Mit Gott die Welt verändern. John Eldredge
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Название: Mit Gott die Welt verändern

Автор: John Eldredge

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783765574719

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СКАЧАТЬ rufe, aber jede Hilfe ist weit entfernt! (Psalm 22,2).

      Man fragt sich fast, ob hier ein und dieselbe Person spricht; ich ertappe mich dabei, dass ich einen Seitenblick auf den Anfang werfe, ob es tatsächlich immer noch David ist, der hier spricht. Ja, er ist es. Gerade noch sprudeln Freude, Jubel und Überschwang nur so aus ihm heraus; im nächsten Moment hören wir eine Klage aus tiefster Verzweiflung:

      Tiefe Freude hast du mir gegeben.

      Sie ist viel größer als die Freude derer,

      die Korn und Wein im Überfluss geerntet haben! (Psalm 4,8).

      Herr, … ich bin kraftlos wie ein welkes Blatt.

      Heile mich, denn der Schreck sitzt mir in allen Gliedern.

      Ich habe allen Mut verloren.

      Und du, Herr, wie lange willst du dir das noch ansehen? (Psalm 6,3-4).

      Heute besingt er die großen Taten Gottes; morgen verfasst er Klage­lieder voller Kummer und Herzeleid:

      Wie kostbar, o Gott, ist deine Gnade!

      Menschen suchen Zuflucht im Schatten deiner Flügel.

      Sie dürfen den Reichtum deines Hauses genießen,

      und aus einem Strom der Freude gibst du ihnen zu trinken (Psalm 36,8-9).

      Mein Herz bebt, Todesangst überfällt mich.

      Furcht und Zittern setzt mir zu,

      das Grauen droht mich zu ersticken (Psalm 55,5-6).

      Davids anschauliches Bekenntnis seiner Schuld und der verheerenden Auswirkungen der Sünde gehört zu den ergreifendsten Texten der Weltliteratur:

      Weil du zornig auf mich bist,

      gibt es keine heile Stelle mehr an meinem Körper.

      Wegen meiner Sünden ist nichts mehr an mir gesund.

      Meine Schuld ist mir über den Kopf gewachsen,

      sie ist eine drückende Last, zu schwer für mich zu tragen.

      Meine Wunden eitern und verbreiten einen üblen Geruch –

      dass es dahin kam, war meine eigene Torheit.

      Ich bin gekrümmt und gebeugt,

      in düsterer Trauer schleppe ich mich durch den Tag.

      In meinen Hüften brennt der Schmerz,

      keine heile Stelle gibt es mehr an mir.

      Ich bin zerschlagen, am Ende meiner Kräfte.

      Oft lässt die Qual meines Herzens mich nur noch schreien.

      Herr, du weißt, wonach ich mich sehne,

      mein Seufzen bleibt dir nicht verborgen.

      Mein Herz pocht, meine Kraft hat mich verlassen,

      mein Augenlicht ist fast erloschen (Psalm 38,4-11).

      Aber auch diese Demut und Zerknirschtheit sind nicht von Dauer; schon bald beschwört er Gott, den Untergang seiner Feinde zu bewerkstelligen:

      Wenn Gott Vergeltung übt,

      wird sich jeder freuen,

      der nach Gottes Willen lebt.

      Ja, er wird seine Füße baden

      im Blut dieser gottlosen Verbrecher! (Psalm 58,11).

      Starker Tobak. David lässt sich offensichtlich nicht davon einschüchtern, dass die ganze Welt seine geistlichen Tagebücher lesen wird; er versteckt sich nicht. Er segelt ganz unbekümmert über die sieben Weltmeere der menschlichen Gefühle – und das in seinem Gebet. In den meisten Gemeinden würde man das wohl kaum durchgehen lassen. Der Mann scheint unausgeglichen, unzuverlässig, instabil; jeder normale Kirchenvorstand würde ihm einen Besuch beim Therapeuten empfehlen.

      Aber erinnern wir uns: Die Bibel nennt David einen „Mann nach Gottes Herzen“. Gott war es, der ihn zum König salben ließ; Gott sorgte dafür, dass seine Gebete in der Heiligen Schrift überliefert wurden. Diese Psalmen sind der Kirche gegeben, damit sie unser Gebetbuch sind, unsere Fibel des Betens – und sie sind wunderschön. Sie versichern uns nicht nur, dass Gott sehr wohl in der Lage ist, mit der ganzen Bandbreite unserer Emotionen zurechtzukommen; nein, Gott lädt uns durch diese Texte geradezu dazu ein, ihm das alles zu bringen.

      Es gab noch jemanden, der diese Lektion sehr gut gelernt hat; ein Mann aus der davidischen Linie, der seine Gebetsfibel offensichtlich gründlich studiert hat. Die ungezügelte Kraft der Psalmen klingt uns auch aus den Gebeten von Jesus entgegen. So beschreibt eine versteckte Bemerkung im Hebräerbrief, wie Jesus betet: „Als Christus hier auf der Erde war – ein Mensch von Fleisch und Blut –, hat er mit lautem Schreien und unter Tränen gebetet und zu dem gefleht, der ihn aus der Gewalt des Todes befreien konnte“ (Hebräer 5,7).

      „Mit lautem Schreien und unter Tränen“. Wenn ich bete, klingt es anders; lautes Schreien vermeide ich und Tränen fließen auch nur höchst selten. Aber hier haben wir Jesus – den besten Menschen, den es je gab, „menschlicher als die Menschheit“, wie G. K. Chesterton gesagt hat.8 Und so hat er gebetet. Ich glaube nicht, dass Gethsemane die einzige Gelegenheit war, bei der die Jünger miterlebt haben, dass er so gebetet hat. Wir haben auch den Bericht über Jesus am Grab des Lazarus. Aber natürlich denken wir zuerst an den Ölgarten und das nächtliche Gebet, das Jesus dort an seinen Vater richtet:

      Jesus kam nun mit seinen Jüngern an eine Stelle am Ölberg, die Getsemane genannt wird. Dort sagte er zu ihnen: „Setzt euch hier und wartet! Ich gehe noch ein Stück weiter, um zu beten.“ Petrus jedoch und die beiden Söhne des Zebedäus nahm er mit. Traurigkeit und Angst wollten ihn überwältigen, und er sagte zu ihnen: „Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht mit mir!“

      Er selbst ging noch ein paar Schritte weiter, warf sich zu Boden, mit dem Gesicht zur Erde, und betete: „Mein Vater, wenn es möglich ist, lass diesen bitteren Kelch an mir vorübergehen! Aber nicht wie ich will, sondern wie du willst.“ …

      Der Kampf wurde so heftig, und Jesus betete mit solcher Anspannung, dass sein Schweiß wie Blut auf die Erde tropfte (Matthäus 26,36-39; Lukas 22,44).

      Es ist mir fast peinlich, wie „formell“ mein Gebetsleben dagegen geworden ist, wie vorsichtig. Wenn ich die Psalmen lese oder Jesus anschaue, wird mir klar: Ich erlaube mir gar nicht, wirklich alle meine emotionalen Höhen und Tiefen im Gebet vor Gott auszubreiten – als müsse ich Gott vielleicht vor den enormen Abgründen meiner Gefühlswellen in Schutz nehmen. Aber auch in meinem Leben gab es Zeiten, in denen meine Gebete eher so klangen wie die von David oder von Jesus.

      Ein sehr guter Freund von mir kam bei einem Unfall ums Leben. In der folgenden Zeit waren meine Gebete nicht vorsichtig, zurückhaltend. Einmal habe ich ein Loch in die Küchenwand getreten, während ich betete. Aus Sorge, das ganze Haus würde einfallen, wenn ich weitermachte, habe ich mir einen Baseballschläger aus der Garage geholt und beim Beten auf einen großen Plastikmülleimer eingedroschen: „Was denkst du dir dabei?“ Ich habe geschrien, die Tränen flossen in Strömen. „Wie СКАЧАТЬ