Название: Performative Zugänge zu Deutsch als Zweitsprache (DaZ)
Автор: Alexandra Lavinia Zepter
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: narr studienbücher
isbn: 9783823303428
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Wir interpretieren Fischer-Lichtes Grundgedanken zu den vier Aspekten im Folgenden auf der Basis möglichst einfacher Beispiele (vgl. ebd.: 299):
1 Zum Aspekt der Inszenierung: Beim Theater betrifft die Inszenierung die Art und Weise, wie ein Stück in Szene gesetzt wird. Denken Sie z. B. an ein bekanntes Drama wie Goethes Faust, das Sie eventuell selbst bereits in verschiedenen Inszenierungen auf der Bühne erlebt haben. Durch eine spezifische Rollen- und Raumgestaltung, zeitliche Verortung etc. kann ein Stück grundsätzlich sehr unterschiedlich inszeniert werden. Ein Kunstwerk/ein von Menschen im Alltag hervorgebrachtes Produkt ist performativ, wenn seine Entstehung inszenierte Handlungen involviert.
2 Zum Aspekt der Korporalität: Ein theatrales Kunstwerk wird von handelnden Menschen hervorgebracht, die die Handlungen mit ihrem Körper (ihrer Stimme, ihrer Mimik und Gestik, ihrer Körperhaltung und Bewegung, ihren Emotionsausdrücken etc.) gestalten. Ein Kunstwerk/ein von Menschen hervorgebrachtes Produkt ist performativ, wenn seine Entstehung körperlich (= korporal) vollzogene Handlungenkörperlich (= korporal) vollzogene Handlungen integriert.Abb. 1.9:Theatralität und Performativität
3 Zum Aspekt der Wahrnehmung: Das theatrale Kunstwerk braucht für seine Entstehung zwingend auch Publikum, das das Entstehende wahrnimmt und durch seine Reaktionen, ggf. auch durch ein Eingreifen den Handlungsvollzug mit beeinflusst. Ein Kunstwerk/ein von Menschen hervorgebrachtes Produkt ist performativ, wenn es für Zuschauende/Zuhörende realisiert wird, so dass sich die Bedeutung u.a. in (zeitlich gebundener) Wahrnehmung konstituiert.
4 Zum Aspekt der Aufführung/Performance: Ein Theaterstück wird ‚auf die Bühne‘ gebracht und existiert nur in diesem räumlichen und/oder zeitlichen Miteinander von handelnden Schauspielenden und körperlich anwesenden Zuschauenden/Zuhörenden bzw. in der Präsentation auf der Bühne. ‚Bühne‘ ist dabei im weitesten Sinne zu verstehen und kann auch eine spontan improvisierte Form haben. Ein Kunstwerk/ein von Menschen hervorgebrachtes Produkt ist performativ, wenn es handelnd vollzogen und die Handlungen aufgeführt/präsentiert werden.
Alles in allem zeigt die skizzierte kunsttheoretische Perspektive auf den Begriff der Performativität eine Bezugnahme auf Handlungsvollzüge, die die Handlung und das Miteinander-Handeln als zentrale Bedingungen für das Hervorbringen von Kunst und Kultur erfasst. Generell wird ein ganzheitliches – kognitive und körperlich-sinnliche sowie ästhetische Dimensionen mit einbeziehendes – Verständnis von Handeln, Miteinander-Handeln und dann auch von Sprechen und Sprachgebrauch vorausgesetzt. Es ist diese Perspektive, die sich auch in verschiedenen pädagogischen und fachdidaktischen Diskursen finden lässt. Dort wird sie in ihrer Relevanz für Lernprozesse, im Besonderen auch sprachliche Lernprozesse, ausgedeutet.
1.4 Zwischenfazit: zwei Bedeutungsvarianten von performativ und Performativität
Bevor wir uns den pädagogischen und fachdidaktischen Diskursen zuwenden, wollen wir zuvor noch einen Blick zurück auf den Einstieg in dieses Kapitel und die dortige Systematisierung der Wortverwandtschaften mit dem Stamm perform werfen. Abbildung 1.3 hatte den Begriff der Performativität zunächst als blinden Fleck ausgewiesen. Nach den Ausführungen in den Abschnitten 1.2 und 1.3, die deutlich werden ließen, wie unterschiedlich der Begriff in der sprachwissenschaftlichen (nach Austin und Searle) und in der theaterwissenschaftlichen (nach Fischer-Lichte) Fachdisziplin definiert wird, schlagen wir nun für den Umgang mit dem blinden Fleck eine Zweiteilung vor, um beide Perspektiven zu berücksichtigen.
Abbildung 1.10 zeigt eine mögliche Systematisierung, die nicht die gesamte Komplexität der Bedeutungsvarianten einfängt, dafür aber die aus den beiden Disziplinen erwachsene Unterschiedlichkeit zusammenfassend in den Blick rückt:
Wortverwandtschaften mit dem Stamm perform und Bedeutungsvarianten in der Kunst- und Theatertheorie und in der Sprachwissenschaft
Der Bedeutungskern des zielgerichteten Tunszielgerichtetes Tun (= Handeln) bildet die begriffliche Grundlage für beide fachspezifischen Verständnisse von Performativität, aber das Attribut performativ erhält in der Kunst-/Theatertheorie einen anderen Bezugspunkt als in der Sprachwissenschaft (Kunst vs. sprachliche Äußerung) und wird als ‚vorführend‘ (im Sinne von ‚aufführend‘) oder als ‚ausführend‘ interpretiert. Zudem wird performativ auch verstanden und gebraucht als „Performativität betreffend“, wobei mit Performativität in den beiden Disziplinen jeweils unterschiedliche Konzepte assoziiert werden (in Abb. 1.10 durch die dünnen gestrichelten Pfeile ausgedrückt).
Der nächste Abschnitt führt uns vor diesem Hintergrund final zur didaktischen Perspektive auf Performativität, bei der dem Attribut performativ ein weiterer, dritter Bezugspunkt (Lehr-/Lern-Prozesse) zuteilwird. Zugleich integriert die didaktische Perspektive beide Bedeutungsvarianten ‚vorführendvorführend‘ und ‚ausführendausführend‘ und übernimmt aus dem kunst-/theatertheoretischen Ansatz das ganzheitliche Verständnis des Handlungsbegriffs.
1.5 Performativität in PädagogikPädagogik, DeutschdidaktikDeutschdidaktik und theaterpädagogisch orientierter Fremdsprachendidaktiktheaterpädagogisch orientierte Fremdsprachendidaktik
Dass sich pädagogische und fachdidaktische – darunter deutschdidaktische und fremdsprachendidaktische – Diskurse für den Begriff der Performativität öffnen, liegt dann nahe, wenn wir auch didaktische Prozesse der Vermittlung und Aneignung grundlegend als „performative, kulturell-soziale Handlungsprozesse begreifen“ (Zirfas 2017: 18).
Das bedeutet, als Ankerpunkt für die Attribuierung von performativ rücken in diesen Disziplinen Lehr- und Lern-Prozesse und die darauf gerichteten Didaktiken in den Blick. Performativität und damit verbundene Aspekte wie Aufführung, Inszenierung, Körperlichkeit werden als didaktische Ressource für Lehren und Lernen erkannt und analysiert.
Performative Lehr-Lern-Prozesseperformative Lehr-Lern-Prozesse
Didaktik ist die Wissenschaft des Lehrens und Lernens. Man kann darunter aber auch die Kunst des Lehrens und Lernens verstehen. Fachdidaktiken, wie z. B. die Deutschdidaktik oder Sprachdidaktik, richten ihr Forschungsinteresse auf ein bestimmtes Fach und die damit verbundenen Lehr-Lern-Gegenstände (z. B. die deutsche Sprache; Schreiben; Lesen; Sprechen und Zuhören; Umgang mit Literatur und Medien) und beforschen deren Erwerb und Vermittlung im schulischen Unterricht oder auch in anderen Kontexten.
Worin besteht in diesem Zusammenhang der Unterschied zwischen einem didaktischen Konzept und einer Methode?
Eine klare Abgrenzung ist schwer, da Konzept und Methode in der Regel ineinandergreifen und oft auch synonym (= gleichbedeutend) verwendet werden.
Im Prinzip richtet sich das СКАЧАТЬ