The New Jim Crow. Michelle Alexander
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу The New Jim Crow - Michelle Alexander страница 11

Название: The New Jim Crow

Автор: Michelle Alexander

Издательство: Bookwire

Жанр: Социология

Серия:

isbn: 9783956141591

isbn:

СКАЧАТЬ sich zu wehren. Europäische Immigranten kamen ebenfalls nicht in Betracht – nicht etwa wegen ihrer weißen Hautfarbe, sondern schlicht, weil sie zu wenige waren und ihre Versklavung das Ende der freiwilligen Einwanderung in die Kolonien bedeutet hätte. Schließlich erkannten die Plantagenbesitzer in den weitgehend wehrlosen Afrikanern die idealen Sklaven. Also wurde die systematische Versklavung von Afrikanern, deren Kinder man ebenfalls als Sklaven betrachtete, unter Hochdruck vorangetrieben – noch beschleunigt durch Ereignisse wie Bacons Rebellion.

      Nathaniel Bacon war ein weißer Plantagenbesitzer aus Jamestown in Virginia, der Sklaven, Schuldknechte und verarmte Weiße in einer Revolution gegen die herrschende Elite der weißen Pflanzer anführte. Die Lage der Schuldknechte war kaum besser als die der Sklaven, die zweifellos die niedrigste Stellung in der Gesellschaft innehatten, und auch die Mehrheit der freien Weißen lebte in bitterer Armut. In Kolonien wie Virginia war die Elite der Plantagenbesitzer mit ihren riesigen Ländereien allen Arbeitern gleich welcher Hautfarbe himmelhoch überlegen.7 Die Pflanzer ersannen viele Mittel und Wege, Menschen in Knechtschaft zu bringen und zu halten, und sie horteten ungenutztes Land, was den freien Arbeitskräften jede Entwicklungschance nahm. Die Verbitterung über diese Zustände ließ eine revolutionäre Stimmung entstehen.

      Es gibt zahlreiche, unterschiedliche Berichte über Bacons Rebellion, aber die grundlegenden Fakten sind folgende: Bacon plante 1675, den amerikanischen Ureinwohnern Land für sich und andere wegzunehmen und damit gleichzeitig die Gefahr von Indianerüberfällen zu bannen. Als sich die Pflanzer von Virginia weigerten, seine zu diesem Zweck aufgestellte Miliz zu unterstützen, startete Bacon einen Feldzug gegen die Elite, ihre Häuser und ihr Eigentum. Er warf den Reichen offen vor, die Armen zu unterdrücken, und rief damit eine Allianz weißer und schwarzer Schuldknechte sowie Sklaven ins Leben. Doch die Revolte wurde niedergeschlagen, und trotz Amnestieversprechen hängte man eine Reihe der Beteiligten. Die Revolution von Jamestown schürte die Angst der Plantagenbesitzer vor einer rassenübergreifenden Allianz aus Knechten und Sklaven, zumal sich Nachahmer fanden, die ähnliche Aufstände anzettelten.

      Die Folge war, dass die Pflanzer in Zukunft weniger auf weiße Schuldknechte setzten und dafür mehr schwarze Sklaven ins Land brachten. Dabei bevorzugten sie Sklaven aus Afrika, denn die englischsprechenden Sklaven aus der Karibik waren bereits mit der europäischen Sprache und Kultur vertraut und somit eher geneigt und in der Lage, sich mit den armen Weißen zu verbünden.

      Zusätzlich weiteten die Pflanzer ganz gezielt die Privilegien der armen Weißen aus, um einen Keil zwischen sie und die schwarzen Sklaven zu treiben – eine Politik, die später mit dem Schlagwort »Racial Bribe« (»rassische Bestechung«) bezeichnet wurde. Die weißen Siedler erhielten Land der amerikanischen Ureinwohner, weißen Knechten wurde gestattet, Sklaven durch Patrouillen und Milizen zu schikanieren, und Gesetze sorgten dafür, dass freie Arbeit nicht in Konkurrenz zu Sklavenarbeit geriet. Diese Maßnahmen beseitigten wirksam das Risiko eines Bündnisses zwischen schwarzen Sklaven und armen Weißen, weil diese nun selbst ein Interesse am Fortbestand des Systems der Rassentrennung und Sklaverei hatten. Gemäß der Logik, die sich aus der Spaltung der arbeitenden Bevölkerung durch die Pflanzerelite ergab, waren die Weißen nun vor allem daran interessiert, die ihnen aufgrund ihrer Hautfarbe zustehenden Privilegien zu erweitern.8

      Um 1775 hatte sich das System der Schuldknechtschaft endgültig zu einem rassistischen Kastensystem gewandelt, das auf Sklaverei beruhte. Den niedrigen Status der Afrikaner rechtfertigte man mit der Behauptung, die »Neger« gehörten einer unzivilisierten, niedrigeren Rasse an, genau wie die Indianer, womöglich schrieb man ihnen noch geringere Intelligenz und menschliche Qualitäten zu als den Ureinwohnern. Die Behauptung der Überlegenheit der Weißen rationalisierte die Versklavung der Afrikaner und verschleierte den Widerspruch, dass eben jene Weißen ein neues Land auf den Idealen von Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit für alle aufzubauen versuchten. Vor der Demokratie wurde die Sklaverei in Amerika geboren.

      Die Bedeutung des Rassegedankens für die Grundstruktur der amerikanischen Gesellschaft kann gar nicht hoch genug veranschlagt werden. Aufbau und Inhalt der ursprünglichen Verfassung sind wesentlich von dem Bemühen geprägt, ein rassisches Kastensystem – die Sklaverei – aufrechtzuerhalten und den Weißen, allen voran den begüterten Weißen, politische und wirtschaftliche Rechte zu gewähren. Die Sklavenhalterkolonien im Süden wollten der Union nur beitreten, wenn die Bundesregierung in Washington ihr Recht auf Sklavenbesitz unangetastet ließ. Die Eliten im Norden hatten ein offenes Ohr für diese Forderung nach »Eigentumsrechten«, denn auch sie wollten von der Verfassung Garantien für ihr Eigentum. James Madison erklärte, die Union solle »die Minderheit der Wohlhabenden vor der Mehrheit schützen«.9 Die Folge war, dass die Verfassung so angelegt wurde, dass die Bundesregierung schwach war, nicht nur in Bezug auf Eigentumsfragen, sondern auch gegenüber den einzelnen Bundesstaaten, denen große Freiheiten bei der Regelung ihrer Angelegenheiten eingeräumt wurde. Die Verfassung vermeidet bewusst jeden Bezug auf Hautfarbe (die Worte Sklave oder Neger sucht man darin vergebens), dennoch stellt das Dokument einen Kompromiss dar, der dem Erhalt des herrschenden rassischen Kastensystems diente. Der Föderalismus – die Teilung der Macht zwischen den Bundesstaaten und der Bundesregierung – war das Mittel der Wahl, um die Institution der Sklaverei und die politische Macht der Sklavenhalterstaaten zu bewahren. Sogar die Methode zur Bestimmung der proportionalen Vertretung der einzelnen Bundesstaaten im Kongress und im Wahlmännergremium für das Präsidentenamt war auf die Interessen der Sklavenhalter zugeschnitten: Das Gründungsdokument legte fest, Sklaven zur Bevölkerungszahl der Staaten hinzuzuzählen, wenn auch nicht als vollwertige Personen, sondern sozusagen als »Drei-Fünftel-Menschen«. Diese rassistische Fiktion bildet das Fundament der gesamten amerikanischen Demokratie.

       Das Ende der Sklaverei

      Wäre die Idee, dass es Rassen von Menschen gibt, mit der Sklaverei untergegangen, hätte das Ende des amerikanischen Bürgerkriegs auch das Ende des rassischen Kastensystems in den USA bedeutet. Aber in vier Jahrhunderten Sklaverei hatte sich der Rassegedanke in den Köpfen der Menschen festgesetzt. Und so überlebte die Ideologie ungleicher Rassen – und insbesondere die der grundsätzlichen Überlegenheit der weißen Rasse – die Institution, die sie überhaupt erst hervorgebracht hatte.

      Die Behauptung der natürlichen Überlegenheit der Weißen wurde mit der Zeit zu einem quasi religiösen Glauben, der die Afrikaner eher auf der Stufe von Tieren sah. In diesem Denken war die Sklaverei letztlich eine Einrichtung zum Besten der Schwarzen. Das beruhigte das Gewissen der Sklavenhalter und löste den Widerspruch zwischen der Sklaverei und den demokratischen Idealen auf, die die Weißen in der sogenannten Neuen Welt propagierten. Wenn die Afrikaner eigentlich gar keine richtigen Menschen waren, geriet Thomas Jeffersons kühne These, dass »alle Menschen gleich geschaffen« seien, nicht in Widerspruch zur Sklaverei. Der Rassismus bildete ein tief verwurzeltes Glaubenssystem, das sich auf »Wahrheiten« stützte, die nicht hinterfragt oder angezweifelt wurden. Dieser Glaube rechtfertigte ein wirtschaftliches und politisches System, in dem die Plantagenbesitzer Land und Reichtümer durch Brutalität, Folter und Zwang erwarben. »Die Schranke zwischen den Rassen war eine Folge, nicht eine Bedingung der Sklaverei, aber sobald sie einmal etabliert war, löste sie sich von ihrer ursprünglichen Funktion ab und entfaltete ihre eigene gesellschaftliche Wirksamkeit.«10

      Das Konstrukt der Rassen überlebte das Ende der Sklaverei.

      Einer der aufschlussreichsten Berichte über die Zeit nach der Emanzipations-Proklamation ist The Strange Career of Jim Crow von C. Vann Woodward aus dem Jahr 1955.11 Martin Luther King bezeichnete das Buch, bis heute ein Standardwerk zu diesem Thema, als die »historische Bibel der Bürgerrechtsbewegung«. Woodward zufolge stellte das Ende der Sklaverei die weiße Gesellschaft des Südens vor enorme Probleme. Ohne die Arbeitskraft der ehemaligen Sklaven drohte der Wirtschaft der Region der sichere Zusammenbruch, und ohne die Institution der Sklaverei gab es formell nichts mehr, was die rassische Hierarchie erhalten und die »Verschmelzung« der Weißen mit einer Gruppe verhindert hätte, СКАЧАТЬ