Der mondhelle Pfad. Petra Wagner
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Der mondhelle Pfad - Petra Wagner страница 54

Название: Der mondhelle Pfad

Автор: Petra Wagner

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783867779579

isbn:

СКАЧАТЬ der nächste ein Federkleid … Kurz: Sämtliche Tiere tanzten um ein Feuer, aßen und tranken, lachten oder waren eindeutig besoffen. Eine Kuh paarte sich höchst obszön mit einem … Bären?

      Loranthus musste blinzeln und schon grinste er von einem Ohr zum anderen, weil sein Blick auf einen Mann im Schafspelz fiel. Er sah seltsamerweise Silvanus verblüffend ähnlich. Der Schaf-Silvanus hatte den Mund weit aufgerissen und machte gerade einen Hechtsprung auf ein davon rennendes Ferkelchen, ein echtes wohlgemerkt. Wer von den beiden wohl schneller war?

      Silvanus schien jedenfalls keinen Kommentar abgeben zu wollen, er ignorierte Loranthus’ verschmitztes Kichern, zumindest versuchte er es.

      „Imbolg“, raunte Loranthus mit Verschwörermiene, schwenkte den Zeigefinger und schnippte schwungvoll gegen den Schafspelz. Es sah fast aus, als wolle er den Mann darunter ein wenig auf die Sprünge helfen.

      „Was?“

      „Du hast mich schon verstanden, Silvanus“, gluckste Loranthus und nun lachte er einmal zur Abwechslung provozierend überheblich. „Ich habe etwas gut bei dir. Die Szene zeigt euer Mondfest Imbolg. Es wird zu der Zeit zelebriert, in der die Schafe wieder Milch geben und ihre Lämmer gebären, also euer Fruchtbarkeitsfest nach der Wintersonnenwende.“

      „Und woher weißt du das so genau?“, erkundigte sich Silvanus mit letzter Kraft und ließ die Schultern hängen.

      Loranthus sah sich nach allen Seiten um, ob jemand lauschte, doch er war ja in seine Gastfamilie eingekeilt. Außerdem waren sämtliche Leute vor und hinter ihm damit beschäftigt, die Schnitzereien zu betrachten. Das erforderte enorm viel Aufmerksamkeit, wenn man alles sehen wollte. Dazu kamen noch die neugierigen Fragen der Kinder, die garantiert nichts übersahen und deshalb auch zu jedem Detail etwas wissen wollten − je lauter, umso besser.

      Feixend beugte er sich zu Silvanus hin und knurrte leise durch die Zähne: „Weil Imbolg ‚im Bauch‘ bedeutet, um es mal mit anderen Worten zu sagen. Die Menschen, die sich die Tierbälger überstülpen sind nichts anderes als Symbole. Sie stehen stellvertretend für das, was einem Menschen wichtig ist, nämlich die Fruchtbarkeit der Tiere. Keine Fruchtbarkeit − kein Fleisch, keine Milch, keine Butter, kein Käse, keine Wolle, keine Felle … Ergo: lauter Wackelzähne und Schniefnasen und mit der eigenen Fruchtbarkeit sieht’s dann auch schlecht aus.“

      „Hm“, brummte Silvanus und schob Loranthus mit besonders viel Elan durch den Osteingang des steinernen Sockels.

      Auch die wuchtigen Stämme im Inneren waren mit Schnitzereien versehen, erkannte Loranthus schon von Weitem. Lanze, Schwert, Kelch, Stein, Adler, Schwan, Ente, Rabe, Taube, Hirsch, Stier, Bär … besonders interessant war das große Becken im Zentrum der Dreiergruppen. Loranthus beugte sich neugierig darüber.

      Es war aus Basalt und so glatt geschliffen, dass es wie poliert aussah und bläulich schimmerte, aber das war noch nicht alles.

      Es hatte kleine Kerben rundherum, in denen bei manchen dünne gelbe Stricke klemmten und sich asymmetrisch überkreuzten. Seltsame Muster … die jetzt abgenommen wurden und zusammengefaltet.

      „Es würde mich freuen, wenn wir uns bei nächster Gelegenheit länger unterhalten könnten“, raunte eine tiefe Stimme und Loranthus riss den Kopf hoch.

      Da stand Afal mit seinem goldenen Hut und hatte sichtlich Mühe, sich das Lachen zu verkneifen.

      „D … das wä … wäre mir eine große Ehre“, krächzte Loranthus und wusste nicht, wo er zuerst hingucken sollte, auf Afal oder auf die Linien und Kreise von dessen Hut.

      Er entschied sich für ein ausgiebiges Nicken und erhaschte so einen Blick auf beides; Afal lachte nun ganz offen.

      Loranthus hatte aber keine Zeit zum Verlegen sein, denn er musste ja Schritt halten, ob er wollte oder nicht. Schon stand er auf der Westseite und der Clan fächerte sich auf: Bis vorne die Königsfamilie und die Druiden, gleich dahinter die Krieger mit ihren Familien, danach kamen die Handwerksfamilien, die Bauern und als letzte die Sklaven.

      Loranthus fand diese Rangordnung äußerst praktisch, er hatte nach allen Seiten gute Sicht. Als erstes drehte er sich nach hinten, denn jetzt konnte er die dünneren Stämme endlich in aller Ruhe betrachten, wenn auch nur die Innenseiten. Seltsamerweise bestanden hier die Schnitzereien aus simplen Kerben, auf den stehenden Stämmen horizontal, auf den aufliegenden Stämmen vertikal … Kerben, Kerben und nochmals Kerben, so weit das Auge reichte … Nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit also komplett rundherum in Höhe und Breite.

      Nachdenklich schüttelte er den Kopf.

      Was war hier das Offensichtliche? Das Offensichtliche …

      Loranthus visierte noch einmal die Kerben der aufliegenden Stämme an und begann zu zählen. Schon nach zwei Stämmen hörte er auf. Er wusste schon im Voraus, dass es 360 waren. Die Kerben der Pfosten brauchte er auch nicht zählen. Das waren garantiert 90. Nun hatte er das Offensichtliche entdeckt und schüttelte schon wieder grübelnd den Kopf. Er bemerkte gar nicht, wie Afal sich nach Osten drehte und Achtung heischend seinen Arm hob. Silvanus musste ihm deshalb erst den Ellenbogen in die Seite rammen. Auf ein Zeichen Afals gingen alle auf die Knie und es wurde still. Loranthus wollte sein Haupt neigen, doch Silvanus knurrte zwischen den Zähnen: „Du musst hinsehen! Sonst verpasst du den Sonnenkorridor!“

      „Sonnenkorridor“, echote Loranthus leise und sah Afal zu, wie er vier goldene Stäbe in einigen Kerben des steinernen Beckens feststeckte.

      Einen Wimpernschlag lang betrachtete Loranthus die dünnen Stäbe, dann rutschte er auf seinen Knien so unruhig umher, dass Silvanus ihm die Hand auf die Schulter legen musste.

      „Bleib ruhig, Loranthus“, raunte er. „Es passiert dir nichts. Heute wird nichts geopfert.“

      „Es sei denn, du willst als Zwiesel enden, wenn du weiter so zappelst“, gluckste Arminius leise und drückte fest auf die andere Schulter von Loranthus, obwohl er dabei an Conall und Tarian vorbei langen musste.

      „Dann braucht Großmutter Mara nicht bis zum Winter warten“, kicherte ihm Tarian ins Ohr und löste seinen Vater beim Drücken der Schulter ab.

      „Du kannst persönlich in der Buttermilch deine Früchte verrühren und das Gemüse in der Suppe“, versicherte Conall und rieb kräftig die Hände gegeneinander, als wolle er einen Zwiesel führen.

      Loranthus wirbelte so schnell mit seinem Kopf zwischen Arminius, Silvanus, Conall und Tarian herum, dass er einem echten Zwiesel erstaunliche Konkurrenz machte. Und als seine Hände zwischen den goldenen Stäben und dem gleißenden Gold des Sonnenaufgangs hin und her zuckten, war das Bild perfekt.

      „Das ist ein Observatorium!“, flüsterte er aufgeregt und zeigte auf die Holzstämme rund herum. „Damit könnt ihr Mondjahr und Sonnenjahr in Einklang bringen! Und dieser Hut! Afals Hut …“

      Silvanus sah ihn übertrieben erstaunt an und wisperte: „Natürlich. Was hast du denn gedacht?! Meinst du, ihr Griechen seid die einzigen, die Zyklen von Mond- und Sonnenfinsternis berechnen können? Afal kann das auch. Was meinst du wohl, woher wir wissen, wann die Tagundnachtgleichen sind, die Sonnenwenden, die Rauhnächte, Samhain, Imbolg, Beltaine, Lugnasad?“

      „Ruhe jetzt! Augen gerade aus!“, zischte Arminius und Loranthus klappte seinen Mund kommentarlos zu. Er hatte sowieso keine plausible Antwort parat.

      Afal drehte sich zu ihnen um und schien sich prächtig zu amüsieren, hatte also gute Ohren. СКАЧАТЬ