Briefgeschichte(n) Band 1. Gottfried Senf
Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Briefgeschichte(n) Band 1 - Gottfried Senf страница 6

Название: Briefgeschichte(n) Band 1

Автор: Gottfried Senf

Издательство: Автор

Жанр: Историческая литература

Серия:

isbn: 9783961450442

isbn:

СКАЧАТЬ in Tautenhain kenne ich eine Frau Kopp, die nach 1945 geheiratet hat. Der bewusste Herr Kopp hatte aber, jedenfalls nach jetzigem Kenntnisstand, keinen Sohn. Der Name Kopp taucht nun noch ein drittes Mal auf. Das wird Sie besonders berühren, da Sie mir einmal mitteilten, dass Ihre Eltern freundschaftliche Kontakte zu Angers auf dem Rittergut in Ottenhain hatten. Frau Anger war eine geborene Frau Kopp. Ich weiß, dass die Kopps seit etwa 1820 das Rittergut besaßen. Ob nun Herbert Kopp ein Nachfahre jener Kopps ist, weiß ich noch nicht. Mitunter kommen bei solchen Nachforschungen kuriose oder tragische Kombinationen zum Vorschein. Wenn Sie einverstanden sind, gehe ich den Kopp-Spuren weiter nach.

      Nochmals vielen Dank für Ihre Unterstützung in Sachen Paul Guenther! Für 1991 wünsche ich Ihnen und Ihrer Frau alles Gute, besonders eine stabile Gesundheit und viel Freude an vielem. Sollten Sie einmal wieder nach Geithain kommen, würde ich mich sehr freuen, wenn wir uns zu einem persönlichen Gespräch treffen könnten.

      Mit den besten Grüßen und Wünschen verbleibe ich

      Ihr G. Senf

       Georgetown, 07. Februar 1991

      Lieber Herr Dr. Senf, herzlichen Dank für Ihren Brief vom 31. Dezember. Unterdessen ist mal wieder ein Krieg ausgebrochen, den man hätte vermeiden können. Schließlich wusste die Welt schon vor vielen Jahren, was für ein übler Bursche Saddam Hussein war. Hätten ihn die Waffen- und Giftgashändler der ganzen Welt nicht mit allem versorgt, dann hätte er weder die Kurden noch den Iran und schon gar nicht Kuwait angreifen können. Und nun ist Israel in Gefahr, an dessen Bestand alle friedliebenden Menschen der Welt interessiert sein müssen. Wollen wir hoffen, dass durch den Krieg zweierlei erreicht wird. Einmal, dass all diese Teufelswaffen, die Saddam angesammelt hat, vernichtet werden, und zum Anderen, dass wir uns aus der Abhängigkeit vom Öl befreien. Die Verschwendung in den westlichen Ländern der Welt stinkt zum Himmel und führt folgerichtig zur Vernichtung der Umwelt.

      Über die Familie Kopp: Sie haben recht, das Rittergut in Ottenhain gehörte dieser Familie. Frau Anger war eine geborene Kopp. Der alte Herr Kopp lebte noch am Anfang der dreißiger Jahre. Ich kann mich an ihn erinnern. Ein paar Generationen zurück gab es da einen Sohn, der aufs schiefe Gleis kam, wie das so schön hieß, und dessen Zweig der Familie gipfelte in dem Herrn Kopp, der nach dem Einmarsch der Russen 1945, sozusagen zum Diktator von Geithain aufstieg. Die Vorgeschichte ist harmlos. Als junger Mann war dieser Herr Kopp ein Kommunist. Viele, sehr ehrenwerte Leute waren nach dem ersten Weltkrieg Kommunisten. Herr Kopp war unser Briefträger. In jedem Wetter fuhr er auf dem Fahrrad nach dem Sommerhof und brachte uns die Post. Sonntags ging ich ihm entgegen. Die Chemnitzer Zeitung hatte eine Sonntagsbeilage, auf die ich versessen war. Es war eine Seite mit lustigen Zeichnungen und die wollte ich haben, bevor mein Vater die Zeitung mit Beschlag belegte. Ich war damals 5 oder 6 Jahre alt. Herr Kopp war, sozusagen, mein Freund. Wenn er nicht in Eile war, bekam er in der Küche einen Kaffee, der damals aus gebrannter Gerste gekocht wurde, und manchmal machte ihm meine Mutter ein Bündel für seine Kinder, mit Sachen, aus denen ich herausgewachsen war. Mein Vater war arrogant und wenig taktvoll, und ich kann mich erinnern, dass er sich über Herrn Kopp lustig machte, auch in dessen Beisein. Er machte sich über Herrn Kopps politische Überzeugung lustig und der verteidigte sich nicht, sondern stimmte, halb verlegen, ins Gelächter ein. Nach 33 war dieses Thema dann tabu, und Herr Kopp brachte weiterhin die tägliche Post. Am 12. April 1945 , wenn ich mich recht erinnere, kamen die Amerikaner nach Geithain. Mein Vater war damals mit Schörner in Mähren. Warum weiß ich nicht. An sich war er der Adjutant von Scheppmann, dem letzten Reichsführer der SA (nachdem Lutze im Frühjahr 45 von Tieffliegern auf der Autobahn getötet worden war). Im Mai kam er nach Hause. Bald danach holten ihn die Amerikaner. Der Transport, zu dem er gehörte, hatte einen Verkehrsunfall und alle Nazis, die zu diesem Transport gehörten, waren mehr oder weniger verletzt und kamen in umliegende Krankenhäuser. Der Fahrer verlor sogar sein Leben. Wir fanden meinen Vater in Weißenfels. Er hatte eine Gehirnerschütterung, einen Schlüsselbeinbruch und mehrere Rippenbrüche. Anfang Juli kam er dann nach Geithain zurück, wenn ich mich recht erinnere. Er hatte keine Papiere. Die waren bei dem getöteten Fahrer geblieben. Das zivile Krankenhaus in Weißenfels entließ ihn, als er wieder einigermaßen in Ordnung war, wie jeden anderen Kranken.

      Mitte Juli übernahmen dann die Russen Sachsen. Ich war gerade in Geithain, als die mit ihren Bündeln, auf Pferdewagen getürmt, durch die Stadt zogen. Münsters in Königsfeld wussten vom Abzug der Amerikaner, sie hatten sich mit einem Offizier angefreundet und der hatte sie vom bevorstehenden Einmarsch der Russen unterrichtet. Darauf verließen Münsters Königsfeld mit Pferd und Wagen und dem, was man in der Eile aufladen konnte, und setzten sich nach dem Westen ab. Die Gräfin rief uns an und unterrichtete uns von diesem Vorhaben. Meine Mutter wollte ebenfalls mit unseren Pferden gen Westen gehen, aber mein Vater war dagegen. Herr Anger war damals schon sehr krank, sodass auch Angers blieben, wie auch unsere guten Freunde Einsiedel in Hopfgarten. Mitte August wurde mein Vater von der Geheimpolizei abgeholt. Ich war gerade mit ihm in der alten Schmiede, die auch jetzt noch auf unserem Hof steht, als das Auto mit dem russischen Polizisten in den Hof fuhr. Sie nahmen ihn mit, so wie er war. Später hörten wir, dass er in Bautzen sein sollte, und da bin ich hingefahren, um ihm warme Kleidung zu bringen. Ins Lager wurde ich natürlich nicht hineingelassen, doch an der Rückseite war ein Feld mit einem hohen Zaun. Ein paar Männer liefen hinter dem Stacheldraht herum und ich rief den Namen meines Vaters, ob er den kenne? Und einer rief zurück ja, den kenne er, doch sei der am Tage nicht im Lager sondern auf einem Gut zur Rübenernte. Ich warf mein Paket über den Zaun. Am nächsten Morgen bin ich dann nochmal zum Lager gegangen. Ich dachte, vielleicht sehe ich meinen Vater, wenn die Männer zur Arbeit gehen. Da kamen viele heraus, alle unter schwerer Bewachung, aber mein Vater war nicht darunter. Ich bin mir nie sicher gewesen, ob er überhaupt in Bautzen war, aber mehrere Jahre nach dem Kriege kam ein Mann aus Bautzen zu meiner Tante Helene Sommer, die bis zu ihrem Tod im Jahre 1962 in Geithain lebte, und erzählte ihr, dass mein Vater schon 1946 im Lager Bautzen gestorben ist. Da war er im 60. Lebensjahr. Eine offizielle Nachricht habe ich nie bekommen. Auf dem Sommerhof fanden nach der Abholung meines Vaters Plünderungen durch die Geheime Sowjetische Polizei statt. Wonach sie suchten und ob sie etwas fanden, weiß ich nicht zu sagen. Ein Nazi-Sonderführer aus der Ukraine erschlich sich, kraft seiner Kenntnis der russischen Sprache, einen einflussreichen Posten in der Geithainer Kommandantur. Ich habe seinen Namen vergessen. Doch quartierten ihn die Russen bei uns ein. Meine Mutter hatte eine Auseinandersetzung mit ihm und er rächte sich, indem er eine Eingabe von uns, die Ernte betreffend, die wir in der Kommandantur eingereicht hatten, verschwinden ließ. Mitten in der Nacht wurde ich von einem bewaffneten Soldaten zur Kommandantur gebracht und dort eingesperrt. Dank einer baltischen Dame, die auf der Kommandantur als Dolmetscherin arbeitete, kam ich da wieder raus. Später wurde uns befohlen, die Kommandantur mit Lebensmitteln zu versorgen. Sahne, Butter, Äpfel, Kartoffeln, Gemüse etc. Zu diesem Zweck hatten wir einen jungen russischen Soldaten im Haus, der aufpassen sollte, dass alles mit rechten Dingen zuging. Das war übrigens ein netter Junge. Er war in meinem Alter und wir verstanden uns gut. Er sprach etwas deutsch und ich lernte von ihm etwas russisch. Wir haben auf diese Weise erstaunlich viel miteinander geredet.

      Herr Kopp machte während dieser Wochen eine steile Karriere. Er wurde zum Polizeipräsidenten ernannt und hatte schließlich eine Truppe von 13 Polizisten zu befehlen, wenn ich mich da recht erinnere. Sie haben recht, er ritt hoch zu Ross durch die Stadt, kein Fahrrad mehr für ihn. Es war ein erstaunlicher Anblick. Hoch zu Ross kam er auch auf den Sommerhof, um die Enteignung voranzutreiben. An sich war unser Hof mit seinen nur 68 oder 69 Hektar kein Enteignungsmaterial (alle Höfe über 100 Hektar fielen unter diese von den Russen verordnete Bodenreform), aber Herr Kopp wollte unbedingt einen Hof enteignen und da kam ihm dieser Hof, zu dem er so oft in Kälte und Regen hatte hinausfahren müssen, gerade recht. Meine Mutter versuchte, mit Hilfe eines Rechtsanwaltes aus Leipzig, den Hof für mich zu halten, doch machte sie Herrn Kopp dadurch nur immer wütender. Schließlich wurde uns der Räumungsbefehl für den 20. Oktober, wenn ich mich nicht irre, zugestellt. Am 21. war die Enteignungsfeier. Wir hatten ein paar Möbel und persönliche Dinge, wie Familiendokumente und Photographien, zu einem Geithainer СКАЧАТЬ