Название: Psychologie
Автор: Rainer Maderthaner
Издательство: Bookwire
Жанр: Документальная литература
Серия: utb basics
isbn: 9783846355404
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Merksatz
Psychologie ist eine Erfahrungswissenschaft, die in möglichst erschöpfender Breite und mit möglichst großer Realitätsnähe die Psyche bzw. ihre „Produkte“ erforscht, nämlich das Verhalten, Erleben und Bewusstsein von Lebewesen.
Interdisziplinarität ist die Zusammenarbeit verschiedener Wissenschaftsdisziplinen zur Lösung eines Problems. Transdisziplinarität erfordert den Einbezug von Praktikerinnen und Praktikern in den wissenschaftlichen Diskurs.
Dörner und Selg (1996, 20) definieren im Sinne der Kybernetik: Psychologie ist die „Wissenschaft von den offenen oder variablen Regulationen“ (Bischof, 2016). Als „offen“ werden Regulationen dann bezeichnet, wenn sie „nicht genau durch genetische Vorprogrammierungen“ festgelegt sind (Dörner & Selg, 1996, 20). Gemeint sind kybernetische Regelsysteme, die sich plastisch entwickeln können (z.B. Lern- und Denkvorgänge) und nicht genetisch fixiert sind (z.B. Reflexe oder Erbkoordinationen). Dass die Unterscheidung zwischen variablen und stabilen Regulationen auf empirischer Basis – zumindest bis heute – noch äußerst schwerfällt, erschwert allerdings die Anwendung dieser Definition.
Dörner und Selg (1996, 24) formulieren weiter: „Gegenstand der Psychologie kann alles werden, was erlebbar ist und / oder sich im Verhalten äußert [...]“. Übereinstimmend mit einigen vorigen Definitionen werden hier introspektives Erleben und beobachtbares Verhalten als gleichwertige Datenquellen der Psychologie verstanden. Vorteilhaft an dieser breiten, aber pragmatischen Definition erscheint außerdem ihre Orientierung in Richtung Interdisziplinarität - und Transdisziplinarität, ohne die eine erschöpfende und realitätsnahe Erklärung psychischer Phänomene kaum möglich ist.
Allgemeine Zielsetzungen wissenschaftlicher Psychologie | | 2.2 |
In verbreiteten Einführungswerken der Psychologie (vgl. etwa Bourne & Ekstrand, 2005; Gerrig & Zimbardo, 2008; Ulich, 2000) finden sich – gut vergleichbar mit anderen empirischen Sozial- und Humanwissenschaften (wie etwa der Soziologie, der Ökonomie oder der Medizin) – vier Hauptziele für die Wissenschaftsdisziplin Psychologie:
Box 2.1 | Häufige Artefakte bei Befragungen
• Unklarheiten in der Formulierung von Fragen (z.B. Mehrdeutigkeit, zu komplizierte Sätze)
• Fehlinterpretationen von Anweisungen („Instruktionen“)
• Sequenzeffekte (Ermüdung, „Trainingseffekte“)
• Hawthorne-Effekt (sich beobachtet oder analysiert zu fühlen, erhöht zumeist die Leistungsbereitschaft)
• Mangelnde Bereitschaft zur Selbstenthüllung (bei privaten Inhalten)
• Motive zur Selbstdarstellung, Effekt der sozialen Erwünschtheit (bei Interviewpartnerinnen und -partnern einer Befragung einen bestimmten Eindruck zu hinterlassen, sich nicht zu blamieren etc.)
• Befürchtung negativer Konsequenzen (Zweifel an anonymer Verarbeitung der Daten)
• Sponsorship-Bias (Vermutungen über die Absichten der Auftraggeberinnen und -geber von Befragungen)
• Kontext-Effekte (z.B. Einfluss von Stimmungen)
• Urteilsheuristiken (pragmatische, zeitsparende und oft unlogische Art der Schlussfolgerungen)
• Anwesenheitseffekte (Beeinflussung des Antwortverhaltens durch anwesende Personen)
In Anlehnung an Bortz & Döring (1995)
2.2.1 | | Beschreiben |
Merksatz
Die Beschreibung von Forschungsphänomenen in der Psychologie (Datenerhebung) geschieht hauptsächlich über Selbst- und Fremdbeobachtung, Befragung, Messung, Experiment, Test, Textanalyse, Inhaltsanalyse, Skalierung, Simulation oder Fallstudien, wobei einer verfälschungsfreien Erfassung der Daten besondere Beachtung geschenkt wird (Gütekriterien).
Darunter versteht man das (möglichst) präzise, systematische und theoriegeleitete Erfassen von Informationen (Daten) über die zu untersuchenden psychischen Phänomene. Häufig verwendete Erhebungsverfahren sind Selbst- und Fremdbeobachtungen, Befragungen (Interviews), Experimente, Tests, nichtreaktive Verfahren (z.B. Archive, Abnützungsgrad von Böden oder Gebrauchsgegenständen), Textanalysen (z.B. Tagebücher), Inhaltsanalysen (Häufigkeit und Bedeutung verwendeter Begriffe), Skalierungen (Semantisches Differential bzw. Polaritätsprofil), Simulationen (z.B. Computermodelle, Szenarien), hirnelektrische Ableitungen (z.B. EEG), Messungen (z.B. Reaktionszeiten) oder Labordaten (z.B. blutchemische Werte). Die Auswahl der Beschreibungsmittel von psychologischen Phänomenen richtet sich primär nach der wissenschaftlichen Grundorientierung der forschenden Person, nach der Art des Phänomens, und bei quantitativen Daten auch nach deren statistischer Verwertbarkeit.
Als Objektivitätsproblem bezeichnet man die Schwierigkeit, Daten unverfälscht zu erfassen (Box 2.1). Bei diagnostischen Verfahren zur Beschreibung von Störungsbildern oder Personenmerkmalen werden hohe Gütekriterien gefordert, die sinngemäß für alle psychologischen Datenerhebungen gelten (s. 3.6):
1. Objektivität: Sie ist umso größer, je ähnlicher die Daten bei unterschiedlichen datenerhebenden Personen sind.
2. Reliabilität: Die sogenannte „Zuverlässigkeit“ von Daten ist umso größer, mit je weniger Erhebungsfehlern sie überlagert sind.
3. Validität: Die „Gültigkeit“ von Daten nimmt in dem Maße zu, in dem sie tatsächlich jene Eigenschaft beschreiben, die registriert werden soll (z.B. Intelligenz und nicht auch Konzentration oder Bildung).
Daneben sollten jedoch noch weitere Qualitätsanforderungen an psychologische Daten gestellt werden, nämlich bezüglich der Skalierung (Wiedergabe korrekter Quantitäten), der Normierung (Normen bzw. Bezugssysteme für Ergebnisse sollen vorhanden sein), der Fairness (Daten über verschiedene soziale Gruppen dürfen nicht systematisch verfälscht sein), der Ökonomie (der Aufwand der Datenerhebung soll vertretbar sein), der Zumutbarkeit (Konsequenzen für Probanden sowie deren Akzeptanz sind zu berücksichtigen), der Unverfälschbarkeit (Ergebnisse sollen nicht manipulierbar sein) und der Nützlichkeit (Daten sollen zweckentsprechend sein).
2.2.2 | | Erklären |
Eine zweite wichtige Zielsetzung der Psychologie ist die Erklärung der beobachteten oder gemessenen Phänomene. Dies geschieht durch Gesetze- oder durch deren Zusammenfassungen, die Theorien. Diese werden durch Ableitung von Hypothesen über zu erwartende Ergebnisse in empirischen Untersuchungen getestet. Die Resultate dieser Befragungen, Experimente oder Beobachtungen werden inhaltlich interpretierend (qualitativ) oder statistisch (quantitativ) auf Gesetzlichkeiten überprüft und mit den hypothetisch postulierten Zusammenhängen verglichen. Stimmen die empirisch gefundenen Zusammenhänge mit den erwarteten überein, dann spricht man von einer Verifikation der Hypothesen, im gegenteiligen Fall von deren Falsifikation. Eine solche Hypothesentestung setzt die Formulierung einer Theorie oder zumindest die Vorannahme einer Gesetzlichkeit voraus. In diesem Falle spricht man von einer konfirmativen (bestätigenden) Vorgangsweise, im Gegensatz zu einem explorativen Verfahren, wenn es darum geht, an einem Pool gewonnener Daten СКАЧАТЬ