Название: Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen
Автор: Ludwig Bechstein
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
isbn: 9783742749215
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(andere sagen Oberbeerbach), wo die Frankensteiner
schöne Grabmäler haben, und hat auch ein stattlich
Monument erhalten im Harnisch mit Schwert und
Streithammer, lebensgroß. Auf den Lindwurm, der
seinen Schweif nach der Kniekehle richtet, tritt er,
und Engel krönen ihn, ein echtes Bild des christlichen
Märtyrers und Heiligen Ritter St. Georg.
61. Das Frankensteiner Eselslehen
Zu Darmstadt hat es vorzeiten gar böse Weiber gegeben,
wollen hoffen, daß jetzt bessere darinnen sind.
Diese damaligen Weiber prügelten ihre Männer, wie
die Sage geht, nach Noten und so arg, daß die Männer
sich ihrer Weiber und der Schläge nicht anders erwehren
konnten, als daß sie Hülfe bei denen von Frankenstein
über Bessungen suchten. Denen gaben die
Darmstädter alljährlich zwölf Malter Korn, zwei Gulden
und zwei Hessen-Albus Geld, dafür hielten die
Frankensteiner einen Esel, den sandten sie jedesmal
mit gutem handfesten Geleit, wenn er zur Stadt begehrt
wurde, und auf sotanem Esel mußte das Weiblein
reiten, das seinen Mann geschlagen, und zwar
durch die ganze Stadt. Hatte die Frau den Mann geschlagen
unversehens oder war dieser krank und seiner
Kräfte nicht mächtig, so führte der Geleitsmann
den Esel, hatte es aber zwischen Mann und Frau einen
offenen und ehrlichen Kampf gesetzt und er von ihr
das Beste abbekommen, so mußte der Mann zu seinem
großen Schimpf den Esel selbst führen. Zu dieser
Zeit ward das Recht und die Sitte gar streng gehandhabt
zu Darmstadt, denn es war allda ein Bürgerausschuß,
der übte die Polizei und war sehr gefürchtet
von allem losen Gesindlein, das nannte ihn, weil er
aus hundert Beisassen bestand, das böse Hundert. Da
geschah es, daß einmal eine ganze Gesellschaft – ein
Kränzchen würde man es heutiges Tages nennen –
böser Weiber sich zusammentat, die Männer weidlich
schlug, und da haben die Männer des bösen Hunderts
an die Frankensteiner geschrieben, daß sie ihnen eilend
nach dem Recht und Gesetz des Burglehens mit
dem Esel möchten zu Hülfe kommen mit seinem Geleitsmann,
und sie wollten beiden, dem Mann und
dem Esel, ihren Stadtboten entgegenschicken, daß der
beide herein nach Darmstadt geleite, sollten genugsam
Mahl und Futter haben, und wenn sie den Esel
gebraucht in ihren Nöten, so sollten beide wieder kostenfrei
zurückgeleitet werden, damit daß die übermütige,
stolze und böse Weibesgewalt möge unterdrückt
werden und nicht weiter einreißen.
Und auch hernachmals ist solche Strafe noch öfter
zu vollziehen nötig gewesen, und andere Orte der
Nachbarschaft haben den Esel auch nötig gehabt, wie
Pfungstadt, Niederramstadt, Crumstadt, Goddlau
usw., und Bessungen allein ist denen Rittern von
Frankenstein hundert Malter Korn vom Eselslehen
schuldig geblieben, daher liehen sie ihnen auch den
Esel fürder nicht mehr, mochten ihre Weiber die Bessunger
noch so sehr schlagen.
62. Das goldne Mainz
Mainz, die uralte Römerstadt nahe dem Zusammenströmen
des Rhein und Main, von welch letzterm sie
den Namen hat, wurde auch, gleich der aurea Roma,
golden genannt, und eine angebaute Berghöhe über
der Stadt empfing den Namen die goldne Luft. Viele
haltlose Fabeln sind aufgebracht worden, wovon der
Name der Stadt herzuleiten, während doch nichts
näher lag als der Nachbarstrom. Die Römer gründeten
dort Werke, deren Trümmer noch sichtbar sind, deren
Name noch forthallt. Ein noch dauerbareres Werk,
das Christentum, in Mainz eingeführt und befestigt,
führte die Stadt zu hoher Blüte. Winfried Bonifazius
wurde der erste Erzbischof zu Mainz, durch ihn und
seinen mächtigen Einfluß ward der Grund gelegt, daß
der Erzbischofsstuhl in dieser Stadt der bedeutendste
in Deutschland wurde, und daß der Erzbischof von
Mainz später zugleich des Reiches Kurfürst, der erste
Mann nach dem Kaiser war. Doch soll Winfried nicht
allezeit die Pracht und Macht gutgeheißen haben, die
in der Kirche immer höher stieg, sondern vielmehr gesagt
und geklagt haben: Vordessen waren die Priester
golden und bedienten sich hölzerner Kelche, in unsern
Zeiten aber bedienen sich hölzerne Priester goldner
Kelche – und Spruch wie Sache vererbten sich so fort
durch alle kommenden Zeiten, nicht nur im goldnen
Mainz.