Название: Schuldrecht Allgemeiner Teil II
Автор: Achim Bönninghaus
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: JURIQ Erfolgstraining
isbn: 9783811476523
isbn:
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Wegen seines Bezuges zum pflichtwidrigen Erfolg setzt der Vorsatz im Zivilrecht grundsätzlich auch das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit voraus (sog. Vorsatztheorie).[2] Jeder Irrtum über tatsächliche Umstände oder die Pflichtwidrigkeit schließt den Vorsatz aus.[3] Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Rechtsirrtum vermeidbar war – das ist vielmehr eine Frage des Fahrlässigkeitsvorwurfes.[4]
Beispiel
Fa. V mit Sitz in Hamburg verkauft dem K eine Hochseesegelyacht für den Einsatz an der Nordsee in Holland. 2 Monate nach Übergabe stellt sich ein produktionsbedingter Mangel heraus. K verlangt von V Nacherfüllung durch Reparatur in Amsterdam, dem derzeitigen Standort der Yacht. V erklärt sich dazu bereit, wenn K die Yacht zu ihm nach Hamburg transportieren lasse. K meint, dies sei Sache des V und mahnt die sofortige Reparatur an.
V kann sich mit seiner Pflicht zur Nacherfüllung aus §§ 437 Nr. 1, 439 Abs. 1 nur dann in Verzug befinden, wenn er die Nichtleistung trotz Mahnung zu vertreten hat, § 286 Abs. 4. Ein vorsätzliches Verschulden scheidet hier aus, da V davon ausging, die Nacherfüllung nur an seinem Sitz vornehmen zu müssen. Ob V die Rechtslage richtig beurteilt hat, richtet sich nach § 269. Danach wäre die Reparatur nur dann in Hamburg durchzuführen, wenn sich aus den Umständen nichts anderes ergibt. Hier ergeben die besonderen Umstände, dass die Yacht für den Hochseeeinsatz bestimmt war. Somit war der Leistungsort für die Nacherfüllung dort angesiedelt ist, wo sich die Sache nach ihrem vertraglich vorausgesetzten – sonst gewöhnlichen – Gebrauch befindet – hier also der Liegeplatz der Yacht.[5]
V befand sich daher in einem Rechtsirrtum. Es kommt daher allenfalls ein Verschulden in Form der Fahrlässigkeit in Betracht.[6]
Anmerkung: Anders hat der BGH mit Urteil vom 19.12.2012 entschieden.[7] In dem Fall wohnten beide Parteien in Berlin. Das gekaufte Boot war nicht für den Hochseeeinsatz bestimmt und war nur über den Winter in Usedom untergestellt. Hier hatte der Verkäufer sich zu Recht geweigert, die Reparatur in Usedom auszuführen.
Hinweis
Damit steht der zivilrechtliche Ansatz („Vorsatztheorie“) im Widerspruch zur strafrechtlichen „Schuldtheorie“. Bei einer Haftung aus § 823 Abs. 2 wegen Verletzung eines strafrechtlichen Schutzgesetzes erfordert der Vorsatz aus Gründen der Einheitlichkeit der Rechtsordnung ausnahmsweise kein Bewusstsein der Rechtswidrigkeit (sog. „Schuldtheorie“).[8]
2. Teil Vertretenmüssen › C. Vertretenmüssen wegen Verschuldens des Schuldners › II. Fahrlässigkeit
II. Fahrlässigkeit
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Den Vorwurf der „Fahrlässigkeit“ konkretisiert § 276 Abs. 2.
Gem. § 276 Abs. 2 handelt fahrlässig, „wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt“.
1. Maßstab
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Nach dieser Formulierung ist im Zivilrecht also ein objektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen, so dass es auf individuelle Fähigkeiten und persönlichen Kenntnisse des Schuldners nicht ankommt.[9] Mit dem Abstellen auf die „erforderliche“ Sorgfalt soll klargestellt werden, dass eine im Verkehr übliche „Unsitte“ nicht maßgeblich ist. Der Schuldner hat sein Verhalten so auszurichten, wie es nach dem Urteil besonnener und gewissenhafter Angehöriger desselben Verkehrskreises erforderlich ist.[10]
Beispiel[11]
Stationsarzt A steckt in seinen ersten Berufsjahren als Gynäkologe. Bei einer schwierigen Geburt droht dem Säugling akute Sauerstoffnot, so dass A beherzt zupackt und am Kopf des Kindes zieht. Dieser Griff entspricht in dieser Situation aber nicht den ärztlichen Standards. Der Säugling erleidet dadurch schwere Gesundheitsschäden. Hier kann sich A nicht auf seine Anfängerschaft berufen, da er sich als zugelassener Arzt an den medizinischen Standards seiner Fachrichtung messen lassen muss. Im Krankenhaus darf jeder eine ärztliche Behandlung nach allgemeinen Standards erwarten. Die Konsequenz der Rechtsprechung in Fällen wie diesen besteht außerdem darin, dass der Fahrlässigkeitsvorwurf nicht über den Umweg begründet werden muss, der A habe die Geburtshilfe gar nicht erst übernehmen dürfen (sog. „Übernahmeverschulden“).[12] Das ist unnötig, da das Verhalten des A ohnehin nach dem objektiven Maßstab bewertet wird.
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Das Urteil über das verkehrsrichtige Verhalten richtet sich an zwei wesentlichen Kriterien aus: Voraussehbarkeit und Vermeidbarkeit des pflichtwidrigen Verhaltens.[13]
Zu fragen ist danach zuerst, ob bei besonnener und umsichtiger Betrachtung eine nahe liegende Möglichkeit des pflichtwidrigen Erfolges bestand. Vorbeugungsmaßnahmen vor jedweder Gefahr können grundsätzlich nicht verlangt werden.[14]
Bei einer in diesem Sinne vorhersehbaren Gefahr der Pflichtverletzung ist der Schuldner gehalten, zur Vermeidung dasjenige zu unternehmen, was aus Sicht eines besonnenen und umsichtigen Angehörigen des betroffenen Verkehrskreises ausreichend und unter Berücksichtigung des Risikoausmaßes noch wirtschaftlich zumutbar ist.[15]
Beispiel
A schuldet dem Rechtsanwalt X Honorar auf Stundenbasis für eine abgeschlossene Beratungstätigkeit. Nach § 8 Abs 1 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) wird die Vergütung des Anwalts fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Der in Sozietät mit X verbundene Rechtsanwalt Y kümmert sich um die Akten des X in dessen Urlaubsabwesenheit. Y schickt dem A eine Mahnung wegen des noch offenen Honorars, das nicht näher beziffert wird. Y hatte allerdings übersehen, dass X dem A noch gar keine Rechnung für diese Angelegenheit geschickt hatte.
A gerät durch die Mahnung noch nicht in Verzug, weil ihm das zu zahlende Honorar nicht bekannt ist und er es allein nicht mit zumutbarem Aufwand ausrechnen kann.[16] Schließlich hängt die Höhe vom internen Zeitaufwand des X ab, der dem A nicht vollständig bekannt ist.
Achtung: Klärt A den Y über die fehlende Rechnung nicht auf, begründet dies allerdings eine Verletzung der nach § 241 Abs. 2 geschuldeten Pflicht zur Rücksichtnahme, die ihrerseits eine Haftung aus § 280 Abs. 1 auslösen kann.[17]
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Bei der Schadensersatzhaftung wegen Pflichtverletzung spielt im Rahmen der Fahrlässigkeitsprüfung vor allem der Fall eine Rolle, in dem der Schuldner einen Rechtsirrtum geltend macht und sich darauf beruft, ihm sei nicht bewusst gewesen, zur Leistung verpflichtet gewesen zu sein.
Damit schließt der Schuldner zunächst einmal den Vorsatz aus, da dieser ja das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit erfordert. In Betracht kommt daher nur ein Fahrlässigkeitsvorwurf.
Um zu verhindern, dass jeder Laie seine Haftung bei halbwegs schwieriger Rechtslage unter Berufung auf einen Rechtsirrtum abwehren kann, hat man eine strenge Betrachtung entwickelt: Der umsichtige Schuldner muss die Rechtslage sorgfältig prüfen, bei Unsicherheit Rechtsrat einholen und die höchstrichterliche СКАЧАТЬ