Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen. Ludwig Bechstein
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Название: Deutsches Sagenbuch - 999 Deutsche Sagen

Автор: Ludwig Bechstein

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783742749215

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       Viele sagen zwar, es sei des Lindenschmieds Geist,

       der so ruhelos ziehe, und von dem am Rhein alte Lieder

       gehen, aber der Lindenschmied war ein Schnapphahn,

       den Kaspar von Freundsberg gefangennahm,

       und lange vor seinem Leben war der Rodensteiner

       zum Auszug und Kriegsherold bis zum Jüngsten Tage

       verwünscht worden.

       54. Eginhart und Emma

       Kaiser Karl der Große hatte einen jungen Kapellan,

       Eginhart geheißen, der ihm auch als Geheimschreiber

       treulich diente, und von welchem jenes großen und

       mächtigen Kaisers Leben beschrieben worden ist.

       Dieser liebte des Kaisers Tochter Imma oder Emma

       und wurde von ihr heftig wiedergeliebt, doch fürchteten

       sich beide, dem mächtigen Herrscher Karl ihre

       Leidenschaft zu entdecken, weil Imma bereits dem

       Könige von Byzanz verlobt war. Da geschah es, daß

       Eginhart in einer Nacht zu Imma kam und mit ihr von

       ihrer Liebe redete, bis der Morgen fast zu grauen begann.

       Aber während die Liebenden heimlich beisammen

       waren, fiel ein starker Schnee, und als Eginhart

       von seiner Geliebten hinweggehen wollte, da er über

       den Hof der Kaiserpfalz zu Ingelheim, wo sich dieses

       zutrug, wandeln mußte, erschraken beide sehr, denn

       sein Fußtritt von ihrem Gemach aus mußte ihn ohnfehlbar

       verraten. Da ersann Imma eine List, sie gürtete

       sich und trug den Geliebten auf ihrem Rücken

       durch den Schnee über den Burghof bis zur Stelle, wo

       er sicher war, und kehrte dann, in ihre eigenen Fußtapfen

       vorsichtig tretend, wieder zurück. Alles war

       still, und alles schlief, nur der große Kaiser nicht.

       Dieser wachte und sah aus seinem Gemach hinab in

       den Schloßhof und erkannte mit Schmerz die eigne

       Tochter – doch er schwieg. Der junge Kanzler aber

       gelobte sich nach der ertragenen Angst, des Kaisers

       Hof zu verlassen, kniete nieder vor seinem Herrn und

       bat ihn zu entlassen. Da der Kaiser nach der Ursache

       solcher Bitte fragte, so wandte Eginhart Mißmut vor,

       sein Dienst werde ihm nicht gehörig vergolten, und

       was er sonst für Ausreden brauchte. Der Kaiser versprach

       dem Jüngling baldigen Bescheid, setzte aber

       ein Gericht an, zu dem er seine weisesten Räte und

       Richter berief, und trug ihnen vor, was sich begeben

       habe, und was er mit Augen gesehen; heischte nun, da

       er in eigner Sache nicht Richter sein wollte, ihren Rat

       und ihr Urteil. Da stimmten die Räte und Richter fast

       allzumal für Milde und Verzeihen, und der große

       König, ob er auch im Herzen zürnte, mußte ihnen zuletzt

       beistimmen. Darauf ließ er seinen Schreiber vorfordern

       und sprach zu ihm: Schon lange hätte ich

       deine Dienste besser vergolten, hättest du mir früher

       dein Mißvergnügen entdeckt, nun will ich dir meine

       Tochter Imma zur ehelichen Frau geben, welche dich

       hochgegürtet so williglich durch den Schnee getragen

       hat. Und sandte nach der Tochter, und Imma kam mit

       hohem Erröten und ward ihrem Herzgeliebten alsobald

       angetraut. Der Kaiser begabte seine Kinder reich

       mit Ortschaften, Waldungen und Feldern und hielt

       Eginhart gar hoch in seinem Herzen. Als aber der

       große Kaiser verstorben war, da sehnte Eginhart sich

       vom Hofe hinweg mit seiner lieben Imma in beschauliche

       Stille, und König Ludwig der Fromme, Karols

       Sohn, begabte ihn mit zwei königlichen Villen im

       Odinwald, die hießen Michlinstadt und Mühlenheim.

       Nach einer Reihe glücklich verlebter Jahre wandte

       sich das Herz der Verbundenen mehr und mehr dem

       Himmel zu. Michlinstadt schenkten sie dem berühmten

       Kloster Lorsch, von dem überkamen es die Schenke

       von Erbach, die später Reichsgrafen wurden. Beide

       lebten fortan geistlich, nur noch als Bruder und

       Schwester verbunden; Eginhart ließ sich die Priesterweihen

       erteilen und erbaute eine Kirche mit Klosterzellen

       zu Obermühlheim, ließ dorthin heilige Leiber

       aus Rom kommen, und als seine Imma verstorben

       war, ließ er sie in seinem Kloster beisetzen, dessen erster

       Abt er wurde. Selig sei die Statt, wo du ruhest,

       sprach er an der Asche der Treugeliebten, und wo wir

       in Liebe Selige gewesen – und fortan wurde der Ort

       Seligenstadt genannt.

       Andere sagen, Karl der Große habe die Liebenden

       von seinen Augen verbannt und verstoßen, und sie

       haben lange dort um Seligenstadt in einer Waldeinöde

       beisammengewohnt, bis der Kaiser auf einer Jagd sie

       einst unvermutet wiedergefunden und aus Freude jene

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