Karl der Große im Norden. Elena Brandenburg
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СКАЧАТЬ Form deutlich: In der 1439 verfassten Engelbrektskrönikan, die den ersten Teil der KarlskrönikanKarlskrönikan bildet, deren Abschrift im Cod. Holm. B42 enthalten ist, wird das Bild eines rex iniustus als Gegenmodel zu Eriks Herrschaft entworfen. In diesem kunstvoll aufgebauten Gedicht wird eindrucksvoll das Elend schwedischer Bevölkerung unter der Regierung Eriks geschildert, bis der Held Engelbrekt mit seinen militärischen Aktionen für den Umsturz sorgt.

      Nach der Absetzung Eriks von PommernErik von Pommern wurde sein Neffe Christoph im April 1440 zum dänischen König gewählt. Die Entscheidung wurde von der schwierigen Situation im Lande begleitet: Die dänischen Bauern befanden sich im Winter 1439/1440 erneut im Aufstand und der abgesetzte König Erik von Pommern plante mit holländischen Verbündeten einen militärischen Schlag gegen Christoph.22 Die Schweden verfügten indessen mit dem Reichsverweser Karl KnutssonKarl Knutsson (Bonde), der seit dem Aufstand von Engelbrekt politisch und militärisch in Erscheinung getreten war, selbst über einen geeigneten Thronkandidaten, waren jedoch an der Aufrechterhaltung der Union interessiert, die zudem vor den Übergriffen von Eriks Armee auf die dänische und schwedische Küste gesichert werden musste. Am 13. September 1441 wurde Christoph zum schwedischen König gewählt und am nächsten Tag im Dom von Uppsala gekrönt, nachdem er zuvor eine Handfeste ausgestellt hatte. Diese umfasste 14 Punkte und schränkte insgesamt die königliche Macht schwerwiegend ein, die dominante Stellung des Reichsrates wurde indessen hervorgehoben.23 1442 wurde er zum König in Norwegen, das im Gegensatz zu den beiden anderen Reichen immer noch eine Erbmonarchie darstellte. Hier wurde Christoph von Bayern als Nachkomme Eriks von Pommern zu seinem Nachfolger erklärt. Am ersten Januar 1443 wurde er schließlich auch in Dänemark, im Dom von Ribe, zum dänischen König gekrönt.24 Seine Regierungsperiode währte jedoch nicht lange: 1448 verstarb er kinderlos. Seine Herrschaft wurde außenpolitisch vom Konflikt mit dem abgesetzten König Erik von Pommern geprägt. Innenpolitisch musste er die Bauernaufstände in Dänemark, vor allem in Jütland bekämpfen. In Schweden war die Entmachtung seines Gegenspielers Karl Knutsson das primäre Ziel von Christophs Politik. Er nutzte die Konflikte unter dem einheimischen Adel, um seine Machtposition zu stärken. Nach Auge sind jedoch auch in seiner Innenpolitik integrative Ansätze erkennbar: Trotz der recht kurzen Regierungszeit bemühte sich Christoph um einen allgemeinen Landfrieden in Schweden und Dänemark.25

      Die Beurteilung Christophs durch die zeitgenössische Geschichtsschreibung fällt eher negativ aus: Die Reimchronik KarlskrönikanKarlskrönikan, die generell als „propagandaverk“26 (Propagandawerk) oder gar als „det stora propagandistiska mästerverket“,Karl Knutsson27 das große propagandistische Meisterwerk, gilt, das Karl KnutssonKarl Knutsson zur Legitimierung seiner Position durch seine Anbindung an die historischen Ereignisse um den Aufstand von Engelbrekt in Auftrag gegeben hatte,Karlskrönikan28 entwirft ein negatives Bild der kurzen Regierungszeit Christophs.29

      Durch den frühen Tod Christophs sowie die fehlende testamentarische Regelung bezüglich der Thronfolge kam es nun im Norden zu einer doppelten Wahl: In Dänemark wurde Christian I. von Oldenburg vom dänischen Adel zum König gewählt, in Schweden erlangte der ehemalige Reichsverweser Karl KnutssonKarl Knutsson Bonde die Königswürde.30 Die Wahl Karls Knutsson, die eine eindeutige Verletzung der vereinbarten Unionsverträge darstellt, ist ein deutliches Indiz dafür, dass die nationalen Tendenzen in Schweden nun dominanter geworden sind.31 Die Bestrebungen der beiden Könige galten fortan der Sicherung der Insel Gotland sowie des noch freien norwegischen Throns. Die darauffolgenden Verhandlungen in Halmstad im Mai 1450 legten eine unionistische Thronfolgeregelung unter Einbezug der Söhne der beiden Könige fest, was durch den dänisch-norwegischen Unionsvertrag von Bergen 1450 wieder revidiert wurde, indem die dänisch-norwegische Thronfolge nur den Söhnen Christians vorbehalten blieb.32

      Die Regierungszeit Karl KnutssonKarl Knutsson Bonde war außenpolitisch von der Konfrontation Schwedens mit Dänemark, innenpolitisch durch die Konflikte des Adelskönigs in Fragen des kirchlichen Eigentums, Lehenvergabe und „Steuerplünderung des gemeinen Mannes“33 geprägt. 1457 wurde unter der Führung des Erzbischofs Jöns Bengtsson (Oxenstierna) mit der Unterstützung seiner Verwandten Oxenstierna/ Vasa ein landesinterner Aufruhr gegen Karl Knutsson initiiert. Der Opposition der schwedischen Aristokratie schloss sich auch das Volk vom Lande an: Karl Knutsson wurde daraufhin abgesetzt und durch Christian I. abgelöst, der im Zeitraum 1457–1464 nun zum alleinigen Unionskönig wurde. Bis zu seinem Tod 1470 wurde Karl Knutsson noch zweimal 1464/65 sowie 1467 zum König berufen, hatte politisch jedoch kaum noch Einfluss. Nach seinem Tod wurde der Schritt zu einem erneuten Adelskönigtum nicht wieder gewagt.

      Nach dem Tod Karls Knutsson konnte sein Neffe Sten Sture der Ältere das Amt des schwedischen Reichsverwesers übernehmen und nach dem Sieg über Christian I. bei Brunkenberg bis 1497 seine Macht in Schweden ausüben, bevor er von Christians Sohn Hans verdrängt wurde. 1501 konnte Sten Sture nach einem erfolgreichen Aufstand seine Stellung zurückerlangen. Seine Regierungszeit wurde von der betont schwedischen Reichspolitik gekennzeichnet, die unter anderem in der Gründung der Universität Uppsala im Jahre 1477 ihren Ausdruck fand.34 Das Ende der Kalmarer UnionKalmarer Union wurde mit dem sogenannten Stockholmer Blutbad besonders gewaltsam herbeigeführt, als der letzte Unionskönig Christian II. seine Unionsbestrebungen durch die Beseitigung der schwedischen Opposition im Anschluss an die Krönungsfeierlichkeit am 8. November 1520 durchsetzen wollte. Damit verlor er nicht nur den schwedischen, sondern 1523 auch den dänischen und norwegischen Thron und die Kalmarer Union wurde damit Geschichte.35

      Diese knappe Darstellung der Ereignisse des 15. Jahrhunderts in Schweden soll als historische Orientierungsgrundlage für die folgenden Kapitel bei der Interpretation der Texte in den für diese Arbeit relevanten schwedischen SammelhandschriftenSammelhandschrift dienen. Wirft man einen Blick auf deren Datierungen, so lässt sich festhalten, dass die älteste der vier schwedischen Handschriften, Cod. Holm. D4Cod. Holm. D4 auf die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts, vermutlich um 1420 datiert werden kann, Cod. Holm. D4aCod. Holm. D4a ist zwischen 1449 und 1463, Cod. Holm. D3Cod. Holm. D3 um 1488 und AM 191 fol.AM 191 fol. um 1492 entstanden, während die dänische Handschrift Vu 82Cod. Holm. Vu 82 auf 1480 datiert wird.36 Alle Handschriften wurden zur Zeit der Kalmarer UnionKalmarer Union in Auftrag gegeben und verfasst, obgleich sie Texte enthalten, die schon deutlich früher ihren Weg in den Norden gefunden haben oder sonst nicht überliefert sind. Wie bereits erwähnt, bediente sich Karl KnutssonKarl Knutsson Bonde der literarischen Gattung der Historiographie, um sein betont nationales konstitutionales Königtum zu legitimieren, weshalb er die Reimchronik KarlskrönikanKarlskrönikan in Auftrag gab. Die Historiographie war nach Zernack sein wichtigstes Herrschaftsmittel: „Die Schwachheit seiner Stellung zwang ihn, literarisch, historisch und propagandistisch sein schwankendes Königtum“37 zu begründen – damit erhielt die Historiographie Schwedens einen großen Auftrieb.38 An dieser Stelle ist die Interdependenz der literarischen und politischen Faktoren im Schweden des 15. Jahrhunderts offensichtlich. Auch Ingvar Andersson schreibt 1928: „Karl Knutsson hade skarp blick för den litterära verksamheten som faktor i det politiska spelet“.39 Die volkssprachigen Reimchroniken, unter anderem die von ihm in Auftrag gegebene Reimchronik Karlskrönikan, erhielten eine dominante Stellung, als die Historiographie im 15. Jahrhundert in Schweden als Waffe im politischen Machtkampf eingesetzt wurde.40 Im Hinblick auf die anderen Chroniken dieser Zeit, die Prosaiska KrönikanProsaiska Krönikan sowie Den lilla RimkrönikanDen lilla rimkrönikan, welche in den Handschriften Cod. Holm. D3 und Cod Holm. D4 enthalten sind, merkt Bengt R. Jonsson an: „Men givetvis kan också politiska synpunkter ha bestämt själva urvalet av texter“.41

      Die historiographische Literatur besitzt das Potenzial, mentalitätsbildend zu wirken, sie „bemüht sich um den Sinn, und Sinn ist, was Kulturen konstruiert, nicht was der Geschichte immanent ist“.42 Die Geschichtsschreibung konnte, politisch oder heilsgeschichtlich konzentriert, Vergangenheit an die Gegenwart anknüpfen und als Propaganda-Werkzeug dienen.43 Sicherlich war es nicht nur der historiographischen Literatur vorbehalten, als Werkzeug didaktischer, ideeller und politischer Ideen und Orientierungsnormen zu fungieren. Die für die vorliegende Untersuchung relevanten Gattungen – chansons de gestechansons de geste, riddarasasögur, höfischer Roman – beinhalten neben СКАЧАТЬ