Die dünne Frau. Dorothy Cannell
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Название: Die dünne Frau

Автор: Dorothy Cannell

Издательство: Автор

Жанр: Ужасы и Мистика

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isbn: 9783867549929

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СКАЧАТЬ und Jill büßte beinahe ihre Hand ein, als ich zurückwich. Ich hasse Zufrühkommer. Pünktlichkeit steht ganz oben auf meiner Liste unverzeihlicher Sünden. Es klingelte wieder, hartnäckig. Jill machte die Tür auf, während ich zwischen Schlaf- und Wohnzimmer hin- und herflatterte wie eine riesige rote Motte.

      »Miss Simons?« Er hörte sich nett an und irgendwie – erleichtert?

      »Nein, Jill, eine Freundin aus dem Haus; Ellie ist da drin.«

      Tusch und Trommelwirbel – meine verflixten Knie schlotterten wieder. Endlich standen wir uns Auge in Auge gegenüber. Er war nicht groß, dafür dunkel und gutaussehend, und zwei von drei möglichen Punkten sind immerhin was. Seine Körpergröße war höchstens durchschnittlich, vielleicht eins fünfundsiebzig, drei Zentimeter mehr als ich auf hohen Absätzen. Sein Haar war lockig und dunkel, fast schwarz. Bei seiner olivfarbenen Haut hätten seine Augen von Rechts wegen braun sein müssen, aber sie waren intensiv blaugrün. Er trug eine Nickelbrille, die ihm keineswegs Minuspunkte einbrachte (später erfuhr ich, dass er sie nur zum Autofahren aufsetzte), und er war schlank, schlank und noch mal schlank. Vielleicht nicht hübsch, wie es im Buche steht, aber entschieden attraktiv. Angesichts seines gut geschnittenen Mantels über dem Anzug aus dunklem Wolltuch, dem weißen Hemd und der gestreiften Seidenkrawatte wurde mir klar, wie ich aussah – wie die Dicke vom Rummelplatz, nuttig, ordinär und grotesk.

      Der arme Mann, was für eine Art, sein Geld zu verdienen! Ich nahm mir vor, nett zu ihm zu sein. Morgen würde ich zu meinen Tweedsachen zurückkehren und ihm am Schluss des Wochenendes ein anständiges Trinkgeld geben, damit er seine Mutter oder seine Freundin zum Essen ausführen konnte – oder seine Frau. Gab es vielleicht ein Gesetz, dass Begleiter ledig zu sein hatten?

      Ich band mir mein bestes Lächeln um, ging auf ihn zu und schüttelte ihm die Hand. Er hatte einen angenehm festen Griff, aber seine Augen waren kalt und unpersönlich. Absurderweise nahm ich ihm das übel. Kein Mensch hatte ihn gezwungen herzukommen.

      Er entdeckte meinen Koffer und ergriff ihn schwungvoll mit einer Hand. »Ich bringe ihn ins Auto, während Sie sich fertig anziehen.«

      Ich bedachte ihn mit einem frostigen Blick. »Sie stehen vor dem Endprodukt.«

      Die leuchtend graugrünen Augen musterten jeden purpurroten Quadratzentimeter; seine Lippen verzogen sich. »Sie müssen verzeihen«, sagte er, »aber Damenbekleidung war mir immer ein Rätsel. Ich hielt das für den Morgenmantel. Sie sind so weit?«

      »Nicht ganz.« Meine Stimme verrutschte um eine Oktave, aber das war mir egal. »Bevor wir aufbrechen, möchte ich etwas klarstellen. Mr. Haskell, Sie sind hier, um Ihre Arbeit zu tun, so gut wie irgendein Angestellter. Da ist nichts dabei, die meisten von uns sind gezwungen, sich ihr tägliches Brot zu verdienen. Ich habe mit Leuten zusammenarbeiten müssen, die ich nicht auf eine Tasse Kaffee gebeten hätte, selbst wenn ich auf einer einsamen Insel mit ihnen gestrandet wäre, aber ich habe eine wichtige Lektion gelernt.«

      »Ja?«

      »Sorgen Sie immer dafür, dass die Chefin zufrieden mit Ihnen ist, denn sonst kriegen Sie womöglich kein Geld, weder per Scheck noch in bar noch sonst wie.«

      Seine Brauen waren ein einziger schwarzer Strich. Einen Augenblick dachte ich, er würde den Koffer nach mir werfen, und athletisch, wie er war, hätte er ins Schwarze getroffen – meine Nase.

      »Amüsiert euch gut«, zwitscherte Jill und reichte mir meinen Mantel.

      Wir machten uns auf den Weg.

      Ich war an diesem Tag noch nicht draußen gewesen, ja ich hatte noch nicht mal die Vorhänge zurückgezogen, und so wurde ich unsanft davon überrascht, dass es schneite. Dicke weiche Flocken wie aus Seifenschaum wirbelten durch die Luft. Badewetter? Dieser irrigen Ansicht war offenbar Bentley Haskells Auto. Das übel zerschrammte rostig graue Gefährt stand mit runtergeklapptem Verdeck am Rinnstein. Ich wusste, dass Kabrios einen Hang dazu haben, aber doch bitte nicht mitten im Schneegestöber bei eisigem Ostwind. Mr. Haskell hatte meinen Koffer verstaut und hielt mir die Tür auf.

      »Darf ich beim Einsteigen behilflich sein, Schatz?« Er lächelte grimmig. »Ich übe schon mal.«

      »Nein. Sie dürfen den Deckel von diesem Ding zumachen.«

      »Das geht leider nicht. Die Scharniere sind seit Jahren festgerostet. Keine Sorge – Sie werden nicht nass.«

      Als ich mich auf einem sehr feuchten Sitz niederließ, drückte er mir einen rotweiß gepunkteten Sonnenschirm in die Hand, löste die Verriegelung und schon wölbte sich über mir ein riesiger Fliegenpilz. Meine Füße trafen auf eine Wärmflasche, aber auch das besänftigte mich nicht. Ich hätte jetzt in einem gemütlichen Zugabteil sitzen können, indes die Landschaft an mir vorbeiglitt und der Schaffner zum Abendessen in den Speisewagen bat. Es gab nur eine Erklärung: Der Mann, der ruhig an meiner Seite saß und die Straßenkarte studierte, war aus Dartmoor entflohen. Mrs. Swabucher hätte ausnahmsweise auf Sohn Reginald, den Wirtschaftsprüfer, hören und ihre Hausaufgaben machen sollen.

      »Zu Ihrer Linken finden Sie zwei Reisedecken.« Mr. Haskell faltete die Karte säuberlich zusammen, steckte sie in die Ledertasche unter dem Armaturenbrett und setzte das Monstrum in Gang. Es antwortete mit Geheul, das sich zu wütendem Knurren steigerte. Wir schossen vorwärts, verfehlten knapp eine Frau auf einem schwankenden Fahrrad, drückten uns an einem Laster und einem Doppeldeckerbus vorbei und schwammen mit im abendlichen Berufsverkehr, der London vor Einbruch der Dunkelheit hinter sich lassen wollte.

      »Behaglich, Schatz?« Er hatte kleine, schneeweiße Zähne. Einer stand ein wenig über und betonte das Ebenmaß der übrigen.

      »Ich erfriere.«

      »Wickeln Sie sich die andere Decke um. Mein Problem ist, ich finde dieses Wetter erfrischend und vergesse, nicht alle teilen meine Begeisterung für die Natur im Rohzustand.«

      »Im Zug wäre es sicher zu heiß?«

      »Zum Ersticken.«

      So sollte ich also Einzug in Merlins Schloss halten? Die Finger festgefroren an diesem lächerlichen Sonnenschirm, das Haar schneeweiß und vor der Zeit gealtert? Männer! Und nach so einem hatte ich mich all die Jahre gesehnt!

      »Versuchen Sie, in Bewegung zu bleiben«, sagte er, den Blick fest auf die Straße geheftet.

      »Na toll! Ich stehe auf und jogge um den Rücksitz. Halten Sie ja nicht an, wenn ich über Bord gehe. Ein rascher Unfalltod ist mir lieber als zentimeterweise zu erfrieren.«

      »Ich meinte, wackeln Sie mit den Zehen, wedeln Sie mit den Händen – nicht die mit dem Schirm.« Er blinzelte. »Für diese Fahrt brauche ich beide Augen – die Sicht wird immer schlechter.«

      »Ist Ihnen das auch schon aufgefallen?« Ich schloss die Augen und sofort wurden mir die Lider schwer. Schnee drückte sie nieder, nicht süßer Schlaf. Eingemummelt in meine Decken kam ich nicht an die Tafel Nussschokolade, die in meiner Handtasche steckte und inzwischen mit klagender Stimme nach mir rief. »Kann ein Mensch in Leichenstarre fallen«, fragte ich, »obwohl er noch lebt?«

      Er schnaubte ärgerlich, fügte dann aber recht sanft hinzu: »Vielleicht hilft es, wenn wir uns unterhalten.« Schmolz der Eisberg? »Um überzeugend zu sein«, fuhr er fort, »muss ich in etwa wissen, wer wer ist auf dem Anwesen, dem wir unseren Besuch abstatten. Ist es ein Landhaus?«

      »Eher СКАЧАТЬ