waren und jetzt diesen blaugrauen Speckglanz hatten. Fast alle Leute hatten Nikotonfinger von ihren filterlosen Zigaretten. Sie lebten das Klischee bis zur Selbstaufgabe. Es vergingen fast zwei Stunden.

      „So muss es in Paris aussehen!“ dachte ich. Und gleichzeitig war ich mir sicher: Jedenfalls in der Vorstellung vieler Amerikaner. Wenn wir allerdings irgendwo auf der Welt hinkommen, sieht immer alles ganz anders aus als in unseren Hollywood-Filmen. Meistens weniger makellos. Diese Tatsache ärgert uns unbewusst und wir beginnen damit, es zu verwandeln. Sicherlich gibt es längst Hamburgers auf der Straße, deren Namen wir nicht richtig aussprechen können. Champs Elysee, so einfach ist das mit dem a und dem y nicht für uns. Mein Gott! Jane hatte sich so auf Paris gefreut. Auf das Original, das immer besser ist als die Kopie in Las Vegas. Aber auch teurer. Wer weiß, was sie bezahlen musste?

      „Noch frei?“ fragte mich ein Junge im feinen englischen Tweedanzug und deute auf einen der Stühle an meinem Rundtischchen. Ohne die Antwort richtig abzuwarten setzte er sich СКАЧАТЬ