Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig Bechstein
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Название: Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen

Автор: Ludwig Bechstein

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783742749215

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СКАЧАТЬ lange schon still

       lauernd seitwärts gegenüber auf der Turmzinne gesessen,

       jetzt sah er das Fenster sich öffnen, sah des Pfaffen

       ihm wohlbekanntes Käppchen zum Vorschein

       kommen, und fuhr im Nu hin, und krallte seiner Meinung

       nach den Pfaffen heraus, und schmetterte ihn ins

       Tal, und fing die Seele auf. Herrgott, was der Teufel

       für einen Zorn hatte, als er von einer Tochter Evas

       sich überlistet sah und statt einer Pfaffenseele eine

       Eselsfüllenseele in den Klauen hielt! –

       80. Der Stiefel voll Wein

       Auf dem Steine, wo nun fortan dieser Rheingraf fröhlich

       hauste, ging es zum öftern gar hoch her. Da saßen

       eines Abends die Wild- und Rheingrafen und eine

       große Schar Ritter von den Nachbarburgen im Saale

       beisammen und zechten baß, und die Humpen kreisten.

       Da saßen Ritter von Sponheim, von Dhaun, von

       der Ebernburg, von Flörsheim, von Stromberg und

       tranken scharf und fest. Jetzt hob der Rheingraf einen

       mächtigen Reiterstiefel auf den Tisch und goß den

       voll Weines und rief: Wer diesen Humpen leert auf

       einen Zug, dem soll Hüffelsheim zu eigen sein mit

       Wonne und Weide und aller Zubehör! – Des verwunderten

       sich die Mannen und mocht sich's keiner vermessen,

       schien ihnen allen der Schluck doch zu groß,

       und selbst der Burgpfaff, der etwas zu leisten vermochte

       in guten Trünken, und mancher andere Wakkere

       wagten sich nicht daran. Da saß auch ein alter

       Zecher im Kreise, Ritter Boos von Waldeck, der sah

       die andern alle der Reihe nach an und wartete, ob

       einer den Stiefel leeren wolle, und da es keiner tat, da

       faßte er ihn in die Hand, und ließ den Wein rinnen in

       seinen Schlund, und trank ihn leer bis auf die Nagelprobe,

       und dann sagte er: Lieber Rheingraf, dein Hüffelsheim

       schmeckte gut, wie wär' es nun mit Waldbö-

       kelheim? Der Mensch kann doch nicht in einem Stiefel

       gehen? – Aber der Rheingraf wollte nicht noch

       einen Ort an eine Rittergurgel verlieren und schwieg

       stille. Darnach ist das Sprüchwort aufgekommen: Der

       verträgt einen guten Stiefel.

       81. Der wilde Jäger

       Der Wild- und Rheingrafen einer war ein gewaltiger

       Jäger, aber nicht wie Nimrod vor dem Herrn, sondern

       so recht vor dem Teufel. Einen Tag und alle Tage

       ging es hinaus in die Forste, mit wildem, wüstem Gefolge.

       Werktag und Feiertag, das war dem Grafen

       alles gleich, in die Kirche ging er nicht, und die Pfaffen

       achtete er nicht, nur Jagen war seine Freude. Da

       geschah es eines Sonntagmorgens, daß der Wild- und

       Rheingraf abermals vom hohen Stein mit dem Gefolge

       seiner Jagdknechte und Rüden herab zu Tale zog,

       mit Horrido und Hussassa, wie der Dichter singt,

       durch Felder und Saaten, nichts achtend, niederstampfend

       in den Boden junge Saat und reife Ähren. Es

       währte nicht lange, so brachten die Hunde einen großen

       weißen Hirsch auf, dessen Spur sie nun mit lautem

       Kliffen und Klaffen folgten, und die Hifthörner

       klangen, die Hetzpeitschen knallten, daß es nur so

       sauste und brauste, immer dem Hirsch nach. In allen

       Tälern riefen die Kirchenglocken zu Gebet und Amt,

       der Wildgraf hörte es gar nicht. Ein Bäuerlein, in dessen

       Feld der fliehende Hirsch sich zu bergen suchte,

       sah den Troß auf sein Feld losjagen und fiel auf die

       Knie und flehte, seines Ackers, des einzigen, welchen

       es besitze, doch gnädiglich zu schonen – der Wild-

       und Rheingraf überritt den Bauer und stürmte mit

       dem ganzen Jagdtroß über den Acker hin. Der fliehende

       Hirsch mischte sich unter eine weidende Herde, da

       Sicherheit zu suchen – der Hirte sah die wilde Jagd

       annahen und flehte um Barmherzigkeit für das ihm

       anvertraute Vieh – der Wild- und Rheingraf knallte

       ihm mit der Peitsche um die Ohren und schrie: Hui

       hatz! hui hatz! – da fiel die blutgierige Meute mit wütenden

       Bissen den Hirten an, und rissen ihn nieder,

       und bissen die Rinder tot, und jagten den Hirsch weiter.

       Dieser gewann einen Wald, dessen friedliche

       Sonntagsstille jetzt gellend laut der Zug des wilden

       Jägers durchtobte.

       Im Walde stand eine Einsiedlerklause, und in diese

       floh jetzt der auf den Tod gehetzte Hirsch. Der Wildund

       Rheingraf stürmte mit seinem Troß gegen die

       Klause an – der Klausner, ein Greis mit schneeweißem

       Bart, trat heraus und hob warnend die Hand.

       Nicht weiter! rief er mit starker Stimme. Hier ist das

       Asyl der Kreatur! – In der Hölle ist dein Asyl, du alter

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