Im März färbte sich der Frühling braun. Manfred Eisner
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Название: Im März färbte sich der Frühling braun

Автор: Manfred Eisner

Издательство: Автор

Жанр: Зарубежные детективы

Серия:

isbn: 9783961455188

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СКАЧАТЬ Frau Hauptkommissarin! Nehmen Sie bitte Platz. Was darf ich Ihnen anbieten? Tee, Kaffee, Wasser, einen Fruchtsaft?«

      »Danke, Herr Kriminaloberrat, ein Glas kaltes Mineralwasser, wenn möglich.«

      Nachdem Stöver ihre Bitte aus seinem Kühlschrank erfüllt und sich selbst von der Karaffe mit schwarzem Tee bedient hat, setzt er sich. »Sie kommen also in der Sache der Vermissten Frau Heide Mertens. Bedauerlicherweise kann ich Ihnen nicht viel aus eigenem Wissen berichten. Sehen Sie, ich war damals Ausbilder und Dozent an der Polizeischule in Eutin, ich lehrte dort Polizeirecht, Deutsche Geschichte und Englisch, als ich ohne irgendwelche Vorwarnung hier nach Itzehoe versetzt wurde, um den plötzlich erkrankten Kollegen Thumann kommissarisch zu vertreten. Als ich hier eintraf, waren bereits mehrere Monate seit dem Verschwinden des Mädchens vergangen und die ermittelnden Kriminaloberkommissare Gehrke und Neumann traten auf der Stelle – es fanden sich einfach keine neuen Spuren. Auch als wir die beiden Kieler Kollegen der Moko II zur Unterstützung dazubekamen, ergab dies nichts wirklich Brauchbares. Als dann auch noch KOK Gehrke aufgrund lebensgefährlicher Messerstiche, ausgeführt von einem Drogenabhängigen, verletzt ausschied und Neumann wegen der anstehenden Polizei-Strukturreform in den vorzeitigen Ruhestand versetzt wurde, stand ich hier sprichwörtlich vor einem Scherbenhaufen. Deswegen blieb unserem damaligen Staatsanwalt Doktor Pepperkorn nichts anderes übrig, als die Ermittlungen zu besagtem Fall vorerst auf Eis zu legen. Zu jener Zeit geschahen einige andere Fälle, denen wir uns ebenso dringend widmen mussten, und unsere knapp gewordene Belegschaft war an allen Stellen im Übermaß gefordert. Mit der Strukturreform wurde aus meiner hiesigen bis dahin vorübergehenden die endgültige – eine mir eher ungeliebte – Aufgabe, dieser Bezirksdirektion als deren Leiter vorzustehen. Vor allem der Aufbau einer neuen Kripo hielt mich in Atem. Wenigstens hatte ich das Glück, dass die tüchtigen Kriminaloberkommissare Hauke Steffens aus Oldenmoor und Dörte Westermann, die ich von der hiesigen Schutzpolizei holte, zu uns kamen, um den neuen Kader aufzubauen. Ich brauche Ihnen ja nicht zu verraten, dass ich mich selbst für solch eine Führungsposition nicht gerade als einen von der Natur befähigten Menschen halte. Mir ist sehr wohl bekannt, dass meine Beamten meine oft ungehaltene und schroffe Art missbilligen.« Er schaut Nili prüfend an und fährt dann fort. »Sehen Sie, der liebe Gott hat mich nicht gerade mit einer normalen Dosis an Langmut beglückt, im Gegenteil, meine Geduldschwelle ist eher niedrig ausgefallen. Etwaige Nachlässigkeit, Inkompetenz oder das Fehlen von schnellen und brauchbaren Hinweisen machen mich wütend, und entsprechend ungehalten sind meine Reaktionen. Mir ist nicht verborgen geblieben, dass man mich deswegen eher fürchtet als achtet und mich hinterrücks mit einem nicht gerade gefälligen Spitznamen bedacht hat. Ich sehe, Sie lächeln, geschätzte Frau Masal, und glauben Sie mir, ich bin darüber gar nicht einmal erbost – immerhin verfüge ich trotz allem über eine gewisse Portion Humor –, denn der ›Hein Gröhl‹ trifft eigentlich den Nagel auf den Kopf!«

      »Chapeau, Herr Kriminaloberrat! Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass Sie das derart sportlich hinnehmen! Aber im Gegensatz zu Ihnen glaube ich schon, dass man Ihre Arbeit schätzt und würdigt. Jedenfalls darf ich hier zum Beispiel Staatsanwalt Pepperkorn zitieren, der gelegentlich über Sie urteilte: ›Wenn er wieder heruntergekommen ist, ist er ein sehr wacher und prima Polizist!‹ Ich darf Ihnen verraten, dass ich aufgrund der mit Ihnen gemeinsam geleisteten Arbeit seiner Beurteilung voll und ganz zustimmen kann! Im Übrigen ist es auch Ihren Mitarbeitern nicht entgangen, dass Sie sich doch in der letzten Zeit einige Mühe geben, sich besser im Zaum zu halten.«

      Kriminaloberrat Stöver lächelt. »Es freut mich sehr, dass Sie und der Herr Doktor so liebenswürdig über mich denken. Mit Uwe Pepperkorn konnte ich ganz gut, was ich leider von seiner jetzigen Nachfolgerin, Frau Doktor Bachmann, nicht gerade behaupten kann. Mit ihrem Assessor Doktor Kramer schon.«

      »Na, bedenken Sie doch, dass Frauen naturgemäß eher schockiert und rascher eingeschnappt sind, wenn Männer laut werden, lieber Herr Kriminaloberrat.«

      »Das trifft Gott sei Dank nicht auf Sie zu, Frau Masal. Ich habe mit Erstaunen festgestellt, dass meine gelegentlichen Ausbrüche Sie unbeeindruckt ließen und Sie diese ohne ein Wimpernzucken einfach ignorierten und sehr nüchtern reagierten. Mir hat übrigens Ihr durchaus professionelles Verhalten sehr gut gefallen und ich freue mich wirklich auf diese erneute Zusammenarbeit. Ich mache kein Hehl daraus, dass mich früher jegliche äußerliche Einmischung in unsere Arbeit und Kompetenzen ebenso ungehalten gemacht hat. Aber ich muss bekennen, dass mich die persönliche Zusammenarbeit mit Ihnen und Ihren Kieler Kollegen vom LKA in der letzten Zeit eines Besseren belehrt hat. Sie haben in erheblichem Maße zur Lösung unserer gerade behandelten Fälle beigetragen, und dafür sind wir Ihnen hier besonders verbunden! Im Übrigen darf ich Sie auch noch zu Ihrer Berufung als Teamleiterin Sonderermittlungen beglückwünschen, da haben Ihre Vorgesetzten wahrhaftig eine sehr gute Initiative ergriffen.«

      Nili bedankt sich mit einem Lächeln und trinkt einen Schluck Wasser.

      »Und Sie haben sich gleich diesen ungelösten Fall aus unserer Gegend herausgepickt?«, fragt der Kriminaloberrat. »War das Zufall?«

      Nili schüttelt verneinend den Kopf. »Nennen Sie es Zufall, womöglich liegen Sie damit richtig. Erst einmal Folgendes: Wie wir annehmen, sind es mit großer Wahrscheinlichkeit sogar zwei zu etwa der gleichen Zeit vermisste Personen, deren Fälle in welcher Form auch immer zusammenhängen: Die eine Person ist von hier, die andere aus Oldenmoor. Tatsächlich zog unsere neue Kollegin Förster die Akte der Heide Mertens aus einem der riesigen Stapel, die auf unseren Schreibtischen liegen, und fand ihn besonders interessant. Im Laufe der ersten Ermittlungen stießen wir auf einen weiteren Vermisstenfall, der ebenfalls kurz vor Ostern letzten Jahres geschah und mit dem wir eine wahrscheinliche Verquickung mutmaßen.« Nili teilt Kriminaloberrat Stöver ausführlich die diesbezüglichen Fakten und ihre Vermutungen mit. Dann blickt sie auf ihre Uhr. »Ich glaube, wir sollten uns langsam auf den Weg machen, Herr Kriminaloberrat, um Heide Mertens’ Klubkameradinnen zu befragen. Vielleicht gibt es bald eine Gelegenheit, diese interessante Konversation fortzusetzen. Im Übrigen darf auch ich Ihnen versichern, dass wir beide uns doch jetzt ganz gut verstehen und mir die Zusammenarbeit mit Ihnen und Ihrem Team großen Spaß macht!«

      »Sie haben recht, Frau Masal«, sagt der Kriminaloberrat mit einem Lächeln und beide erheben sich. »Jedenfalls vielen Dank für Ihre netten Worte, dass Sie mich in Ihre Ermittlungen mit einschließen und auch dafür, dass Sie mir so geduldig zugehört haben. Eine Bitte hätte ich aber noch: Darf ich mit Ihnen fahren? Sie müssen wissen, ich bin ein ausgesprochen schlechter Autofahrer. Ich habe zwar einen Dienstwagen auf dem Parkplatz stehen, nutze ihn aber nur äußerst ungern und auch nur dann, wenn es sich absolut nicht vermeiden lässt. Mit Ihnen fahre ich dagegen sehr gern und wir können uns ja dabei weiter unterhalten.«

       *

      »Vielen Dank, Frau Schindler, dass Sie uns die Mitgliederliste und die anderen Daten umgehend gefaxt haben. Sie haben uns damit sehr geholfen! Darf ich Ihnen Herrn Kriminaloberrat Heinrich Stöver, Leiter der hiesigen Bezirkskriminalinspektion, vorstellen?« Nili wartet, bis die beiden einander zugenickt haben, und spricht dann weiter: »Wie ich Ihnen gestern schon gesagt habe, ist er damals kurzfristig für den plötzlich erkrankten Kollegen Thumann eingesprungen.«

      »Auch einen Dank von mir, sehr geehrte Frau Schindler«, sagt der Kriminaloberrat, »dass Sie uns freundlicherweise diesen Besuch gestatten, um die Fechtkameradinnen der vermissten jungen Frau Mertens kennenzulernen.«

      »Ist doch selbstverständlich! Wir sind ebenfalls sehr daran interessiert zu erfahren, was mit unserer erfolgversprechenden Sportskameradin geschehen sein mag. Gehen wir also zum Fechtboden, den Mädels habe ich Ihr Kommen bereits angekündigt.«

      Die anschließende Befragung der beiden Teenager, die laut Meinung von Frau Schindler der Heide Mertens etwas nähergestanden haben, ergibt allerdings nicht viel Neues. Saskia Niehus, eine brünette, leicht gedrungene Gestalt, die wegen ihrer überlangen Arme auffällt, und auch Bente Freese, blond, СКАЧАТЬ