Название: Marketing
Автор: Richard Kühn
Издательство: Bookwire
Жанр: Зарубежная деловая литература
isbn: 9783258464145
isbn:
Abbildung 1-6, welche die beiden Dimensionen zur Charakterisierung der Marketingorientierung als Koordinaten eines Beurteilungsrasters auffasst, soll dies veranschaulichen.
Abb. 1-6: Raster möglicher Marketinggrundhaltungen
Ein Unternehmen ist de facto nie oder doch fast nie extrem „produktorientiert“ oder „bedürfnisorientiert“, „aktiv“ oder „passiv“. Es ist im Allgemeinen nur „mehr oder weniger produktorientiert“, „mehr oder weniger bedürfnisorientiert“, „mehr oder weniger aktiv“, „mehr oder weniger passiv“ und zwar in Abhängigkeit von der Zahl und Bedeutung der Massnahmen und Einrichtungen, in denen sich die eine oder andere Grundeinstellung niederschlägt. Es existieren in der Realität immer eine Reihe von Symptomen, die in die eine oder andere Richtung deuten und die gemeinsam die Position eines Unternehmens auf den Kontinua der möglichen Marketingorientierungen bestimmen.14
Natürlich kann aufgrund eines einzelnen Symptoms nicht auf die Marketinggrundeinstellung des Unternehmens geschlossen werden. Erst eine sorgfältige und umfassende Analyse der absatzmarktrelevanten Entscheide, Verhaltensweisen und Massnahmen der verschiedenen organisatorischen Einheiten, die sich in ihrer Marketingorientierung unter Umständen wesentlich unterscheiden, erlaubt einen einigermassen fundierten Rückschluss auf die Marketinggrundhaltung der Gesamtunternehmung.
Tabelle 1-2 enthält Beispiele derartiger Symptome für die wichtigere und im Allgemeinen auch weniger leicht beurteilbare Dimension des „produkt- bzw. bedürfnisorientierten Marketing“. Konkrete Merkmale der Marketingpraxis sind als Ansatzpunkte zur Beurteilung der Marketinggrundeinstellung auch deshalb wichtig, weil direkte Fragen nach der Einstellung zu den Kunden häufig keine verlässlichen Ergebnisse liefern. Es gehört heute zum Selbstverständnis der Unternehmenspraxis, dass man Kundennähe und Kundenorientierung zu einem der obersten Leitsätze des Mitarbeiterverhaltens erklärt und deshalb auch für sich in Anspruch nimmt, kundenorientiert zu sein. Ob es sich dabei um ein Lippenbekenntnis handelt oder ob tatsächlich eine kunden- bzw. bedürfnisorientierte Grundeinstellung vorherrscht, kann nur eine eingehende Analyse der Marketingpraxis zeigen.
Bereiche, Instrumente, Funktionen | Symptome für Produktorientierung | Symptome für Bedürfnisorientierung |
Leistungsprogramm, | Spezifisch, an bestimmten technischen Fähigkeiten orientiertes Sortiment; | An Problemen und Bedürfnissen eines Marktes orientiertes Sortiment; |
Sortiment | Motto: verkaufen, was man produzieren kann. | Motto: „produzieren“, was sich verkaufen lässt. |
Marktdaten, Kundendaten | Nicht oder nur spärlich vorhanden; man ist jedoch überzeugt, die Kunden und ihre Bedürfnisse zu kennen. | Ausgebaute Marktforschung; quantitative und qualitative Daten; evtl. Glaube, dass Marktforschung alles beantwortet. |
Organisation | „Techniker“ dominieren die Geschäftsleitung; Marketing als Stabsstelle; Verkauf nicht dem Marketing unterstellt; Produktentwicklung ohne Beizug der Marketingfachleute. | Marketingspezialisten und Verkäufer mit „Fronterfahrung“ dominieren die Geschäftsleitung; Marketing als Linienabteilung, welcher der Verkauf unterstellt ist; Marketing dominiert Produktentwicklung. |
Marketing-kommunikation | Produkttechnische Argumente dominieren. | Problemlösungen für Kunden und Kundennutzen dominieren. |
Kundendienst | Nur soviel wie absolut nötig; Reklamationen als Störfaktor. | Ausgebauter Kundendienst als Basis für Kundenbindung; Reklamationen als Chance nutzen. |
Kundenempfang, äussere Merkmale | Parkplätze eher für Geschäftsleitung als für Kunden reserviert; im Extremfall unfreundlicher, ineffizienter Empfang; Kunde wirkt fast störend. | Parkplätze, Anschriften, Empfangshalle, Telefondienst etc. sind auf Kundenempfang ausgerichtet; Kunde soll sich als König fühlen. |
Tab. 1-2: Beispiele von Symptomen für produkt- und bedürfnisorientiertes Marketing15
Die Erfassung der Marketinggrundeinstellung aufgrund von „Symptomen“, die sich im Verhalten, in konkreten Massnahmen, eingesetzten Instrumenten und Sachmitteln äussern, entspricht einem Vorgehen, wie es zur Bestimmung der Dimensionen der Organisations- bzw. Unternehmenskultur empfohlen wird. Die Symptome entsprechen den (äusserlichen) Kulturartefakten, von denen auf die nicht direkt messbaren Kulturdimensionen (kulturrelevante Einstellungen und Denkmuster) geschlossen wird.16 Es wird deshalb auch vorgeschlagen, die Marketinggrundeinstellung als Dimension der Unternehmenskultur zu interpretieren und wissenschaftlich zu untersuchen.17
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es natürlich auch Sinn macht, die Marketinggrundeinstellung, insbesondere das Ausmass der Kundenorientierung aus Kundensicht, zu untersuchen. Auf diese Weise wird es möglich, die eigenen (unternehmensinternen) Vorstellungen mit dem Fremdbild, d.h. den Vorstellungen der Kunden von der Unternehmung, zu konfrontieren. Diese Optik spielt insbesondere auch in wissenschaftlichen Untersuchungen zum Zusammenhang zwischen Kundenorientierung und Markterfolg eine zentrale Rolle.18
1.4.2 Welche Marketinggrundeinstellung soll ein Unternehmen anstreben?
Die Marketingorientierung, die ein Unternehmen zu einem bestimmten Zeitpunkt aufweist, ist das Ergebnis eines langfristigen sozialen Entwicklungsprozesses. Sie spiegelt die Auseinandersetzung zwischen technisch-, kaufmännisch- oder marktorientierten Abteilungen und Managern wider.
Als Ergebnis eines Entwicklungsprozesses lässt sie sich auch nicht kurzfristig und ohne weiteres ändern. Die Marketinggrundeinstellung ist als Dimension der Unternehmenskultur kein Instrument; ihre Veränderung kann deshalb nur im Sinne einer Zielvorstellung angestrebt, nicht aber als Massnahme ergriffen werden. Praktische Erfahrungen zeigen, dass eine Vielzahl von Einzelmassnahmen nötig sind, um eine als Soll-Vorstellung definierte Neuorientierung in die Wege zu leiten und dass normalerweise viele Monate oder gar Jahre konsequenter Überzeugungsarbeit nötig sind, um dem angestrebten Soll spürbar näher zu kommen.19
Damit entsteht die Frage, welche Überlegungen anzustellen sind, um die Soll-Position für eine Neuorientierung festzulegen.
Die in Abbildung 1-6 bezeichneten Extrempositionen können praktisch ausgeschlossen werden. Extrem produktorientiertes Marketing birgt die Gefahr in sich, dass ein Unternehmen am Markt vorbei produziert, da es die Bedürfnisse und Probleme ihrer Käufer nicht kennt. Extrem bedürfnisorientiertes Marketing, das sich nur an den Kundenwünschen orientiert, berücksichtigt zu wenig die vom Unternehmenspotenzial (finanzielles, personelles, anlagemässiges Potenzial, Produktions- und Marketing-Know-how) und die von den Unternehmenszielen (Gewinn, ROI) gesetzten Grenzen bzw. Anforderungen. Die Folgen sind mangelnde Rentabilität und Überforderung des vorhandenen Unternehmenspotenzials.
Ähnlich verhält es sich mit extrem aktivem bzw. extrem passivem Marketing. Ein übertriebener Einsatz der Instrumente Werbung, Verkauf und Preis wird auf die Dauer zu teuer und ist aufgrund abnehmender Grenzraten der Wirkung der Marktbearbeitungsinstrumente kaum sinnvoll. Bei passivem Marketing geht dagegen der Kontakt zu den Kunden verloren; die Gefahr, von aktiveren Konkurrenten überrundet zu werden, ist entsprechend gross.
Im verbleibenden Bereich der Mischtypen hat das Unternehmen auf der Basis einer eingehenden Analyse der Symptome der existierenden Marketingorientierung (Ist-Situation) unter Berücksichtigung seiner Ziele und des vorhandenen Unternehmenspotenzials die anzustrebende СКАЧАТЬ