Leas Steine. Susanne Zeitz
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Название: Leas Steine

Автор: Susanne Zeitz

Издательство: Автор

Жанр: Современная зарубежная литература

Серия:

isbn: 9783960085690

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СКАЧАТЬ geht nicht mehr unter die Leute. Jetzt lässt sie sich sogar schon die Lebensmittel vom Supermarkt ins Haus liefern, denkt Margo ärgerlich. Trotz der starken Medikamente geht es ihr augenscheinlich immer schlechter!

      Margo klingelt. Es dauert eine ganze Weile, bis Klara verschlafen an die Tür kommt und öffnet. Margo blickt verstohlen auf ihre Uhr. Es ist fünfzehn Uhr, ein heller, sonniger Frühsommermittag.

      »Hallo Klara, schau, wen ich dir da mitgebracht habe.« Nach Sunnys überschwänglicher Begrüßung sitzen sich die beiden Freundinnen bei einem Kaffee und Erdbeerkuchen, den Margo mitgebracht hat, in der Couchecke im Wohnzimmer gegenüber. Wie schmal sie geworden ist, denkt Margo. Von der hübschen, modisch gekleideten Klara ist nicht mehr viel übrig. Ihre glanzlosen Haare sind lieblos zu einem wirren Pferdeschwanz gebunden, ihr Gesicht ist bleich und die Augen blicken matt und trüb und sind von dunklen Ringen umschattet. Sie trägt eine ausgebeulte Trainingshose und ein schmuddeliges T-Shirt.

      »Klara, erinnerst du dich noch an meine Freundin Marianne?« Klara überlegt.

      »Ja. Sie saß bei der Beerdigung von Karl und dem anschließenden Essen neben mir. Ich fand sie sehr nett. Warum fragst du?«

      Margo denkt kurz nach. Soll sie ihr sagen, dass sie mit ihr über sie gesprochen hat? Nein, auf keinen Fall! Sie muss es vorsichtig angehen. Sie möchte es jetzt nicht vermasseln.

      »Marianne beschäftigt sich mit Angsterkrankungen und Panikattacken. Ihr besonderes Interesse gilt jedoch Träumen und Traumanalysen. Sie hat eine Praxis und arbeitet nach ihren ganz eigenen Methoden. Ich finde sie sehr kompetent.«

      »Woher willst du das wissen?« Klara fragt leicht aggressiv. »Ich war nach Karls Tod bei ihr in Behandlung. Sie hat mir damals sehr helfen können.«

      »Das wusste ich ja gar nicht«, murmelt Klara betroffen.

      »Mit dir hätte ich darüber auch nicht sprechen können. Bei dir muss alles immer schön und positiv sein, die Schattenseiten des Lebens werden nicht angeschaut, am besten, so tun, als existierten sie gar nicht. Dass ich nach Karls plötzlichem Tod mit depressiven Zuständen und Angst zu kämpfen hatte, dass es mich in der ersten Zeit unendlich viel Kraft kostete, für mein Kind einen normalen Alltag zu gestalten, dass ich manchmal das Gefühl hatte, ich verlöre den Boden unter meinen Füssen, das hätte ich mit dir nicht besprechen können.«

      Klara weicht Margos ernstem Blick aus. Aber was sie sagt, stimmt. Tieferen Gesprächen weicht sie gerne aus. Sie hat sich im Laufe der Jahre ihre eigene Welt mit einer heilen, intakten Oberfläche aufgebaut, auf der sie sich bewegt. Alles Störende, Schmerzhafte wird daraus verdrängt. Nicht anschauen und nicht nachfragen, das ist ihre Devise, geschweige denn einen Therapeuten zu Hilfe zu nehmen.

      »Und wieso erzählst du mir das jetzt?« Klara rutscht nervös auf dem Sessel hin und her.

      »Weil ich finde, dass du dringend therapeutische Hilfe benötigst, sonst landest du irgendwann in der Psychiatrie! Marianne könnte dich in deiner jetzigen Situation begleiten.« So, jetzt hat sie es gesagt! Mehr kann sie nicht tun. Wenn sie wieder meine Hilfe ablehnt, dann werde ich künftig nichts mehr sagen und der Sache ihren Lauf lassen, wohin es auch führen wird, nimmt sich Margo fest vor. Klara schweigt, Margo ebenfalls. Sie schenkt sich noch einen Kaffee ein und krault Sunny, die sich neben ihr auf einem Kissen gemütlich zu einer Kugel zusammengerollt hat.

      »Begleitest du mich?« Ängstlich schwebt die Frage durch den stillen Raum. Margo versteht sie kaum, so leise hat sie gesprochen.

      »Kommst du mit, wenn ich zu ihr gehe?«

      »Ja, natürlich begleite ich dich.«

      »Ich schaff das alles nicht mehr allein. Glaubst du, dass sie mir helfen kann? Ich möchte mein altes Leben zurück!« Klara weint jetzt bitterlich. Margo nimmt sie in die Arme und wiegt sie wie ein Kind.

      »Ja, ich bin überzeugt, dass alles wieder gut wird. Aber es liegt an dir, wie offen und ehrlich du mitarbeitest. Soll ich dir einen grünen Tee aufbrühen?«

      Klara nickt schniefend. Der Tee wirkt entspannend und Klara beruhigt sich langsam.

      »Wo wohnt Marianne?«

      »Auf der Insel Reichenau.«

      »Die Gemüseinsel im Bodensee?«

      »Ja, Marianne besitzt dort ein uriges, altes Fischerhaus direkt am See. Dort ist auch ihre Praxis. Und wir könnten dort wohnen. Sie hat Gästezimmer.«

      »Du hast schon mit ihr gesprochen!«, stellt Klara lächelnd fest. Margo errötet.

      »Ja, bitte sei mir nicht böse. Ich habe sie heute Vormittag angerufen. Sie würde dich nehmen, aber du musst selbst einen Termin mit ihr ausmachen.«

      »Können wir gleich anrufen?« Klara möchte jetzt nicht mehr warten, denn der Leidensdruck ist einfach zu groß geworden.

      Marianne lädt sie zu einem verlängerten Wochenende ein und so fahren sie am Freitagmorgen los. Sie haben Glück, denn eine warme Sonne unter einem wolkenlosen Himmel begrüßt den Morgen und begleitet sie an den Bodensee.

      Als sie auf die Insel abbiegen, scheint die Zeit stehengeblieben zu sein. Zu beiden Seiten funkelt der See in einem leuchtenden Mittelblau durch das hohe Schilfgras, während die hellgrünen Pappeln der Reichenauer Allee den Eindruck vermitteln, als säumten sie einen Weg auf eine Märcheninsel. Die alte Ruine, am Ende der Allee, verstärkt diesen Eindruck. Auch Klara fühlt sich der Realität entrückt. Wenn ich diesen kleinen Teil der Insel beschreiben müsste, würde ich Attribute wählen wie romantisch, märchenhaft, verträumt, fast eine eigene kleine Welt, überlegt sie, während sie zum Fenster hinausblickt. Seit sie auf der Insel angekommen sind, haben ihre Aufgeregtheit und Angst einer angenehmen Entspanntheit Platz gemacht. Seit Wochen ist das ihr erster großer Ausflug in die Welt nach draußen. Staunend und dankbar erlebt sie sich wieder als einen kleinen Teil davon.

      Das alte Häuschen von Marianne steht direkt am See. Blauweißes Fachwerk ziert die leicht schiefen, dicken Mauer, in denen die blauen Fensterchen wie kleine Augen wirken, die munter in die Welt schauen. Einen heimeligen Eindruck vermittelt zudem das spitzwinkelige, rote Giebeldach. In einem leicht verwilderten Vorgarten steht ein alter, krummer Apfelbaum, der seinen Schatten einer kleinen Sitzecke spendet, die aus einer hellgrünen Holzbank, einem runden Tisch und zwei ebenfalls hellgrünen Holzstühlen besteht. Überall blüht es in vielen Farben. Das sanfte, helle Bimmeln von kleinen, tibetischen Messingglöckchen, die der leichte Seewind hin und her schwingt, ist zu hören und mischt sich mit dem leisen Geplätscher des Sees und dem zänkischen Geschrei einzelner Möwen. Sie betreten den Garten. Marianne hat das Auto schon gehört und öffnet die Haustür. Sunny springt ihr aufgeregt schnüffelnd entgegen. Nachdem sie zuerst den Hund begrüßt hat, wendet sie sich Margo und Klara zu, die sie beide herzlich umarmt.

      »Ich freue mich, dass ihr da seid!« Kurz führt sie die beiden durch das Haus, zeigt ihnen ihre Zimmer, wo sie ihr Gepäck abstellen können und lässt sie einen Blick durch die geöffnete Terrassentür des Wohnzimmers werfen. Dem Auge bietet sich ein weiter Blick direkt auf den See.

      »Du wohnst wirklich wunderschön. Ich bin jedes Mal aufs Neue begeistert«, schwärmt Margo. »Und jede Jahreszeit entfaltet tatsächlich ihren eigenen Zauber am See.«

      »Das stimmt schon, aber dieses Jahr hat sich der Nebel hier wochenlang zäh niedergelassen. Während in anderen Gegenden schon die Frühlingswärme zu spüren war, СКАЧАТЬ