Mündliches Erzählen als Performance: die Entwicklung narrativer Diskurse im Fremdsprachenunterricht. Gabriele Bergfelder-Boos
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СКАЧАТЬ kann (Schramm 2006: 171),

      legt Schramm ihren Untersuchungen die drei folgenden Analysekriterien zugrunde: „(a) Selbst- vs. Fremdinitiierung, (b) Selbst- vs. Fremddurchführung, (c) Reparatur vs. Korrektur.“ (a.a.O.) Den von ihr untersuchten Interaktionsbeispielen entnimmt sie zwei unterschiedliche Scaffolding-Verfahren. Das erste wird durch sog. didaktische Fragen (Schramm 2006: 173f.) umgesetzt. Diese dienen der Lehrkraft meist nicht zur Klärung von Verständnisproblemen, sondern zur Fehlerkorrektur und Ausrichtung der Erzählung nach ihren Vorstellungen bzw. der Orientierung am Original. Das zweite erfolgt durch sog. genuine Fragen (Schramm 2006: 176), affektive Markierungen und inhaltliche Erweiterungen. Diese Verfahren dienen dem „Ausbau der Geschichte“ (a.a.O.). Das erste Verfahren birgt die Gefahr, dass der Sprechende seinen Beitrag abbricht, das zweite hilft ihm, seine Sprechabsicht weiterzuverfolgen. Die Unterscheidung zwischen narrativer Korrektur und narrativer Unterstützung und zwischen den beiden kommunikativen Absichten nehme ich als weitere Anregung zur Entwicklung von Analysekriterien der narrativen Interaktion.

      Tabea Becker 20134: eine Studie zur Erzählentwicklung in der Erstsprache

      Die von Becker Ende der 90er Jahre im Rahmen ihrer Dissertation (2001)1 durchgeführte Untersuchung zur Erzählentwicklung von Kindern im Vorschul- und Grundschulalter ist für meine Studie von Interesse im Hinblick auf ihre zentrale Frage nach dem Zusammenhang von Erzählleistung und Erzählform und im Hinblick auf die ihrer Erzählanalyse zugrunde gelegten Untersuchungsdimensionen und Analyseinstrumente. Becker untersucht vier verschiedene, von den Kindern erzählte Formen: Erlebnis- und Phantasiegeschichten, die sie Primärerzählungen zuordnet, sowie Bildergeschichten und Nacherzählungen, die sie reproduktiven Erzählungen zurechnet. Zur Analyse der vier Erzählformen entwickelt Becker in Auseinandersetzung mit verschiedenen erzähltheoretischen Ansätzen, vor allem mit dem interaktiven Ansatz von Hausendorf / Quasthoff (1996) und dem schematheoretischen Ansatz von Boueke / Schülein (1991), einen dreidimensionalen Erzählbegriff2, der für die Entwicklung meines Erzählmodells relevant ist. Folgende Impulse für meine Studie ergeben sich aus ihrer Untersuchung:

      1 Von großem Interesse sind die Zusammenhänge, die Becker zwischen den Bedingungsfaktoren mündlichen Erzählens nachweist. Sie zeigt, dass sich eine Passung zwischen der Präsentation der Erzählung und der Erzählsituation positiv auf die Erzählungen der Lernenden auswirkt3. Dieser Passung werde ich bei der Analyse der Erzählstunden nachgehen.

      2 Als wichtigsten Impuls ihrer Studie kann ich die von ihr recherchierten narrationsspezifischen Kriterien der Analyse von Erzähltexten und -diskursen zur Konstruktion von Analysemodellen nutzen (Kap. 3.1.1, Kap. 5.3.1).

      Ahrenholz 2006b: eine Studie zur Entwicklung mündlicher Sprachkompetenz

      Die unter Ko-Leitung von Bernt Ahrenholz im Rahmen des DFG-Projekts FöDaZ4 von 2003 bis 2005 durchgeführte Studie (Ahrenholz 2006a: 91-109) zur Entwicklung mündlicher Sprachkompetenzen bei Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund ist für meine Studie von Interesse wegen ihrer detaillierten, erzähltheoretisch basierten Analyseinstrumente und eines ihrer zentralen Ergebnisse. Ziel der Studie von Ahrenholz ist eine empirisch basierte Beschreibung mündlicher Sprachkompetenzen von Schülerinnen und Schülern dritter und vierter Grundschulklassen. Informanten sind 29 Schüler mit Migrationshintergrund und acht Kinder mit Deutsch als Erstsprache aus zwei unterschiedlichen Berliner Grundschulen. Schwerpunkt der Untersuchung sind die Diskurstypen Beschreiben und Erzählen und – bezogen auf die Diskursformen – vor allem Fragen der Kohärenzbildung. Erzählaufgaben für die Schülerinnen und Schüler sind freie Erlebniserzählungen sowie Nacherzählungen von Filmen, mündlich präsentierten Geschichten und Bilderfolgen. Für meine Studie ergeben sich folgende Impulse:

       Mit der Unterscheidung von Haupt- und Nebenstrukturen einer Erzählung nach dem Quaestio-Modell (Kap. 3.1.1) gewinnt Ahrenholz ein Instrument für eine präzise Beschreibung von Erzählkompetenzen im Erstspracherwerb.

       Die Ergebnisse seiner Studie zeigen einen Zusammenhang von fortgeschrittener Sprachkompetenz und häufigem Einsatz von Hauptstrukturen und Ausgestaltung von Nebenstrukturen – gegenüber einer Fokussierung auf das „Skelett einer Handlung“ (Ahrenholz 2006b: 106).

      Beide Ergebnisse werde ich als Anregung zur Gestaltung der Analysemodelle gebrauchen.

      Diehr / Frisch 2008: eine Studie zur Förderung und Beurteilung von Sprechleistungen im Englischunterricht der Grundschule

      Die unter Federführung von Diehr und Frisch von 2005 bis 2007 durchgeführte TAPS-Studie (Testing and Assessing Spoken English in Primary Scool) zur Feststellung und Beurteilung der Sprechleistungen von Grundschülerinnen und -schülern im frühen Fremdsprachenunterricht Englisch ist für meine Studie von Interesse wegen ihres praxisbezogenen Forschungsansatzes und ihres diskursspezifischen Schwerpunkts. Den Forscherinnen der TAPS-Studie ging es vor allem um die Bereitstellung von standardbasierten und gleichzeitig praxistaug­lichen Diagnoseinstrumenten für die Unterrichtspraxis. Diese wurden in Kooperation mit Lehrkräften der Grundschule und ihren Lerngruppen, 216 Schülerinnen und Schülern dritter und vierter Klassen, entwickelt, erprobt und evaluiert. Die von den beteiligten Lerngruppen gelieferten Sprechdaten wurden, vergleichbar mit der Datengewinnung meiner Studie, im Rahmen von Unterrichtssequenzen erhoben. Langfristiges Ziel war es, den Schülerinnen und Schülern mithilfe geeigneter Aufgaben und Sprechanlässe die Möglichkeit zu verschaffen „in kleinen Schritten vom imitativen zum produktiven und schließlich zum freien Sprechen“ (Diehr / Frisch 2008: 8) zu gelangen und diese Fortschritte datenbasiert nachzuweisen. Zur progressiven Entwicklung der Sprechleistungen von Ein-Wort-Äußerungen bis zum kohärenten Diskurs wurden acht Diskursformen ausgewählt und von den Lernenden erarbeitet5. Für jede Diskursform wurden Lernaufgaben und Beurteilungsbögen entwickelt, mit deren Hilfe die Sprechleistungen nicht nur allgemein, sondern auch diskursspezifisch erfasst werden. Folgende Impulse für meine Studie ergeben sich aus den Untersuchungen der TAPS-Studie:

      1 Die für die Forscherinnen überraschend guten Ergebnisse der Studie, d.h. der Nachweis guter, progressiv sich entwickelnder diskursiver Fähigkeiten der Grundschullernenden, geben Hinweise auf ein Fähigkeitenpotenzial, das im weiterführenden Unterricht der Sekundarstufe als Ressource genutzt und weiterentwickelt werden kann. Vor allem aber geben die mehrfach von den Forscherinnen erläuterten Voraussetzungen der guten Sprechleistungen – die Abhängigkeit der Kompetenzentwicklung von den gestellten Aufgaben und Arbeitsaufträgen (Diehr / Frisch 2008: 64) – Anregungen zur Erforschung dieser Zusammenhänge in dem von den Erzählprojekten gestellten Datenmaterial.

      2 Die im Ansatz mehrdimensional konzipierten Beobachtungsbögen zur Leistungsfeststellung geben weitere Anregungen für die Konzeption des Analyseinstrumentariums meiner Studie.

      2.6 Verlauf und Gesamtaufbau der Studie

      Das folgende Ablaufschema bietet einen Überblick über den spiralförmigen Verlauf des Forschungsprozesses der Studie:

Forschungsphase Forschungskontext und Materialbezug
Januar 2006 Zugang zum Feld (1): erste Feldbeobachtungen in der Weiterbildung und der Schule Erzählperformances der Erzählerin Marie-Célie Agnant in Berliner Schulen, Interviews mit Marie-Célie Agnant
SoSe 2006 erste Konzeption und Durchführung eines Erzählcurriculums im ersten Weiterbildungsstudiengang (Pilotstudie) erster Weiterbildungskurs Französisch (2004-2007)
Reflexion der Ergebnisse der Pilotstudie СКАЧАТЬ