Habermas leicht gemacht. Georg Römpp
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Название: Habermas leicht gemacht

Автор: Georg Römpp

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Leicht gemacht

isbn: 9783846344255

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СКАЧАТЬ mit dem ‚Sinn‘ von Handlungen, aus der Zuschreibung von Motiven und/oder Gründen, in Bezug auf die Subjektivität oder/und Intersubjektivität von Handlungen sowie durch die Struktur eines – sprachlichen – Bewusstseins von sich selbst, das einem Handelnden zugeschrieben werden muss, wenn er von jemandem unterschieden werden soll, der sich nur verhält, wie wir dies auch von Tieren sagen können. Und am besten beginnen wir mit Aristoteles, den wir als maßgebenden Begründer einer Philosophie der ‚Praxis‘ auffassen können.

      2.2 Die Besonderheit von ‚Handlungen‘

      2.2.1 Aristoteles: praxis und poiesis

      Den Begriff der ‚Praxis‘ verwenden wir im Alltag heute meist nicht so, wie es in der Philosophie seit ihren Anfängen der Fall war. Wir pflegen ihn der ‚Theorie‘ entgegenzusetzen, wenn wir etwa sagen, was man in der Theorie gelernt habe, müsse man schließlich in die Praxis umsetzen können, wie der Arzt, der im Medizinstudium die Theorie kennen gelernt hat, schließlich eine Praxis eröffnet, um sein Wissen in der Behandlung von Patienten bzw. deren Leiden praktisch zu verwenden. Am Anfang der Philosophie wurde die Bedeutung von praxis jedoch durch die Entgegensetzung zu poiesis bestimmt. Poiesis hieß bei Aristoteles generell dasjenige menschliche Tun, das einem bestimmten Zweck dient. Dabei stellen sich in erster Linie Fragen nach dem ‚richtigen‘ Einsatz von Mitteln für gegebene Zwecke. Es handelt sich also um die Frage nach der richtigen Technik.

      Wenn man jedoch den optimalen Einsatz gegebener Mittel hinzunimmt, der erfolgt, um möglichst viel zu erreichen, dann könnte man die entscheidende Frage in Bezug auf die poiesis auch als eine ökonomische auffassen. Was bedeutet ‚richtig‘ in diesem [<<49] Zusammenhang? ‚Richtig‘ ist ein ‚poietisches‘ Tun offenbar dann, wenn es rational in dem Sinne ist, den wir in der Technik oder der Ökonomie verwenden. Es ist technisch-rational, wenn wir die für einen gegebenen Zweck geeigneten Mittel einsetzen und nicht versuchen, Schrauben mit einem Hammer einzusetzen. Es ist ökonomisch-rational, wenn wir die kostengünstigsten Mittel für ein gegebenes Ziel einsetzen oder mit den gegebenen Mitteln den höchstmöglichen Ertrag erzielen.

      Mit dem Begriff der praxis dagegen nahm Aristoteles eine ganz andere Perspektive auf das menschliche Tun ein, und er behauptete, dass diese Perspektive gerade für das Besondere des Menschen entscheidend sei. Hier folgt ihm Habermas ganz und gar, auch wenn dieser schließlich andere und weit kompliziertere Mittel einsetzt, um diese Behauptung zu begründen und auszuarbeiten. Unter dieser Perspektive wird generell nach einem inhärenten Sinn eines menschlichen Tuns gefragt, also nicht danach, welchen Sinn es hat in Bezug auf damit zu erreichende Zwecke, sondern ‚in sich selbst‘ und ‚aus sich selbst‘. Eine Lüge kann technisch und ökonomisch das adäquate Mittel darstellen, um einen bestimmten Vorteil zu erreichen, und insofern ‚richtig‘ sein. Aber kann man auch sagen, sie sei ‚richtig‘, weil sie in ihrem eigenen Sinn ‚richtig‘ ist?

      Ein solcher Sinn hat bei Aristoteles stets mit einem Ziel zu tun, d. h., ein menschliches Tun gewinnt einen inhärenten Sinn, weil es auf ein Ziel bezogen ist – was von einem Zweck zu unterscheiden ist. Die praxis im aristotelischen Sinn ist finalisiert. Von einer Orientierung an Zwecken unterscheidet das Tun sich nun deshalb, weil die verschiedenen Zwecke, für die wir technisch oder ökonomisch geeignete Mittel einsetzen und uns in diesem Sinne ‚rational‘ verhalten, selbst kein Ziel in sich selbst darstellen. Den Hammer verwenden wir, um einen Nagel einzuschlagen, der Nagel aber ist selbst kein Ziel in sich selbst, sondern soll ein Bild tragen, das aufgehängt zu haben wiederum nicht in sich selbst ein Ziel ist, sondern wieder ein Mittel für etwas anderes darstellt – sei es die Verschönerung der Wand, die Selbstdarstellung des Wandbesitzers als eines Kulturmenschen oder was auch immer. In der poiesis gelangen wir deshalb an kein Ende, weil Zwecke immer wieder selbst zu Mitteln werden.

      Die praxis im aristotelischen Sinn dagegen hat es mit dem Ziel zu tun, man könnte auch sagen: mit dem Ziel. Damit schließt sich die aristotelische Auffassung von praxis zusammen mit der Vorstellung von einem letzten Ziel alles Tuns im menschlichen Leben, also mit einem Zweck, der selbst nicht mehr zum Mittel wird, weil er sich in sich selbst erfüllt. Hier schließt sich Aristoteles an den zentralen Begriff der platonischen Philosophie an, obwohl er ihn auch charakteristisch verändert. Dieses Ziel ist das gute Leben. Anders als Platon sucht Aristoteles aber nicht, dieses Ziel aus einer Idee des Guten abzuleiten, die unveränderlich und als ewige Wahrheit feststehen würde. [<<50] ‚Gut‘ ist das Leben deshalb, weil es in einer polis gelebt wird, d. h. im sozialen Zusammenhang und in der Interaktion mit anderen Menschen, womit wir wieder bei einem zentralen Gedankengang von Habermas angelangt sind. Auch hier wird dieser aber ganz andere Mittel einsetzen, um diesen Gedanken näher auszuarbeiten.

      Es ist deutlich, dass die Perspektive auf die praxis des menschlichen Tuns bei Aristoteles den Anfang dessen darstellt, was wir bis heute als Ethik oder eben auch als praktische Philosophie bezeichnen. Der Begriff der Handlung als eines speziellen Tuns des Menschen, das ihn eben speziell als Menschen auszeichnet, ist damit als Teil der Ethik ausgezeichnet. Nach Aristoteles können wir also die Frage, was Handeln heißt, nicht von der Frage trennen, was gutes Handeln heißt. Handlungsphilosophie ist damit praktische Philosophie.

      Die praktische Philosophie benötigt einen solchen Begriff des menschlichen Tuns, weil sie ohne ihn ihren Gegenstand verlieren würde, d. h. kein Thema hätte, würde sie sich mit der technischen und/oder ökonomischen Eignung von Mitteln für Zwecke beschäftigen. Aber nach dieser Weichenstellung kann ein Begriff des Handelns auch nur innerhalb der Ethik diskutiert werden, weil ohne die Frage nach der ethischen Richtigkeit des Handelns überhaupt kein solches Konzept ausgearbeitet werden kann und menschliches Tun dann nur unter der Perspektive der poiesis verstanden werden müsste, d. h., ohne dass wir uns über die Suche nach geeigneten Mittel-Zweck-Beziehungen hinaus noch mit der Frage beschäftigen könnten, welche Ziele mit solchen Beziehungen überhaupt verfolgt werden.

      Die praxis ist bei Aristoteles darüber hinaus der Bereich, in dem keine Notwendigkeit bzw. Unveränderlichkeit herrscht, sondern von ihr ist nur dann die Rede, wenn etwas auch anders sein könnte. Diese Charakterisierung hat die praxis allerdings mit der poiesis gemeinsam, schließlich könnte man nicht planen, einen Tisch herzustellen, wenn der Tisch notwendig existieren würde oder wenn er notwendig nicht existieren könnte. Aber das Ziel der Tätigkeit unterscheidet praxis und poiesis voneinander. Die poiesis ist dadurch bestimmt, dass in ihr ein Ziel außerhalb der Tätigkeit selbst angestrebt wird: Die Tätigkeit der Herstellung eines Tisches wird unternommen, damit der Tisch schließlich dasteht und verwendet werden kann. In der praxis dagegen ist das Ziel bereits in der Tätigkeit selbst vorhanden. Deshalb ist der Beurteilungsmaßstab für die Güte der Handlung in der poiesis die Qualität des Hergestellten, d. h. seine Eignung für den angestrebten Zweck. Die praxis zu beurteilen ist dagegen weit schwieriger. Hier muss man allerdings beachten, dass Aristoteles es bisweilen mit seiner Terminologie nicht so genau nimmt. Bisweilen kommt man bei der Lektüre nicht darum herum, den Begriff der praxis ganz allgemein im Sinne eines Handelns aufzufassen, an anderen Stellen dagegen wird deutlich, dass dieser [<<51] Begriff nicht von dem der ‚Tugend‘ und damit von dem, was wir ‚gut‘ nennen können, abgetrennt verwendet wird.

      Eine tugendhafte – ‚gute‘ – praxis ist nicht durch ihr Ergebnis charakterisiert, sondern durch die Art des Handelns selbst. Aristoteles drückt das so aus, dass dann ‚gut‘ gehandelt wird, wenn der Handelnde in einer bestimmten Verfassung handelt, und diese Verfassung wird näher so sein müssen: (a) Es muss ‚wissend‘ (bewusst) gehandelt werden; (b) es muss vorsätzlich, und zwar um der Handlung selbst willen, gehandelt werden, d. h., der Handelnde muss sich entschieden haben (Aristoteles spricht hier von prohairesis, was man mit Vorsatz, Entscheidung oder Wahl übersetzen kann); (c) es muss aus einer festen Disposition heraus gehandelt werden (Nikomachische Ethik 1105a28–1105b9). Wer so handelt, kann also nicht ‚Unwissen‘ als Entschuldigung geltend machen, er hat aber auch nicht Zwang und Gewalt als Grund dafür anzugeben, dass die Handlung eigentlich nicht von ihm stammt und ihm nicht zuzuschreiben ist.

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