Psychologie. Rainer Maderthaner
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Название: Psychologie

Автор: Rainer Maderthaner

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: utb basics

isbn: 9783846355404

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СКАЧАТЬ sind wissenschaftlich begründete Annahmen (Wenn-dann-Aussagen) über Zusammenhänge von Ereignissen. Bestätigte Hypothesen nennt man Gesetze. Als Theorie bezeichnet man zumeist ein System von Gesetzen.

      Gesetze und Hypothesen sind zumeist in Form von „Wenndann-Aussagen“ formuliert und beziehen sich auf vermutete Kausalzusammenhänge in der Realität. Die „Wenn-Komponente“ von Hypothesen beschreibt jeweils die Ursachen, Bedingungen oder Auslöser von Wirkungen, während die Effekte oder ausgelösten Veränderungen in der „Dann-Komponente“ formuliert werden (Box 2.2; Westermann, 2000). Ein Beispiel eines Gesetzes aus der Kognitionsforschung (Yerkes-Dodson-Gesetz): Eine zu hohe oder zu niedrige psychophysiologische Aktivierung (Wenn-Komponente) verringert die Konzentrations-, Denk- und Gedächtnisleistungen (Dann-Komponente).

      Merksatz

      Wichtige Qualitätskriterien für Gesetze und Theorien sind ihr Grad an Repräsentativität, ihr Realitätsbezug sowie ihre zeitliche und situative Stabilität.

      Ein grundlegendes Problem bei der Interpretation von Untersuchungsergebnissen, das sogenannte Repräsentativitätsproblem, ist die Frage nach der Verallgemeinerbarkeit, nämlich danach, wie gut von den jeweils beobachteten Daten – den Fällen der Stichprobe – auf die Grundgesamtheit bzw. Population zu schließen ist (s. auch Replikationsproblem; Open Science Collaboration, 2015).

      Eine andere Unsicherheit besteht darin, ob die abstrakt formulierten Theorien eine inhaltliche Entsprechung in den empirisch ausgewählten Untersuchungsverfahren finden: Die Rede ist vom Operationalisierungsproblem bzw. Validitätsproblem. Hier geht es etwa darum, ob die Intelligenz eines Menschen (d.h. die abstrakte Annahme über die geistige Leistungsfähigkeit einer Person) tatsächlich durch spezielle Intelligenzaufgaben eines Tests erfassbar bzw. ob die theoretische Vorstellung über Intelligenz anhand von anschaulich-konkreten Daten überprüfbar ist.

      Reliabilität = bedingungsunabhängige Verlässlichkeit einer Datenerhebung

      Weiters ist im sozialwissenschaftlichen Bereich kaum davon auszugehen, dass eine einmal gefundene Gesetzmäßigkeit an allen möglichen Orten, zu allen möglichen Zeiten und unter allen möglichen Umständen gilt, was als Reliabilitätsproblem bezeichnet wird (Bortz & Döring, 1995; Schnell, Hill & Esser, 2005). Zur Überprüfung der Reliabilität von Ergebnissen bedient man sich verschiedener statistisch gestützter Methoden, bei denen zum Beispiel ein Test für eine psychische Eigenschaft bei gleichen Personen wiederholt eingesetzt wird („Retest-Reliabilität“) oder die Ergebnisse verschiedener Tests zur gleichen Eigenschaft miteinander verglichen werden („Paralleltest-Reliabilität“).

      Eine für die Verlässlichkeit von Forschungsergebnissen wichtige Bedingung ist deren Replizierbarkeit bzw. Reproduzierbarkeit, welche in letzter Zeit in mehreren Disziplinen nicht zufriedenstellend ausfiel (Baker, 2016), sodass Verbesserungen im Forschungsprozess vorgeschlagen wurden (Erdfelder & Ulrich, 2018; Fiedler, 2018).

Vorhersagen| 2.2.3

      Die Formulierung von Gesetzen dient auch zur Erstellung von Prognosen. Wenn zum Beispiel über einen spezifischen Sachverhalt Informationen gegeben sind, dann können unter Verwendung der psychologischen Gesetze Rückschlüsse auf weitere nicht bekannte Merkmale des Sachverhalts gezogen werden (Box 2.2). In der Fachliteratur ist der Fundus an psychologischen Vorhersagen unüberschaubar groß, und die Prognosegüte für zahlreiche Praxissituationen ist vielversprechend (Frey, Hoyos & Stahlberg, 1988; Baumann & Perrez, 1990, 1991; Schwarzer, 1997; Hellbrück & Fischer, 1999; Süss & Negri, 2019 usw.): Welche Erziehungsmaßnahmen fördern eine gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen? Welche häuslichen Bedingungen sind Voraussetzungen für gute Schulleistungen? Welche Kommunikationsformen erleichtern die berufliche Kooperation? Welche Einflüsse hat die Lebensumwelt auf das Wohlbefinden? Wie kann man am besten Ängsten und Depressionen begegnen? Wie lernt man am schnellsten große Stoffmengen?

      Box 2.2 | Prognosen durch Gesetze

      Bekannte Vorinformationen (Prämissen):

      Person X ist sprachbegabt.

      Person X ist lernmotiviert.

      Person X hat gute Lernbedingungen.

      Gesetze (Prämissen):

      Wenn eine Person sprachbegabt und lernmotiviert ist sowie gute Lernbedingungen vorfindet, dann erzielt sie höchstwahrscheinlich gute Lernleistungen in Fremdsprachen.

      Schlussfolgerung (Konklusion): Person X wird sehr wahrscheinlich gute Lernleistungen in Fremdsprachen erbringen.

      Merksatz

      Aus psychologischen Gesetzen können vielfältige Vorhersagen über psychische Strukturen oder Abläufe und über deren Abhängigkeit von Umweltbedingungen abgeleitet werden.

      Grundsätzlich können Vorhersagen über die Struktur von psychischen Phänomenen (z.B. Intelligenzstruktur, Persönlichkeitsstruktur, Einstellungsprofil) und über deren Dynamik (z.B. Reifungsprozesse, geistige Entwicklung, Entstehung psychischer Störungen) getroffen werden. Ähnlich wie bei politischen Wahlprognosen hängt auch im psychischen Bereich der Erfolg der Vorhersagen wesentlich von der Güte der verwendeten Theorien und der mathematisch-statistischen Prognoseverfahren ab.

Verändern| 2.2.4

      Eine dauerhafte Veränderung bzw. Optimierung menschlichen Erlebens und Verhaltens (die Veränderung von Gefühlen, Einstellungen, Motiven, Entscheidungen etc.) lässt sich in den meisten Fällen nicht allein durch Vermittlung von Einsichten (z.B. über Kindheitstraumen), durch Anwendung „psychologischer Tricks“ (z.B. paradoxe Intervention) oder durch einzelne suggestive Maßnahmen (z.B. Hypnose) bewerkstelligen, sondern es sind sehr oft komplexe Vorgangsweisen nötig. Dabei müssen nicht nur die Klientinnen und Klienten, sondern auch deren soziale und physische Umfelder einbezogen werden. Der beratenden, pädagogischen oder therapeutischen Anwendung solcher Veränderungsprogramme gehen oft umfangreiche Studien an hunderten Versuchspersonen voraus, um den Erfolg unter möglichst vielen Bedingungen sicherzustellen.

      Arten psychologischer Intervention | Box 2.3

      ŸŸ• Beobachtungen und Befragungen (haben an sich schon indirekte Auswirkungen, z.B. durch Reflektieren des eigenen Verhaltens oder durch Problematisieren von Befragungsinhalten)

      ŸŸ• Kommunikationsstil (kann meinungsbildend, kommunikationsfördernd und konfliktlösend wirken, z.B. durch Maßnahmen der Moderation oder Mediation)

      ŸŸ• Aufklärung und Bildung (vermittelt psychologisches Wissen und Können, z.B. über optimales Lernen, Möglichkeiten der Stressbewältigung)

      ŸŸ• Beratung (Schulberatung, Berufsberatung, Erziehungsberatung, Coaching etc.)

      ŸŸ• Training (z.B. Entspannungstechniken, Lerntechniken, Kommunikations- und Kooperationstraining, Elterntraining)

      ŸŸ• Therapie (z.B. Kognitive Verhaltenstherapie, Gesprächstherapie)

      ŸŸ• Umweltgestaltung und Partizipation (z.B. Mitwirkung bei Planungen für menschengerechtes Wohnen und Siedeln, für eine humane Arbeitsplatzgestaltung oder für eine zukunftsfähige Mobilität)

      Die Liste möglicher psychologischer Einflussnahmen ist relativ groß und beginnt schon damit, dass Personen sich anders verhalten, wenn sie sich beobachtet fühlen. Ein gutes Beispiel dafür ist der sogenannte Hawthorne-Effekt, nach den amerikanischen „Western Electric Hawthorne Works“ in Chicago benannt, einer Fabrik, in der in den Jahren 1924- bis 1927 Elton Mayo den Einfluss von Arbeitsbedingungen auf die Produktivität СКАЧАТЬ