Reiten wir!. Tommy Krappweis
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Название: Reiten wir!

Автор: Tommy Krappweis

Издательство: Автор

Жанр: Языкознание

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isbn: 9783944180885

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      Einer der Assiniboine-Jäger trat einen Schritt vor, aber bevor er den Mund öffnen konnte, hob die Frau eine Hand, und der junge Mann schwieg.

      »Es bleibt bei meiner Antwort.«

      Das Gesicht des Reiters hatte sich verfinstert.

      »Ich dachte, die Assiniboines wären Krieger«, sagte er verächtlich, »keine Feiglinge, die sich von einer Frau herumkommandieren lassen.«

      Der junge Mann stieß einen Schwall erregter Worte in der Sprache seines Volkes aus. Seine Hand legte sich auf den Griff des breiten Jagdmessers in seinem Gürtel.

      »Sie reiten besser weiter«, sagte die Frau. »Was Sie suchen, werden sie hier nicht finden. Und wenn ich Ihnen einen Rat mit auf den Weg geben kann, dann lassen sie Big Surly in Ruhe. Er bringt den Leuten, die hinter ihm her sind, kein Glück.«

      »Ich habe mir mein ganzes Leben lang mein eigenes Glück geschmiedet«, entgegnete der Fremde hart. »Ich werde mich nicht heute von ein paar ängstlichen Wilden daran hindern lassen. Das Glück gehört den Mutigen!«

      Er bellte seinem Begleiter einen Befehl zu, das Bündel wieder auf das Maultier zu packen. Kurze Zeit darauf ritt er mit dem Jungen an der Siedlung vorbei Richtung Osten. Die Frau, die vor langer Zeit einmal auf den Namen Ellen getauft worden war, blickte den beiden Gestalten nach, bis sie in der allmählich einbrechenden Dämmerung verschwanden. Der Junge auf seinem Maultier, der dem Fremden in die Gefahr gefolgt war, ging ihr nicht aus dem Sinn. Sein dünnes, verschlossenes Gesicht stand ihr noch vor Augen, als sich längst die Nacht auf das Land herabgesenkt hatte.

       II

      Jack Hammond fror. Er bemühte sich, nicht zu laut mit den Zähnen zu klappern, während er seine steifen Finger anhauchte. Die lederne Jacke, die er über seinem Baumwollhemd trug, hielt die Oktoberkälte kaum ab, und seitdem sie die Nordseite des Lone Mountain erreicht hatten, biss sie mit jedem Höhenmeter, den sie gewannen, schneidender ins Fleisch. Henry O'Reilly neben ihm dagegen, der nicht viel dicker angezogen war, kümmerte die Kälte überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil: Ein inneres Feuer schien den alten Trapper zu wärmen und um so heißer aus seinen tief in ihren Höhlen liegenden Augen zu brennen, je näher er dem Ziel seiner Suche zu kommen glaubte.

      Sie hatten in den letzten Tagen mehrere Male Grizzlies gesehen, meistens in den späteren Nachmittagsstunden. Dann waren die Tiere damit beschäftigt, ihre Winterlager in die höheren Berghänge unterhalb der nackten Felswände zu graben, wo der Schnee bis weit in den Frühling hinein liegen bleiben würde. Jack hatte die Bären mit riesigen Augen und heftig klopfendem Herzen beobachtet, immer aus gebührender Entfernung, doch O'Reilly hatte sich nicht weiter für sie interessiert. Er war hinter einem besonderen Tier her. Trotz seiner Aufregung hatte der Junge sich nie so lebendig gefühlt wie in diesen Tagen, allein in den Gebirgswäldern Montanas mit dem Trapper, in dessen Dienst er stand.

      Jack war in Virginia City aufgewachsen. Einen Vater hatte er nie gekannt, seine Mutter war vor einem halben Jahr an der Schwindsucht gestorben. Seitdem hatte er sich auf den Straßen dieser Goldgräberstadt herumgetrieben, deren kurzlebiger Ruhm längst seinen Zenit überschritten hatte. Die Welt außerhalb von Virginia City kannte er erst, seitdem O'Reilly ihn mit sich genommen hatte. Der alte Trapper hatte einen Handlanger gebraucht, und Jack war es leid gewesen, in den Saloons Spucknäpfe auszuleeren und von den betrunkenen Gästen Prügel zu bekommen, wenn er ihnen nicht schnell genug aus dem Weg sprang. Henry O'Reilly war ein harter Knochen, dem die Hand ebenfalls locker saß. Doch wenigstens ließen die anderen, die zum Teil noch üblere Gesellen waren, Jack in Ruhe, seitdem er bei dem Alten in Lohn und Brot stand.

      Bisher war ihnen das Wetter wohlgesonnen gewesen. Erst am vorigen Tag hatte es zu schneien begonnen, einzelne, aber große Flocken, die durch die beinahe windstille Luft taumelten. Bevor der Schnee dichter fallen konnte, hatten sie in einem Fichtengehölz eine Bärenspur entdeckt, die größer als alles war, was sie bisher am Lone Mountain gesehen hatten. Es war die einzige Spur weit und breit. Offenbar mieden die anderen Grizzlies das Gebiet, das dieses Ungetüm als sein Revier beanspruchte.

      Zum ersten Mal verspürte Jack Unruhe. In den Saloons von Virginia City hatte er mehr als eine grausige Geschichte über das Unheil gehört, das ein wütender Grizzly anrichten konnte. O'Reilly dagegen wirkte alles andere als ängstlich, ganz im Gegenteil: Die Bärenspur befeuerte seine Zuversicht, dass sie Big Surly endlich aufgespürt hatten.

      »Mit etwas Glück haben wir ihn bald vor der Flinte, Junge!«, sagte er begeistert, bevor er ihn anwies, das Pferd und das Maultier anzubinden und sich zu Fuß weiter fortzubewegen. Jack folgte dem hageren Trapper wie ein Schatten und bemühte sich, so lautlos wie möglich hinter ihm durch das Dickicht zu schleichen. Seine Anspannung wuchs, als O'Reilly unvermittelt anhielt und sich duckte.

      »Runter!«, zischte er ihm über die Schulter zu.

      Jack gehorchte ohne zu zögern und spähte an der Schulter des Trappers vorbei. Vor den beiden öffnete sich das Dickicht zu einem der baumlosen Geröllhänge, die vom Fuß des Lone Mountain bis zu seinem oberen Drittel reichten, wo der nackte Felsen begann. In etwa fünfzig Metern Entfernung gähnte ein breites Loch im Hang. Frisch ausgehobene Erde und kopfgroße helle Steine, bleich wie Knochen, lagen ringsum.

      »Jede Wette, dass das Big Surlys Winterlager ist«, flüsterte O'Reilly erregt. »Wahrscheinlich hat er es sich gerade erst angelegt.«

      »Du – du meinst, er ist jetzt da drin?«, stammelte Jack.

      »Gibt nur einen Weg, das rauszufinden«, raunte O'Reilly so leise, wie er es mit seiner Reibeisenstimme vermochte. Er griff nach seiner Winchester, die neben ihm auf dem Boden lag. Es war der einzige Gegenstand in seinem Besitz, den er peinlich sauber hielt. Das Nussholz des Schafts glänzte matt im abnehmenden Licht des späten Nachmittags. »Du gehst vor und schlägst Lärm, damit er aus seinem Bau kommt.«

      »Was? Ich soll –«, begann Jack erschrocken, bevor O'Reilly ihm einen Schlag gegen den Kopf versetzte. »Nicht so laut!«, wisperte er ärgerlich. »Du willst doch nicht, dass er uns jetzt schon hinterher rennt!«

      »Tut mir leid«, flüsterte Jack und rieb sich die schmerzende Schläfe.

      »Hör genau zu: Du gehst in Richtung des Baus und schlägst Krach. Sobald das Vieh seinen Kopf aus dem Bau steckt, rennst du den Hang entlang, aber auf keinen Fall zurück in meine Richtung, sonst hab ich kein freies Schussfeld. Mach dir keine Sorgen! Sobald Big Surly dir hinterher kommt, jage ich ihm eine Kugel ins Herz.«

      »Er wird mich umbringen!«, stieß Jack so leise hervor, wie er es in seiner Verzweiflung vermochte.

      O'Reilly starrte ihn mit einer Mischung aus Wut und Verachtung an. »Was bist du bloß für ein Waschlappen! Ich passe auf dich auf, und ich verfehle ihn nicht, schon gar nicht auf die Entfernung. Los, jetzt, zeig mir, aus welchem Holz du geschnitzt bist, oder ich nehm mir das Maultier und lass dich hier am Lone Mountain zurück!«

      Trotz seiner Angst gehorchte Jack dem Trapper. Die Aussicht, sich allein und ohne fremde Hilfe in den wilden Wäldern Montanas zurecht finden zu müssen, war entsetzlicher als das dunkle Loch vor ihm. Vielleicht hatte er ja Glück, und Big Surly hielt sich gar nicht in seinem Bau auf. Er erhob sich und trat an dem geduckt hinter einem verrottenden Baumstamm liegenden O'Reilly vorbei auf das offene Gelände hinaus. Einen Schritt nach dem anderen näherte er sich über den Hang aus Geröll und aufgeworfener Erde dem frisch gegrabenen Loch.

      Etwa fünf Meter vor dem Eingang blieb er stehen. Die wenigen taumelnden Schneeflocken СКАЧАТЬ