Название: Schuldrecht Allgemeiner Teil II
Автор: Achim Bönninghaus
Издательство: Bookwire
Жанр: Языкознание
Серия: JURIQ Erfolgstraining
isbn: 9783811476523
isbn:
29
Auch ohne ausdrückliche Regelung ist allgemein anerkannt, dass für die Erfüllung von Geldsummenschulden stets verschuldensunabhängig gehaftet wird und auch bei sonstigen Schulden der Einwand fehlender Finanzkraft unbeachtlich ist.[2]
Beispiel 1
M schuldet seinem Vermieter V die monatlich im Voraus zu zahlende Miete für drei Monate. Hier tritt Verzug nach § 286 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 auch dann ein, wenn M aufgrund Insolvenz seines Arbeitgebers unverschuldet arbeitslos geworden ist und deshalb über keine ausreichenden Finanzmittel mehr verfügt.
Beispiel 2
A verpflichtet sich gegenüber dem B, auf dessen Grundstück ein Haus zu errichten. A gehen jedoch die finanziellen Mittel aus, so dass er nicht in der Lage ist, sich die nötigen Baustoffe zu beschaffen. Hier tritt Verzug mit der Werkherstellung auch dann ein, wenn A seine Liquiditätsprobleme nicht verschuldet hat (etwa weil seine sonstigen Kunden ihre fälligen Rechnungen alle nicht bezahlen).
2. Teil Vertretenmüssen › B. Vertretenmüssen ohne Verschulden › III. Vertragliche Übernahme
III. Vertragliche Übernahme
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Aus dem Prinzip der Privatautonomie folgt, dass jeder Schuldner sich vertraglich zur Übernahme einer verschuldensunabhängigen Haftung verpflichten kann, so dass dann aufgrund der vertraglichen Regelung eine „strengere“ Haftung bestimmt ist. Dazu wird sich ein Schuldner allerdings selten freiwillig hinreißen lassen.
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Viel häufiger kommt es vor, dass eine solche Haftungsverschärfung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Vertragspartners enthalten ist.
Beispiel
Die Klausel „Der Mieter haftet für alle Schäden am Mietobjekt, die durch ihn verursacht wurden.“ stellt allein auf die Verursachung im Sinne einer Kausalität ab – zumindest ist ein solches Verständnis nach § 305c Abs. 2 zugrunde zu legen. Der Mieter eines Pkw würde nach dieser Klausel auch dann auf Schadensersatz haften, wenn er beim Fahren des Pkw schuldlos in einen Auffahrunfall verwickelt wird.
Da eine solche Bestimmung vom wesentlichen Grundgedanken des § 276 Abs. 1 abweicht, nach dem der Schuldner grundsätzlich nur Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten hat, stellt eine solche Klausel regelmäßig eine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 dar.[3] Für die Verwendung der Klausel gegenüber einem Verbraucher gilt dies ausnahmslos. Bei Verwendung gegenüber einem Unternehmer gilt dies im Prinzip ebenfalls, wobei hier Ausnahmen aufgrund besonders günstiger, die strenge Haftung ausgleichender Gesamtkonditionen in Betracht kommen.[4]
2. Teil Vertretenmüssen › B. Vertretenmüssen ohne Verschulden › IV. „Sonstiger Inhalt des Schuldverhältnisses“
IV. „Sonstiger Inhalt des Schuldverhältnisses“
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Schließlich kann sich nach § 276 Abs. 1 S. 1 eine verschuldensunabhängige Haftung auch aus dem „sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses“ ergeben. Beispielhaft nennt die Vorschrift die Übernahme einer Garantie oder eines Beschaffungsrisikos.
1. Garantieübernahme
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Bei der Garantie macht der Schuldner deutlich, in besonderer Weise für einen bestimmten Erfolg „mit seinem Namen“ einstehen zu wollen. In diesem Zusammenhang kommen insbesondere Eigenschaftszusicherungen in Betracht, bei denen ein Vertragspartner, z.B. der Verkäufer, für bestimmte Vorzüge des Leistungsgegenstandes wirbt.[5]
Eine Zusicherung im Sinn einer Garantie liegt vor, wenn der Verkäufer vertraglich die Gewähr für das Vorhandensein einer Beschaffenheit übernimmt und dabei seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Beschaffenheit uneingeschränkt einstehen zu wollen.[6]
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Eine besondere Form sieht das Gesetz für die Garantieübernahme als solche nicht vor.
Beispiel
V verkauft dem K einen gebrauchten Pkw und teilt dem K mit, der Wagen habe „keine Unfallschäden“.
Die Frage, ob die Angabe „keine Unfallschäden“ lediglich als Beschaffenheitsangabe (§ 434 Abs. 1 S. 1) oder aber als Beschaffenheitsgarantie i.S.d. § 443 Abs. 1 zu werten ist, ist durch Auslegung nach §§ 133, 157 zu entscheiden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass an eine Garantie einschneidende Rechtsfolgen geknüpft sind, wie sich aus der Haftungsverschärfung nach den Regeln der §§ 276 Abs. 1, 442 Abs. 1 S. 2 Var. 2, 444 Hs. 2 Var. 2 ergibt.
Handelt es sich bei dem Verkäufer um einen Gebrauchtwagenhändler, so ist die Interessenlage typischerweise dadurch gekennzeichnet, dass der Käufer sich auf die besondere, ihm in aller Regel fehlende, Erfahrung und Sachkunde des Händlers verlässt. Er wird daher zumindest bei Angaben auf seine ausdrückliche Nachfrage erkennbar darauf vertrauen, dass der Händler sich für seine Angaben zur Beschaffenheit des Fahrzeuges „stark macht", diese mithin „garantiert“.[7] Anders liegt es dann, wenn der Händler für die von ihm angegebenen Beschaffenheiten eine hinreichend deutliche Einschränkung zum Ausdruck bringt, indem er etwa darauf hinweist, dass er die Angaben nicht überprüft hat[8] (z.B. „laut Vorbesitzer keine Unfällschäden“[9]).
Auf den Kauf direkt vom Privatmann trifft die für den gewerblichen Verkauf maßgebliche Erwägung, dass der Käufer sich in der Regel auf die besondere Erfahrung und Sachkunde des Händlers verlässt und in dessen Erklärungen daher die konkludente Übernahme einer Garantie sieht, nicht zu.[10] Insbesondere bei Angaben über technische Beschaffenheiten kann der Käufer beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs nicht davon ausgehen, der Verkäufer wolle für die Richtigkeit dieser Angabe unter allen Umständen einstehen und gegebenenfalls auch ohne Verschulden auf Schadensersatz haften. Will der Käufer beim Gebrauchtwagenkauf unter Privatpersonen eine Garantie für Beschaffenheiten (z.B. Laufleistung, Unfallfreiheit) des Fahrzeugs haben, muss er sich diese regelmäßig ausdrücklich von dem Verkäufer geben lassen.[11] Von einer stillschweigenden Garantieübernahme kann beim Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeugs daher nur ausnahmsweise bei besonderen Umständen ausgegangen werden.
2. Übernahme eines Beschaffungsrisikos
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