Habermas leicht gemacht. Georg Römpp
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Habermas leicht gemacht - Georg Römpp страница 17

Название: Habermas leicht gemacht

Автор: Georg Römpp

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия: Leicht gemacht

isbn: 9783846344255

isbn:

СКАЧАТЬ auf diese Weise nicht zur Ursache werden, dann ist die Annahme seiner Existenz überflüssig – es macht für unsere Weltauffassung keinen Unterschied, wenn wir vom ‚Geist‘ als einem folgen- und bedeutungslosen Phänomen in der Welt sprechen.

      Man könnte diese Frage im Zusammenhang unserer Thematik des Handelns auch so strukturieren: Entweder können wir handeln, d. h. durch Willensakte zu Ursachen in der Welt werden und damit auf die Welt wirken, oder wir können uns nur als Teil der physikalischen Welt verstehen und müssen unseren Zusammenhang mit der Welt und unser Leben in der Welt als Teil des auf dem gegenwärtigen Stande des Denkens nur mit den Mitteln der Physik angemessen zu beschreibenden Zusammenhangs von Ursachen und Wirkungen auffassen.

      Auch wenn das Handeln in der Philosophie nach Aristoteles also von ethischen Determinanten gelöst wurde, so blieb es doch weiter ein Thema, das das Besondere des Menschen zum Ausdruck bringen sollte, obwohl es nur als Wirken in der Welt auf der Grundlage von Willensakten verstanden wurde. Einem bloßen Verhalten schreiben wir eine Verursachung im Willen offenbar nicht zu. Nur das Handeln ist nach dieser Vorstellung also das Ereignis in der Welt, in dem der menschliche Wille sich in das Verändern der Welt übersetzt.

      In der Folge der aristotelischen Ansätze entstand deshalb schließlich eine Auffassung von Handlungen, in denen diese Theorie mithilfe dualistischer Auffassungen [<<55] des Geistes ausgeformt wurde. ‚Dualistisch‘ heißt hier, dass Geist und Materie als zwei Entitäten in der Welt aufgefasst werden, wohingegen eine ‚monistische‘ Auffassung dann vertreten wird, wenn mentale bzw. geistige Phänomene so auf materielle Prozesse zurückgeführt werden, dass sie nur noch Begleiterscheinungen der Letzteren darstellen, oder – was prinzipiell auch möglich wäre, obwohl es in der neueren Philosophie keine Bedeutung mehr besitzt –, wenn materielle Phänomene so von geistigen Prozessen abgeleitet werden können, dass ihnen keine eigenständige Wirklichkeit mehr zukommt. Ein mentaler Akt, wie etwa ein Willensakt, führt nach der dualistischen Auffassung dazu, dass ein materielles Ereignis stattfindet – wie etwa die Bewegung eines Armes, einer Hand und eines Fingers, der sich um den Abzug einer Pistole krümmt –, wodurch eine bestimmte Veränderung in der materiellen Welt ausgelöst wird. Durch den Willensakt werden also desire und belief in eine Handlung transformiert.

      Wir könnten nun versuchen, von Handeln nur dann zu sprechen, wenn ein Mensch für sein Verhalten Gründe angeben kann. Dabei müssen wir aber die Unterscheidung zwischen Gründen und Ursachen beachten. Gibt jemand Ursachen für sein Verhalten an, so sagt er geradezu, er habe nicht gehandelt, obwohl es möglich ist, dass er einen Teil seines Verhaltens als frei und einen anderen Teil als verursacht auffasst, so dass er es teilweise als bloßes Verhalten und teilweise als Handlung zu verstehen sucht. Etwa könnte er ausführen, seine natürlichen Neigungen (= Ursachen) würden ihn zu Aggressionen führen, die er aber durch seine Willensanstrengung kontrolliert, so dass seine tatsächliche Handlung auf Gründen beruht, die jene Aggressivität nicht zum Ausbruch haben kommen lassen.

      Von einem Grund im Unterschied zu einer Ursache wird in der philosophischen Tradition seit David Hume dann gesprochen, wenn sich ein Begehren (desire) mit einem Wissen bzw. einer Meinung (belief) des Handelnden verbindet. Die Meinung bzw. das Wissen ist deshalb wichtig, weil wir ohne Kenntnis der Zusammenhänge zwischen einem Verhalten und der Möglichkeit, durch dieses Verhalten ein Ziel zu erreichen, überhaupt nicht handeln würden. Die Basis für diesen Gedanken fand sich schon bei Aristoteles: Wir handeln mit Vorsatz, also willentlich, um ein Ziel zu erreichen. So weit scheint sich eine Handlung allerdings noch nicht von einem Verhalten zu unterscheiden. Das allerdings ist nicht ganz richtig, denn gemeint ist hier eine bewusste Einsicht in einen Mittel-Ziel-Zusammenhang. Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, dass es sich wirklich so verhält, wie derjenige annimmt, der unterwegs zu einer Handlung ist, weshalb Hume eben von belief sprach und nicht von einem Wissen. Darin verbirgt sich ein Haltung, in der wir ein Bewusstsein von einem solchen Zusammenhang besitzen. [<<56]

      Wir neigen zu der Annahme, dass Tiere nicht über eine solche ‚Meinung‘ verfügen, d. h. sich nicht so von sich selbst und von der Welt distanzieren können, dass sie ein Bewusstsein über den Zusammenhang zwischen Mitteln und Zielen besitzen. Wenn die Katze an der Schranktüre kratzt und wir das so auffassen, dass sie ihren ‚Dosenöffner‘ dazu bewegen will, ihr die Katzenkekse zu offerieren, so nehmen wir doch nicht an, dass sie sich diesen motivationalen (das Kratzen motiviert den ‚Dosenöffner‘) oder kausalen (das Kratzen hat als Wirkung das Öffnen der Türe, weil ihr Mensch nicht anders kann, als das Geräusch zu beseitigen) Zusammenhang bewusst gemacht hat. Insofern können wir nicht sagen, sie habe eine ‚Meinung‘ oder ein ‚Wissen‘ eingesetzt. Wir pflegen in solchen Fällen von einem gelernten Verhalten zu sprechen, d. h., das Tier hat durch Lernen das Kratzen an der Türe mit dem Erhalten von Leckereien verbunden und verhält sich nun gemäß dieser Konditionierung; es handelt sich also letztlich um etwas, das wir als ‚Reflex‘ bezeichnen. Wir sollten wiederum beachten, dass wir uns so nicht ausdrücken müssen, aber es handelt sich doch um die vorherrschende und übliche Verstehensweise bei Menschen, die keine Katzen anbeten.

      Ein solches Wissen bzw. eine solche Meinung setzen wir jedoch nicht ein ohne ein Begehren (desire). Das ist ein nicht unproblematischer Begriff, weil er schon bei David Hume sehr Vieles umfasste. Es wurde vorgeschlagen, an seine Stelle den Ausdruck ‚Wunsch‘ zu setzen, der aber nur neue Probleme aufwirft, weil er in der deutschen Sprache zu eng ist. Deshalb wurde diskutiert, den künstlichen Ausdruck ‚Pro-Einstellung‘ zu gebrauchen, was nur leider den Nachteil hat, dass darin nicht notwendig das Streben enthalten ist, das zur Auffassung von Handlungen nach dem Muster von belief und desire gehört. Vielleicht wäre ‚das Angestrebte‘ ein besserer Ausdruck. Wie auch immer, entscheidend ist dabei, dass es sich nicht einfach um die Präsenz von etwas ‚Attrahierendem‘ im Denken oder Vorstellen handelt, sondern dass dieses mit einer Einstellung des Handelnden verbunden ist, die dieser zu Handlungen einer bestimmten Art einnimmt. Das ist die Auffassung von Donald Davidson, der Humes Ansatz in der Gegenwart am konsequentesten fortgeführt hat.

      Wiederum ist der Unterschied zum Verhalten eines Tieres deutlich zu sehen. Der an der Türe des Katzenkekse-Schrankes kratzenden Katze können wir sicherlich so etwas wie ein ‚Begehren‘ im Sinne eines ‚Triebes‘ nach dem Bezug von solchen Leckereien zuschreiben. Wir würden aber kaum sagen, dass sie einen Begriff von Handlungen einer bestimmten Art hat (wie Katzenkekse-Essen) und dass sie eine Einstellung zu einer solchen Art von Handlungen hat, wofür man offenbar jenen Begriff voraussetzen müsste. Menschen dagegen können von einzelnen Handlungen absehen und zu Vorstellungen von Arten von Handlungen gelangen, weil sie verschiedenes Verhalten unter einen gemeinsamen Begriff bringen können. Die Einstellung dazu beschränkt [<<57] sich dann nicht auf das individuelle Verhalten, sondern bezieht sich zumindest rudimentär auf etwas Allgemeines, zu dem Stellung genommen wird.

      Auch nach Davidson kann der Zusammenhang von Begehren und Meinung demnach als der ‚primäre Grund‘ für die Ausführung einer Handlung bezeichnet werden, welcher von einer Ursache in der physikalischen Welt vor allem durch die Einstellungen des Handelnden zum Begehren und durch seine Haltung zu seiner Meinung unterschieden ist. Davidson geht von der Frage nach der Erklärbarkeit einer Handlung aus. Wir erklären eine Handlung, indem wir die Gründe auffinden und nennen, die für den Handelnden ausschlaggebend waren. Auch hier finden wir wieder den Bezug des Handelnden auf sich selbst, den eine Handlungserklärung berücksichtigen muss. Würde sie nur die Ursachen des Ereignisses erklären, das der Akteur in der Welt hervorgerufen hat, so wäre sie eine Kausalerklärung mithilfe von Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen, d. h., sie könnte auf einen Bezug auf den Selbstbezug des Akteurs verzichten.

      In diesem Falle allerdings würde sie ihn nicht als Akteur in dem Sinne auffassen, wie er seit dem Beginn des Denkens über Handlungen bei Aristoteles entwickelt wurde. Es würde sich um eine Erklärung in dem Sinne handeln, wie wir das Phänomen der Gezeiten durch die Gravitationswirkung des Mondes erklären, wo wir nicht auf die Idee kommen, dem Meer Gründe zu unterstellen, die es motivieren, so zu ‚handeln‘, ebenso wenig wie wir den Mond in diesem Zusammenhang als Akteur auffassen würden.

      Ein СКАЧАТЬ