Название: Die deutsch-deutsche Grenze 1945–1990
Автор: Dr. Horst Gundlach
Издательство: Автор
Жанр: Историческая литература
isbn: 9783867778145
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Bad Sachsa war zwar von britischen und sowjetischen Soldaten abgeriegelt, aber frei von jeglicher Besatzung. Trotzdem weilten ständig britische und sowjetische Offiziere in der Stadt, die sich über die örtliche Situation im Falle einer für sie maßgeblichen Besetzung von Bad Sachsa informieren wollten.
Die Äußerung eines sowjetischen Oberst anlässlich der Besichtigung des Postgebäudes, dass er in wenigen Tagen einrücken würde, führte wiederum zu einer Zunahme des Flüchtlingsstroms in das britische Interessengebiet. Einige der russischen Posten von den Straßensperren zogen plündernd durch Bad Sachsa. In einem von Willi Müller erwähnten Fall konnten plündernde Russen mit Hilfe von vier englischen Soldaten nach Tettenborn zurückgeschickt werden. Auch der Versuch eines kleineren russischen Kommandos, für eine vorgesehene Einquartierung größere Strohmengen in der Turnhalle des Pädagogiums einzulagern, soll durch herbeigerufenes britisches Militär verhindert worden sein.
Nachdem nunmehr Osterode für die Versorgung von Bad Sachsa zuständig war, holte der Milchwagen Milch und Butter von der Molkerei Bartolfelde. Oftmals musste die Stadt Hilfe leisten und die Buttertransporte von Hannover zur Molkerei organisieren. Die Versorgung stellte nach wie vor ein großes Problem dar, konnte aber durch den Einsatz Sachsaer Geschäftsleute, die sich selbst um die Beschaffung kümmerten, merklich abgeschwächt werden.
Da die Briten die Eisenbahnlinie und die durchgehenden Straßen in den südlichen Teil ihres Besatzungsgebietes sowohl für die Verbindung zu ihren dort stationierten Einheiten, als auch für die Versorgung der Bevölkerung und für die Abfuhr des ihnen als Reparationsleistung zugesprochenen Holzes aus dem Harz benötigten – damals gab es noch die Eisenbahnverbindung zwischen Walkenried und Braunlage –, kam es am 12. Juli 1945 zu einem Gebietsaustausch. Die Sowjets erhielten als Ausgleich für das Gebiet um Bad Sachsa den in ihre Zone hineinreichenden Teil des Kreises Blankenburg. Das getroffene Abkommen wurde am 30. Juli 1945 durch den Kontrollrat ratifiziert. Die veränderte Demarkationslinie, die von nun an südlich von Tettenborn verlief, wurde von den Sowjets durch weiß markierte Holzpfähle gekennzeichnet und die grenzüberschreitenden Straßen wurden durch quer gelegte Baumstämme und Schlagbäume gesperrt.
Bad Sachsa im Juli 1945 (H. Gundlach)
Am 23. Juli 1945 und in den nachfolgenden Tagen verließen die sowjetischen Einheiten Bad Sachsa, Tettenborn, Neuhof und die Kutzhütte sowie die zu Walkenried gehörende Domäne Wiedigshof und die Juliushütte. Die Schlagbäume und die Wachunterstände an den Straßensperren wurden von Bauern mit Pferdefuhrwerken abtransportiert und von den Russen an anderer Stelle wieder aufgebaut. Die Orte Bad Sachsa, Tettenborn und Kutzhütte waren von nun an Teil des britischen Interessengebietes. Neuhof gehörte, obwohl es von den Sowjets besetzt worden war, entsprechend den alliierten Vereinbarungen ohnehin dazu. Auf Antrag der Bürgermeister wurden Bad Sachsa und Tettenborn mit Wirkung vom 23. Juli 1945 durch den Regierungspräsidenten von Hildesheim in den Landkreis Osterode eingegliedert. Das Bangen hatte ein Ende, für das Hoffen auf eine friedliche und bessere Zukunft waren die Weichen gestellt.
Quellen: Handschriftliche Aufzeichnungen des damaligen Bürgermeisters Willi Müller; Akten der Archive von Bad Sachsa und Osterode;
Manfred Bornemann: „unser Harz“ Nr. 10, 2004, S. 183 ff;
Berichte von Zeitzeugen aus Bad Sachsa, Tettenborn, Neuhof und Walkenried
Berichte des Gendarmeriepostens Walkenried
Die Demarkationslinie wurde auf beiden Seiten zunächst ausschließlich von Militärstreifen bewacht. Die örtlichen Polizeistationen hatten mit wenigen Beamten für die öffentliche Ordnung zu sorgen.
Von der Tätigkeit des Gendarmeriepostens Walkenried sind einige Berichte erhalten geblieben. Danach hatten die Beamten Plünderungen und Diebstähle von abgestelltem Flüchtlingsgut, Vieh- und Lebensmitteldiebstähle sowie unübliche Todesfälle und Körperverletzungen zu verfolgen. Darüber hinaus hatten sie über Grenzverletzungen durch sowjetische Soldaten zu berichten und den Tathergang bei Vergewaltigungen zu protokollieren. Auf Anordnung der britischen Militärregierung durften Schwangerschaftsabbrüche nur nach einer Anzeige der Vergewaltiger bei der Polizei vorgenommen werden. In Walkenried war es der Arzt Dr. Rauschenberger, der die geschädigten Frauen gegen die Übertragung von Geschlechtskrankheiten und mögliche Schwangerschaften behandelte. Im Folgenden werden die Kopien einiger Berichte des Gendarmerie-Postens Walkenried wiedergegeben:
Gend. Gruppenposten Walkenried
Walkenried, d. 21. Juni 1945
Kreis Blankenburg
Tgb. Nr. 9/45
A n z e i g e
Wegen Einbruchdiebstahls zum Nachteil des Domänenpächters
Wilhelm G.
In Walkenried
Die Ehefrau Margarete G., geb […].., wohnhaft […]., erstattet folgende Anzeige:
„Heute Morgen gegen 6.30 Uhr wurde mir durch unseren Schafmeister Otto H. gemeldet, dass in der letzten Nacht in unserem Schafstall ein Einbruch verübt sei, wobei uns zwei wertvolle Schafzuchtböcke sowie 6 junge Zuchtgänse entwendet wurden. Die Tiere befanden sich im Schafstall. Die Täter sind von hinten kommend durch ein Fenster eingestiegen und sind so in das Innere des Schafstalls gelangt. Eine der Fensterscheiben war entzwei und so konnte das Fenster aufgehebelt werden. Da die Fenster in einer Höhe von etwa 2,80 mtr. liegen, können die Täter nur mit einer Leiter oder unter Hilfestellung eingestiegen sein. Den Blutspuren nach sind die Tiere bereits im Stall und teils außerhalb des Stalles bis zur Landstraße Walkenried-Gudersleben abgeschlachtet. Die Täter konnten ohne Schwierigkeiten das nach der besagten Straße gelegene Tor von innen öffnen und ihr Diebesgut nach draußen schaffen. Da von der Straße ab jegliche Spur fehlt, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass sie mit einem Fahrzeug gekommen und wieder entkommen sind.
Wer für die Tat in Frage kommt, kann ich mit Bestimmtheit nicht angeben. Ich vermute jedoch, dass es sich bei den Tätern um Ausländer handelt, die auf dem Gehöft Bescheid wussten. Meine hier früher beschäftigten Arbeiter sind in dem Lager „Dora“ in Niedersachswerfen mit noch mehreren Arbeitern untergebracht. Diese auswärtigen Arbeiter kamen früher wiederholt in ihrer Freizeit nach hier und kennen daher den Hof. Meinen früheren Ausländern traue ich die Tat insofern nicht zu, da wir im guten Einvernehmen auseinander gegangen sind.
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