BePolar. Martha Kindermann
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Название: BePolar

Автор: Martha Kindermann

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия: BePolarTrilogie

isbn: 9783748590385

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СКАЧАТЬ ganz nach vorn an die Sofakante, um mich schnell trösten zu können. Ich berichte ihr vom Park, von dem Auto und Tariks Hacky Sack, dass er nun im Koma liegt, weil er eine Gehirnschwellung hat und dass wir im Moment nur abwarten können.

      Meine Schwester senkt den Kopf und überlegt. Es vergehen einige Schweigeminuten, bevor ich sie anspreche.

      »Rhea«, ich versuche, nicht all zu verzweifelt zu klingen, »könntest du dich im Krankenhaus ein wenig umhören und mir dann in der Dummievariante erklären, was es mit dieser Gehirnschwellung auf sich hat? Wenn ich es verstehe, kann ich seiner Familie am besten helfen. Irgendwas muss es für mich zu tun geben. Ich werde auf keinen Fall hier herumgammeln, in Selbstmitleid ertrinken und warten, bis Fenja völlig den Verstand verliert.« Meine Augen werden feucht und es kann nicht mehr lange dauern, bis – scheiße, es ist einfach zu scheußlich. Dann heule ich eben. Ganz egal, ich werde heulen, bis ich keine Tränen mehr habe. Warum Tarik? Meine Wangen sind heiß, doch daran sind nicht die Tränen schuld. Wut steigt in mir auf und bringt mich im wahrsten Sinne des Wortes zum Kochen. Ich muss diesen Autofahrer aufspüren und zur Rede stellen. Wie kann man nur so fahrlässig sein und einen Jungen über den Haufen fahren, der sein ganzes Leben noch vor sich hat. Ich hoffe, die Gewissensbisse bringen ihn um den Schlaf. Nein, in Wahrheit wünsche ich ihm schreckliche Krankheiten und – doch ich komme gar nicht mehr zum Nachdenken. Rhea stellt ihr Glas auf den Couchtisch und geht vor mir auf die Knie.

      »So, jetzt beruhige dich erst einmal, Süße.« Sie tätschelt mein Knie und nimmt mein Kinn zwischen Daumen und Zeigefinger. »Niemand kann dir die Frage nach dem Warum beantworten, am wenigstens ich. Hier sind höhere Mächte am Werk.« Ich sehe in ihre grünen Augen und lasse mich überzeugen. »Tarik wird nicht gesund, in dem du Vergeltungsschläge planst.« Manchmal ist Rhea wirklich gruselig oder sie kennt mich einfach zu gut. »Es ist unklar, ob Komapatienten ihre Umgebung wahrnehmen können, aber das Gegenteil hat auch noch kein Wissenschaftler bewiesen. Also halte seine Hand, spiel ihm gute Musik vor oder sei in Gedanken bei ihm. Egal, es spielt keine Rolle. Sei eine Freundin. Für alles andere hat er Ärzte und die Familie. Vertrau mir einfach, sie tun ihr Bestes. Jeden verdammten Tag.« Mit gequältem Blick schiebt sie sich zurück aufs Sofa. »Aua, die Knie sind eingerostet.« Ich muss schmunzeln. Meine Schwester schafft es, auch in ausweglosen Situationen die Laune zu heben. »Ich kümmere mich, versprochen. Morgen weiß ich mehr und ich werde auch Entin mit ins Boot holen, wenn das für dich in Ordnung ist.« Ohne darüber nachzudenken, willige ich ein.

      »Es ist mehr als in Ordnung. Danke!« Ich schmiege mich an sie und wir schalten den Fernseher ein. Um diese Uhrzeit ist dies keine gute Option, aber es sorgt für Ablenkung.

      »Abendbrot!«, die Stimme meiner Mutter erklingt in unmittelbarer Nähe. Ich öffne die Augen und sehe die Essensglocke direkt vor dem Gesicht hin und her baumeln. Ich liege auf dem Schoß meiner großen Schwester und unsere zerknautschten Gesichter gleichen einander wie ein Ei dem zweiten. Wir sind wohl eingeschlafen. Mama schaltet die Glotze ab und malt mit ihrem Zeigefinger eine imaginäre Uhr auf ihr Handgelenk. Sechs Uhr – Abendbrotzeit. Pünktlichkeit wird in unserer Familie großgeschrieben, vor allem, wenn es um die Mahlzeiten geht.

      Beim Essen herrscht betretenes Schweigen. Mama stiert ununterbrochen auf ihren Teller, Papa hält sich die Tageszeitung vors Gesicht und Rhea gibt vor, aus dem Fenster zu schauen, während sie mich beobachtet. Egal, wie seltsam die Situation für einen Außenstehenden wirken mag, ich bin dankbar, die Geschehnisse des Tages nicht schon wieder aufwärmen zu müssen.

      Nachdem der Tisch abgeräumt und die Spülmaschine bestückt ist, verabschiede ich mich. Noch bevor der gemütliche Teil des Abends beginnt, flüchte ich in mein Zimmer, um den anderen den mitleiderregenden Anblick zu ersparen. Keine zehn Minuten später liege ich mit verquollenen Augen im Bett und lösche das Licht. Meine Gedanken sind bei Tarik, seiner Familie und Fenja. Wenn ich ihnen allen diese Nacht nur ein wenig erträglicher machen könnte. Leider verfüge ich weder über eine Zeitmaschine, um den Unfall in der Vergangenheit zu verhindern, noch habe ich ein Allheilmittel gegen schwere Kopfverletzungen oder große Traurigkeit. Mir bleibt also nichts anderes übrig, als in den Schlaf zu finden und all meine Daumen ganz fest zu drücken.

      Tag 3

      Das grelle Weiß der Neonlampen brennt in meinen Augen und ich brauche einen sehr langen Moment, um sie zu öffnen. Rumms – klar, ich weiß, wo ich mich befinde.

      »Caris, ist alles okay bei dir?«, rufe ich in die andere Ecke des Raumes. Sie liegt, wieder einmal, vor ihrem Bett mit dem Gesicht auf dem Boden.

      »Bestens, ich habe nur den Dreh noch nicht so ganz raus.« Von welchem ›Dreh‹ sie da faselt, ist mir zwar schleierhaft, aber heute gibt es Wichtigeres zu erledigen: die Terminals. Es ist eine einzigartige Gelegenheit, die wir unter keinen Umständen aufschieben können. Den groben Plan für die Gestaltung der großen Halle habe ich bereits in meinem Kopf und hoffe nun, dass die Grenzen der Technik mir nicht im Wege stehen. Da fünfzehn verschiedene Versionen unseres Aufenthaltsraumes entstehen sollen, wird die Akademie über einen gigantischen virtuellen Speicher verfügen, den wir nun füttern werden.

      Wir verlassen das Zimmer, schnappen uns die Rucksäcke und sind im Handumdrehen am Objekt der Begierde angelangt. Das Terminal sieht nicht sonderlich eindrucksvoll aus, doch aus Respekt vor den Möglichkeiten nähern wir uns langsam und bedächtig. Die zwei Meter hohe, weiße Säule ist mit einem überdimensionalen Touchscreen ausgestattet, welcher kontinuierlich die Farbe wechselt. Von Dunkellila bis Zitronengelb ist alles dabei und es fällt schwer, die Augen abzuwenden. Caris tritt einen Schritt näher und fügt sich perfekt in das bunte Farbenspiel ein.

      »WILLKOMMEN. CARIS ENGEL.« Das Terminal spricht zu ihr. Wow, das kam unerwartet. Eine warme Männerstimme lullt uns geradezu ein. Meine Freundin schluckt die Nervosität hinunter und antwortet mit piepslicher Stimme:

      »Ja?«

      »LEGE DEN RECHTEN DAUMEN AUF, UM DEINE IDENTITÄT ZU BESTÄTIGEN.« Sie tut, wie ihr befohlen und sofort wandelt sich die Hintergrundfarbe in ein Limettengrün. »PERSONIFIZIERUNG ABGESCHLOSSEN. DU BIST NUN EINGELOGGT.«

      Eine sehr überschaubare Maske öffnet sich und teilt den Bildschirm in mehrere Unterpunkte ein. ›Stundenplan, Dozentenverzeichnis, Lageplan, Entwurf große Halle, Hilfe und Kontakt.‹ Das System wählt eigenständig und öffnet das passende Programm. Eine dreidimensionale und um dreihundertsechzig Grad drehbare Ansicht des Raumes wird sichtbar. Am unteren Ausschnitt sind diverse Extras vorgefertigt, die per Touch in den kahlen Raum gezogen werden können. Stühle, Tische, Sofas, Pflanzen, Tapeten, und unendlich viele Möglichkeiten, eigene Skizzen oder Anregungen in leere Felder einzufügen. Eine nette Spielerei. Als Caris ihren Entwurf wenig später bestätigt, spuckt der Computer eine weiße Plastikkarte aus. »KARTE BEIM BETRETEN DES RAUMES DURCH DEN SCANNER ZIEHEN.« Verstanden.

      »Du bist dran, Roya.« Das muss mir niemand zweimal sagen, denn ich spüre schon eine Ewigkeit das Kribbeln in den Fingern.

      »HALLO, ROYA ROTH.« Cool, der Typ hat einen größeren Wortschatz, als ich annahm. »SCANNE NUN DEINEN FINGERABDRUCK EIN.« Gesagt, getan. Bam! Der Hintergrund färbt sich Sonnenblumengelb und zeigt mir ebenfalls die Möglichkeiten des Hauptmenüs auf. Mit einem Wisch schicke ich mir selbst den Lageplan auf mein Tablet, stelle ernüchternd fest, dass der Stundenplan völlig leer ist und öffne das Designtool.

      Ich könnte stundenlang Möbel rücken, die Wände übertünchen oder Pflanzen wachsen lassen, aber dazu fehlt mir im Augenblick die Zeit. Also gestalte ich alles im klassischen Schick mit sinnvoll eingeplanten Accessoires. Vor einer goldenen Wand entsteht eine Sofalandschaft in edler Lederoptik. Kleine Tische und Hocker laden zum Verweilen und Quatschen ein. Zwei Milchglasfronten trennen die Wohlfühlzone vom Rest der Halle und sorgen so СКАЧАТЬ