Der Philipperbrief des Paulus. Eve-Marie Becker
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СКАЧАТЬ 1886 nicht wirklich über die ersten vier durch Meyer bearbeiteten Auflagen des Philipperbrief-Kommentars hinaus, auch wenn sich sein Zugriff auf den Text und die Forschungsfragen sowie seine Darstellungsform deutlich vom Meyer-Kommentar unterscheiden. Der Wert des Franke-Kommentars liegt zweifellos darin, die Forschungsdiskurse des 19. Jahrhunderts, in denen sich schon Meyer fortlaufend zu bewegen und zu bewähren suchte, noch einmal ausführlich, dabei teils überaus materialreich darzulegen und sie mit anderen Augen auszuwerten. Franke leistet so – ob gewollt oder ungewollt – ein rewriting des Meyer-Kommentars.

      Erich HauptHaupt, Erich, seit 1888 Professor für Neues Testament in Halle, schloss seine Kommentierung des Philipperbriefes 1897 ab.6 Sie erfolgte wiederum im Rahmen einer gemeinsamen Auslegung der sogenannten GefangenschaftsbriefeGefangenschaftsbrief(e), zu denen nun aber neben dem Philemon-, Kolosser- und Philipperbrief auch der Epheserbrief zählte. Der Kommentarband erschien 1902 noch einmal in bearbeiteter Form,Haupt, ErichGefangenschaftsbrief(e)7 zu einer Zeit, wo Haupt bereits so schwer an einer Gichterkrankung litt, dass er „auf das Katheder getragen werden mußte“8.

      Die Einleitung zum Philipperbrief umfasst – neben einer kurzen übergreifenden Einleitung in die GefangenschaftsbriefeGefangenschaftsbrief(e) (1) – weitere 18 Seiten (1897: 86-104; 1902: 83-101), der Kommentar selbst 1897 etwas mehr als 190 Seiten (1-193; 1902: 1-180). Den Bereich der Einleitungsfragen untergliedert HauptHaupt, Erich stringent und überzeugend in die Betrachtung der Leser, des Briefeschreibers und des Briefes. Er weicht so in der Strukturierung, nicht aber in der sachlichen Beurteilung von seinen Vorgängern im KEK ab. Denn auch Haupt lokalisiert die Abfassung des Philipperbriefes in RomRom (1897: 90; 1902: 86f.). In seiner Bearbeitung des Kommentars von 1902 setzt sich Haupt dann nicht nur mit der von H. E. G. PaulusPaulus, Heinrich E. G. schon länger behaupteten Abfassung des Briefes in CaesareaCaesarea kritisch auseinander (1897: 90; 1902: 86), sondern verwirft auch die erst kürzlich, nämlich im Jahre 1900, von Heinrich LiscoLisco, Heinrich (1862-1906)Lisco, Heinrich9 aufgebrachte These einer möglichen ephesinischen Abfassung des Philipperbriefes (1902: 86 und 82). Ausführlich diskutiert Haupt die Fragen der literarischen Einheitlichkeit (1897: 97ff.; 1902: 94ff.) und der Echtheit (1897: 103f.; 1902: 100f.) des Briefes. Die forschungsgeschichtliche Diskussion über die Authentizität des Philipperbriefes hatte zwar, wie Haupt hier zeigt und darstellt, in der Zeit nach BaurBaur, Ferdinand Christian an Brisanz verloren, war aber keineswegs beendet. Das hatte bereits auch FrankeFranke, August H. (19ff.) umfassend gezeigt.

      In einem in beiden Ausgaben des Kommentars unverändert gebliebenen Abschnitt des Vorwortes (1897/1902) reflektiert HauptHaupt, Erich die Bedeutung, Leistung und Begrenzung des KEK, wie sie sich aus seiner Sicht am Ende des 19. Jahrhunderts darstellt: Die Kommentarserie habe ihre „beherrschende Stellung wesentlich durch zwei Eigenschaften erworben: die gründliche und saubere philologische Erklärung und die umfassende Berücksichtigung der Geschichte der Auslegung“. Die bisherige Schwäche des KEK sieht Haupt jedoch darin, dass „vermöge der älteren glossatorischen Methode die Gedankenbewegung namentlich in den paulinischen Briefen zu wenig in den Vordergrund trat“ (1897/1902: III). In der Tat bietet Meyer, wie oben gesehen, eine fortlaufende, annotierende Kommentierung, ohne den Text des Philipperbriefes in Sinneinheiten zu strukturieren. Erst FrankeFranke, August H. und Haupt operieren in ihren Kommentaren auf der Basis einer mehr oder weniger großflächigen Textgliederung. Trotz des erkennbar gewachsenen Interesses, den gedanklichen Duktus des Philipperbriefes noch deutlicher als Franke in den Blick zu nehmen, bietet auch Haupt keinen wesentlichen Neuansatz in der Philipperbrief-Forschung. Gleichwohl aktualisiert er die Auslegung des Philipperbriefes im Rahmen des KEK und bereichert sie um die nun explizierte Einsicht, dass die Paulusbrief-Exegese nicht nur historische, philologische oder auslegungsgeschichtliche Fragen zu bearbeiten habe, sondern auch dazu dienen solle, den „Gedankengehalt“ der Briefe zu erheben und deutend wiederzugeben (1902: VI). An diese Einsicht wird Ernst LohmeyerLohmeyer, Ernst anknüpfen.

      3. Die bislang letzte Kommentierung des Philipperbriefes im KEK durch E. LohmeyerLohmeyer, Ernst in den Jahren 1928/1930-1974

      Die Kommentierung des Philipperbriefes durch Ernst LohmeyerLohmeyer, Ernst im KEK erschien erstmals 1928/1930,Koch, Dietrich-AlexLohmeyer, Ernst1 und zwar während Lohmeyers Zeit als Professor in Breslau (1921-1935). In ebendieser Zeit entwickelte sich eine enge Zusammenarbeit mit dem Verlagshaus Vandenhoeck & Ruprecht, die auch zu dem Angebot der Neukommentierung der sogenannten GefangenschaftsbriefeGefangenschaftsbrief(e), zuletzt von HauptHaupt, Erich (unter Einschluss des Epheserbriefes) kommentiert, führte. Nach Andreas Köhns Darstellung nimmt Lohmeyer im Jahre 1923 das Angebot an.Lohmeyer, Ernst2 Schon 1924 macht Lohmeyer deutlich, dass er die Gefangenschaftsbriefe keineswegs als eine „Einheit“ versteht und dass er daher auch nicht – anders als Haupt – eine gemeinsame Einleitung verfassen werde.Lohmeyer, Ernst3 Die Arbeit am Philipperbrief-Kommentar ist etwa nach fünf Jahren abgeschlossen.Lohmeyer, ErnstBarth, Karl4

      In vielerlei Hinsicht bricht LohmeyersLohmeyer, Ernst Kommentierung des Philipperbriefes mit den Vorgängerkommentaren im KEK, wie der Verfasser bereits in seinem Vorwort darlegt:Lohmeyer, Ernst5 Der „philologisch-historische Stoff [ist] fast durchweg in die Anmerkungen verwiesen[,] und die Diskussion über andere exegetische Meinungen möglichst beschränkt“. Lohmeyer wünscht, dass der Kommentar nicht als Nachschlagewerk verstanden, „sondern im ganzen gelesen werden“ möchte (Vorwort). Er rückt den Kommentar als wissenschaftliches genre damit faktisch in die Nähe einer Monographie. In formaler Hinsicht gibt Lohmeyer so noch weiter die annotierende Kommentierweise Meyers auf. Auch er gliedert den Text in Sinneinheiten und bietet zunächst eine kurze Erklärung jedes Sinnabschnitts, dann eine versweise Erklärung, die allerdings – im Unterschied zu FrankesFranke, August H. und HauptsHaupt, Erich Vorgehen – eher einer Textdeutung als einer exegetischen Analyse gleichkommt. Lohmeyers Kommentierung lässt sich daher vielleicht am besten als ein close reading des Philipperbriefes im Sinne einer sachlichen Deutung der Gedankenwelt des Paulus verstehen.Lohmeyer, Ernst6 Dazu gehört auch, dass Lohmeyers Kommentar erstmalig im KEK auch eine Übersetzung des Philipperbriefes enthält, die – wie Lohmeyer im Vorwort 1928 schreibt – beabsichtigt, „den Text zu deuten, nicht ihn zu ersetzen“.Lohmeyer, Ernst7 Die philologische und historische Analyse der Textabschnitte selbst ist kurz gehalten, Forschungsdiskurse werden – wenn überhaupt und so auch vom Kommentator angestrebt – nur am Rande erwähnt.

      Auch im Blick auf die Einleitungsfragen schlägt LohmeyerLohmeyer, Ernst einen neuen Weg ein. Im Unterschied zu Meyer, FrankeFranke, August H. und HauptHaupt, Erich verlegt er den Abfassungsort des Briefes nach CaesareaCaesarea (3) und datiert die Abfassung auf den Spätsommer 58 (4). Die historischen Fragen zur (Gemeinde-) Geschichte Philippis, Ort und Zeit der Abfassung werden gemeinsam unter dem Aspekt der „Vorgeschichte“ des Briefes abgehandelt (1-4). Den insgesamt kurz gehaltenen (1-8) Abschnitt der „Einleitung“ erweitert auch Lohmeyer – wie schon Haupt – mit einer verhältnismäßig umfassenden Übersicht über die Form und den Inhalt des Briefes (4-8). Anders als Meyer den persönlichen Charakter des Philipperbriefes als dessen eigentliches Wesensmerkmal herausgestellt hatte (s.o.), betont Lohmeyer die sachliche „Notwendigkeit“ des Paulus, den „Ausdruck persönlicher Verbundenheit“ zu wählen (4f.). Der paulinische Schreibstil wird nun also als strategisches Mittel der Argumentation gewertet. Der Brief sei durch die „einzigartige Situation des Martyriums, durch die Apostel und Gemeinde ebenso verbunden wie geschieden sind“, geprägt (5). So erkennt Lohmeyer im Philipperbrief eben keine lose Gedankenfolge, sondern eine „strenge Geschlossenheit des inneren Aufbaus und eine notwendige Folge in allen seinen Teilen“ (5), wie er in einer an der Martyriums-Thematik orientierten Gliederung des brieflichen Hauptteiles (Phil 1,12-4,9) aufzeigt (5f.): Hier spreche ein „MärtyrerMartyrium, Märtyrer, martyrologisch zu Märtyrern“ (5).Lohmeyer, ErnstMartyrium, Märtyrer, martyrologisch8

      Der hermeneutische Schlüssel zum Verstehen des Philipperbriefes liegt für LohmeyerLohmeyer, Ernst also zum einen in der Selbstdeutung des Paulus als MärtyrerMartyrium, Märtyrer, martyrologisch. Er liegt zum anderen in der Analyse von Phil 2,6ff., dem „ChristusliedChristuslied“ (8), das für Lohmeyer zu einem „Grundtext christlicher Philosophie“ wird.9 Dieser doppelte СКАЧАТЬ