Автор: Gustav Haders
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: gelbe Buchreihe
isbn: 9783752907704
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„Es sollte mich freuen, wenn du es tätest.“
„Ich werde ihr schreiben, dass du die vollen drei Monate, die dir noch von deinen Ferien übrig sind, hier bei mir verweilen wirst.“
„Was du sagst!“
„Und dass du während der Zeit jeden Sonntag hier die Andachten halten wirst.“
„Das weiß ich noch nicht.“
„Das weißt du doch. Also abgemacht. Ja?“
Ich zauderte noch. „Abgemacht!“ sagte Sims noch einmal und reichte mir die Hand. Ich nahm sie und sagte: „Abgemacht.“
„Dank dir!“ erwiderte Sims. „Ich gebe mich keinen Illusionen hin. Du bleibst nicht meinetwegen, sondern dieses Dohaschtidas wegen. Aber ich habe die Freude, dich hier zu sehen und deine Gegenwart genießen zu können.“
„Das ist hübsch von dir gesagt“, entgegnete ich, aber ich würde schwerlich dieses Indianers wegen hier bleiben, könnte ich nicht zu gleicher Zeit bei dir sein.“
„Mensch“, sagte hierauf Sims, „glaubst du wirklich, es sei möglich, mit einem Menschen, wie dieser Dohaschtida einer ist –“
Weiter kam Sims nicht. Eine Fensterscheibe klirrte, Glasscherben fielen aufs Fensterbrett und flogen ins Zimmer, und ein handgroßer Stein landete auf der Platte des Tisches, an dem wir saßen, und zertrümmerte einen kleinen Teller, auf den Sims gerade die Asche seiner Zigarre abstreifte. Wir sprangen von unseren Sitzen auf. Da, noch ein Stein, noch einer, vier, sechs, acht und mehr Steine flogen durch die Fenster ins Zimmer. Die sämtlichen Scheiben der vier großen Fenster, die das Zimmer hatte, waren zerbrochen: Scherben, Steine lagen überall auf dem Fußboden, den Stühlen, Tischen usw. Wir flüchteten an die den Fenstern gegenüberliegende Wand des Zimmers, um nicht von einem der Steine oder den Scherben getroffen und verletzt zu werden. Es war nicht mehr nötig; das Werk war getan, das man beabsichtigt hatte. Es folgten keine weiteren Steinwürfe.
Wir sahen einander sprachlos an. Da ermannte sich Sims. Er rief mir zu: „Komm, schnell, komm mit!“ Er lief zur Tür hinaus, und ich folgte ihm. Sims lief zur Vordertür des Hauses hinaus, die zugleich Eingangstür zu seinem Zimmer war, die Front des Hauses entlang, um die eine Seitenwand herum und dann quer über den weiten Rasenplatz, der das Wohnhaus von dem Schlafhause der großen Jungen trennte. Mitten auf dem Rasenplatz holte ich Sims ein.
„Wo willst du hin?“ fragte ich.
„In den Schlafsaal der großen Jungen!“ keuchte er. „Das haben etliche der großen Jungen getan. Wir müssen dort anlangen, ehe sie wieder in ihren Betten liegen, wenn wir sie ertappen wollen. Es wird schon zu spät sein. Hosen sind schnell abgeworfen, und weiter werden die Jungen sich nicht angezogen haben, um uns diesen niederträchtigen Streich zu spielen.“
Ja, wir kamen zu spät. Als wir im Schlafsaal der großen Jungen anlangten, waren die sämtlichen Betten gefüllt, und alle, die darin lagen, schienen fest zu schlafen. Wenn Sims mit seiner Annahme recht hatte, dass etliche der Jungen die Steinewerfer waren, so stellten sie sich schlafend; Zeit, ihre Hosen abzustreifen und unter ihre Decken zu kriechen, hatten sie bis zum Augenblick unseres Eintritts genügend gehabt.
Unverrichteter Sache verließen wir den Schlafsaal und gingen langsam dahin zurück, woher wir gekommen waren.
„Wem galten diese Steinwürfe?“ fragte ich, „dir oder mir?“
„Wie sollten sie dir gelten können?“ meinte Sims.
„Wenn ich an das denken, was Dohaschtida mir gesagt hat, so liegt der Gedanke, dass es so sei, nicht außer dem Bereich der Möglichkeit. Die größeren Jungen, die ihr hier habt, sind ja schon halbe Männer. Es wäre nicht unmöglich, dass meine Worte ähnlichen Eindruck auf sie gemacht hätten, wie auf Dohaschtida, und dass sie gleichen Groll wider mich gefasst hätten, wie er ihn fasste.“
„Mach dir doch nicht solche Gedanken!“ sagte Sims abwehrend. „Die jungen haben sich über irgendetwas geärgert und haben auf diese Weise ihren Ärger gegen uns und die Schule, die sie nun einmal hassen, und von der sie nichts wissen wollen, Luft gemacht. Das ist alles, was dahintersteckt. Es ist gar nicht nötig, die Sache irgendwie tragisch zu nehmen. Wir sind an derartige Ausbrüche des Unwillens der Indianer gewöhnt.“
Es war ja ganz nett von Sims, dass er so redete, und er meinte auch wohl, was er sagte; aber vollständig überzeugen und beruhigen konnten mich seine Worte nicht.
Als wir beim Hause anlangten, sagte ich: „Ich denke, wir trennen uns hier. Es ist Zeit, dass wir uns zur Ruhe begeben.“
Sims erwiderte: „Wir hätten schon noch eine Stunde plaudern können, aber hier draußen ist’s zu kühl, und in meinem Zimmer ist’s jetzt nicht gemütlich.“ Er lachte, reichte mir die Hand, und wir begaben uns zur Ruhe.
* * *
Ein Zeitungsausschnitt
Schon vor Tagesgrauen hatte Sims die sämtlichen großen Jungen aus den Betten geholt, und als er um acht Uhr zum Frühstück erschien, wo wir uns zuerst sahen, denn ich hatte lange geschlafen, konnte er mir berichten, dass die Fenster bereits wieder eingesetzt seien und dass in seinem Zimmer alles in alter Ordnung sei.
„Hast du keine Spur von den Tätern entdeckt?“ fragte ich.
„Nein“, sagte Sims, „du kannst gern laut reden, die Herren und Damen wissen bereits alle, was vorgefallen ist. Wir werden die Täter auch nicht entdecken können. Von uns Weißen hat niemand etwas gesehen, und von den Indianern würde niemand etwas sagen.“
Hiermit war die Sache erledigt.
Nur einer der anwesenden Herren, der „Disciplinarian“ der großen Knaben, sprach noch die Meinung aus, je weniger man aus der Sache mache, desto besser sei es. Man müsse bei den Jungen den Gedanken wecken, dass sie mit so etwas niemanden ärgern könnten, dann würden sie es weniger leicht wiederholen.
Am Abend, als Sims und ich wieder in meinem Zimmer zusammen waren, kam unser Gespräch auf Dohaschtida zurück. Die Art, in der ich über ihn redete, mochte wohl etwas übertrieben sein, und die Hoffnungen, die ich in Beziehung auf sein künftiges Verhalten laut werden ließ, etwas weitgehend erscheinen. In meiner schwärmerischen Schilderung verstieg ich mich dazu, zu behaupten, dass in Dohaschtida etwas von der Stärke des Mars und der Schönheit Apollos sei, dass er mich in seinem Wesen an die Härte eines Achilles und die Weichheit Hektors erinnere, und dass ich die feste Hoffnung habe, dass er, herausgerissen aus den Banden des Heidentums, eines Tages unter seinem Volke wirken würde wie der große Täufer in der Wüste, und die der andere Johannes, der an des Herrn Brust lag, den der Herr lieb hatte, und – und der den Herrn und die Menschen liebte.
Sims hörte mir beständig lächelnd zu. Schließlich sagte er, seine letzten Worte vom vorigen Abend fast wörtlich wiederholend: „Mensch, glaubst du wirklich, es sei möglich, mit einem Menschen, wie dieser Dohaschtida einer ist, etwas anzufangen? Niemals wird etwas aus ihm СКАЧАТЬ