Название: Handbuch Wirtschaftsprüfungsexamen
Автор: Christoph Hillebrand
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: C.F. Müller Lehr- und Handbuch
isbn: 9783811488540
isbn:
746
Das gilt erst recht gegenüber (echten) Eigentumsverletzungen an Betriebsmitteln. Eine solche kann auch ohne direkten Eingriff in die Substanz erfolgen, wenn durch rechtswidriges Handeln (mittelbar) die Sachsubstanz oder ihre Benutzbarkeit beeinträchtigt wird und die verletzte Verhaltensnorm jedenfalls auch gerade diesem Schutz dient. So z.B. die Störung der betrieblichen Stromzufuhr hinsichtlich des Verderbens zu bebrütender Eier oder zu kühlender Lebensmittel, soweit diese darauf beruht. Keine Eigentumsverletzung des Betriebsgrundstücks liegt mangels Zurechnungszusammenhangs aber in der Verursachung einer Verkehrsstauung durch einen Unfall auf einer Zufahrtsstraße.
747
Das subsidiäre Recht am Gewerbebetrieb schützt sodann die Vermögensgesamtheit von Unternehmen (nicht einzelne Bestandteile) gegen betriebsbezogene Eingriffe. Solche sind (nur) tatbestandlich, wenn sie sich gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richten und nicht lediglich vom Gewerbebetrieb ohne Weiteres ablösbare Rechte oder Rechtsgüter betreffen.[85]
Beispiele:
Verletzungen einzelner Belegschaftsmitglieder oder Betriebsmittel sind nur dann spezifisch, wenn gerade durch deren Funktion der Betrieb als Ganzes beeinträchtigt wird. Hierzu haben sich Fallgruppen herausgebildet: schädigende Werturteile, Boykotte und Blockaden, etwa durch rechtswidrige Streiks. Besondere Bedeutung hat die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung: Jemand behauptet die Verletzung eines ihm zustehenden Schutzrechts an geistigem Eigentum und veranlasst dadurch eine Produktionsstillegung, wobei sich später herausstellt, dass das Patent, Geschmacksmuster etc. tatsächlich gar nicht verletzt war (keine Erstreckung dieser Fallgruppe auf unberechtigte wettbewerbsrechtliche Unterlassungsbegehren).[86]
Betriebsbezogene Eingriffe können auch in der Veröffentlichung negativer Testurteile von Produkttestern liegen, welche aber jedenfalls dann nicht rechtswidrig sind, wenn die Untersuchung neutral, objektiv und sachkundig erfolgt ist (bei unwahren Tatsachenbehauptungen, nicht aber bei Werturteilen, gilt vorrangig § 824).
Ist die Zuwegung zu einem Werk (z.B. einer Mühle) in Folge des Verschuldens eines Wegeunterhaltspflichtigen nicht nutzbar (Leerlaufen eines Flussarms – sog. Fleet),[87] so ist das dadurch bedingte „Aussperren“ der (Wasser-)Fahrzeuge eines dorthin beliefernden Transportunternehmers kein Eingriff in dessen Fuhrbetrieb (hinsichtlich der dadurch ausgesperrten Fahrzeuge liegt ebenfalls keine Eigentumsverletzung vor, wohl aber hinsichtlich etwaiger Eingesperrter, weil Letztere jeglicher Gebrauchsmöglichkeit entbehren). In den Werksbetrieb, also im Beispiel die zu beliefernde Mühle, wird durch Verletzung der Wegeunterhaltspflicht jedoch betriebsbezogen eingegriffen.
748
Die Rechtswidrigkeit betriebsbezogener Eingriffe wird durch sie nicht bereits indiziert, sondern muss durch Abwägung der widerstreitenden Interessen besonders begründet werden (der Unternehmensschutz ist gegenüber den expliziten Schutzgütern des § 823 Abs. 1 nicht als konkrete Verhaltenspflicht gesetzlich im Detail festgelegt).
i) Insb.: Allgemeines Persönlichkeitsrecht
749
Neben seinen speziellen Ausprägungen im Namensrecht und dem Recht am eigenen Bild hat das allgemeine Persönlichkeitsrecht insb. für den Schutz der Ehre einer Person, aber auch als Unternehmerpersönlichkeitsrecht[88] Bedeutung als „sonstiges Recht“ i.S.d. § 823 Abs. 1. Vorrangig sind jedoch auch hier spezielle Schutzgesetze des StGB im Rahmen des § 823 Abs. 2 sowie §§ 824, 826 zu beachten.
Bei natürlichen Personen wird sodann begrifflich zwischen der Intim-, Privat- und Individualsphäre unterschieden, wobei erstere die innere Gefühls- und Gedankenwelt umfasst, die Privatsphäre vornehmlich den familiär-häuslichen Bereich, Letztere das öffentliche, berufliche etc. Wirken der Person. Geschützt sind alle drei Sphären (bei juristischen Personen nur die Individualsphäre), wobei ein abgestuftes Schutzkonzept hinsichtlich der Rechtswidrigkeit entwickelt wurde, insb. hinsichtlich der Veröffentlichungen über Personen der Zeitgeschichte. Dabei bedürfen insb. Bildberichterstattungen über das Privatleben Prominenter einer besonders sensiblen Interessenabwägung. Bei Wortberichterstattungen jedenfalls über wahre Tatsachen ist der Schutz der Privatsphäre durch legitime öffentliche Interessen bereits deutlich eingeschränkt. Nur begrenzt zulässig sind dagegen Verdachtsberichterstattungen und die ungeprüfte Weitergabe von Berichten Anderer, während unwahre Tatsachenberichte stets rechtswidrig sind.
750
Großzügiger wird die Zulässigkeit von Werturteilen und sonstigen Meinungsäußerungen gesehen, für welche insb. Art. 5 Abs. 1 GG im Einzelfall den Ausschlag geben kann (die Meinungsfreiheit schützt durchaus aus Tatsachenbehauptungen, insoweit deren Auswahl und Darstellung ebenfalls wertenden Charakter hat). Mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung ist die Persönlichkeitsverletzung deshalb stets durch Interessenabwägung zwischen Art. 1 und 2 GG einerseits und Art. 5 Abs. 1 GG, einschließlich der Pressefreiheit, andererseits zu begründen.
751
Filmische Dokumentationen einer Rundfunkanstalt mit versteckter Kamera zur Aufdeckung von Missständen im Arbeitsprozess eines Unternehmens sind nur dann zulässig, wenn die aufzunehmenden Verhältnisse entweder illegale Zustände darstellen oder sehr gravierend sind; zusätzlich müssen die Aufnahmen zur Aufdeckung erforderlich sein.[89]
2. Verkehrspflichten und Produkthaftung
752
Die Verletzung der in den Schutzgütern des § 823 Abs. 1 liegenden Zuweisungs- und Verhaltenspflichten wird demjenigen zugerechnet, der durch seine Handlung hierfür eine Ursache gesetzt hat. Das gilt gleichermaßen, ob das Handeln in einem Tun oder Unterlassen, nämlich insb. von Schutzvorkehrungen, liegt. Ein bloßes Unterlassen hat dabei eine dem Tun vergleichbare Qualität (nur), wenn zusätzlich eine Rechtspflicht zum Handeln gegenüber dem Verletzten bestanden hatte.
753
Die Abgrenzung positiven Tuns zum Unterlassen erfolgt nach dem Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit; der Abbruch eigener Rettungsmaßnahmen ist etwa ein Tun, wenn die Rettungshandlung bereits eine realisierbare Rettungsmöglichkeit geschaffen hatte (z.B. Zurückziehen eines für den Ertrinkenden erreichbar ausgeworfenen Rettungsrings). Das Abschalten lebenserhaltender Apparaturen ist jedenfalls durch einen zur Behandlung verpflichteten Arzt als Unterlassung zu qualifizieren, nicht aber als Tun, weil ein Nicht-Anschalten dem gleichstünde.
Die Handlungspflicht hat beim Unterlassen eine doppelte Funktion und bestimmt durch ihren Schutzzweck die im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität überhaupt nur relevante Person und СКАЧАТЬ