Mit Gott die Welt verändern. John Eldredge
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Название: Mit Gott die Welt verändern

Автор: John Eldredge

Издательство: Bookwire

Жанр: Документальная литература

Серия:

isbn: 9783765574719

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      E. M. Bounds, der legendäre Gebetskämpfer aus dem 19. Jahrhundert, schrieb: „Der ganze Mensch muss beten. Der ganze Mensch – Leben, Herz, Temperament, Geist, alles betet mit … es braucht wirklich das ganze Herz, wenn man wirksam beten will.“9 In jenen Gebeten in der Garage steckte wirklich „der ganze Mensch“. Sie waren der Aufschrei meines Herzens.

      Aber im Lauf der Jahre wurde mein Gebetsstil lascher. Ich wurde … ja was? Ehrfurchtsvoller? Vorsichtiger? Es scheint mir fast albern, das hier zu schreiben, aber ich betete nicht mehr laut und ungestüm und auch nicht mehr tränenreich. Aber dann wurde mir klar: Wenn Gott mit Davids Gefühlsausbrüchen zurechtgekommen war, konnte er es mit meinen wohl auch. (Unter uns, ich glaube, viele von uns denken, sie sollten besser das meiste von dem verstecken, was wirklich in ihnen los ist, wenn sie zu Gott kommen. So wie Kinder, wenn die Mutter ruft, versuchen, den Unfug zu vertuschen, den sie angestellt haben, auch wenn Mama schon längst die zerrissenen Hosen gesehen hat. Als ob Gott nicht schon längst wüsste …)

      Also fing ich an, wieder unzensiert zu beten, meine Worte einfach aus dem Herzen kommen zu lassen. Und das war ein wirklich guter Schritt. Nicht nur deswegen, weil ich mich wieder sehr viel mehr mit Gott verbunden fühlte, von Herz zu Herz, sozusagen, sondern auch, weil meine Gebete eine neue Vollmacht hatten. Die Väter nannten so etwas „Salbung“; das Wort bedeutet so viel wie Vehemenz, Wucht, Durchschlagskraft, Schmackes. Diese Gebete hatten Schmackes.

      Jetzt muss ich aber rasch noch eines hinzufügen: Der Aufschrei des Herzens muss durchaus nicht nur aus Verzweiflung und Kummer erwachsen. Nein, Sorgen und Probleme sind nicht der Hauptanlass für diese Art des Betens. Freude und Jubel können ebenfalls lautstarken Ausdruck finden:

      Ihr Völker auf der ganzen Welt, klatscht in die Hände!

      Lobt Gott und lasst euren Jubel laut hören! (Psalm 47,2).

      Jubel soll über meine Lippen kommen,

      wenn ich ein Lied für dich anstimme.

      Auch meine Seele, die du erlöst hast, jubelt dir zu (Psalm 71,23).

      Kommt, lasst uns dem Herrn zujubeln,

      ihm laut unsere Freude zeigen,

      dem Fels, bei dem wir Rettung finden (Psalm 95,1).

      In vielen Psalmen finden wir den Aufruf, einen „fröhlichen Lärm“ für Gott zu machen, mit „Jubelschall“ seinen Ruhm zu verkünden. Klingen Ihre Gebete danach? Wir dürfen ruhig ein wenig lautstark sein; es bringt uns dem Beten von Jesus näher.

      Vielleicht beten Sie ja bereits so – etwa, wenn plötzlich eine wirklich gute Nachricht eintrifft; wenn die gefürchtete Diagnose sich nicht bestätigt; wenn der Karrieresprung gelungen ist; wenn Sie eine Skipiste hinuntersausen, ihr Segelboot durch die Wellen gleitet oder Sie auf der Achterbahn auf Talfahrt gehen. Yippie! Ein Juchzer. Ihnen war nur noch nicht klar, dass der Gott galt. Aber auch das war ein Aufschrei des Herzens und Gott freut das. Ich bin mir sicher: Gott samt all seinen Engeln stimmen aus vollem Herzen ein.

      Seit Stacy und ich die vorsichtigen, gemäßigten Gebete einer gesitteten Gemeinde hinter uns gelassen haben, ist die Dezibelzahl, die aus unserem Haus dringt, wenn wir worshippen, in den letzten Jahren beständig gestiegen. Beim Lobpreis drehen wir voll auf; und spontane Juchhus, Begeisterungsrufe und Hallelujas sind an der Tagesordnung. (Die Nachbarn müssen denken, wir sind übergeschnappt.)

      Den Aufschrei des Herzens kann man nicht „organisieren“, man muss ihn nicht üben, nicht einmal lernen. Er braucht keine religiöse Sprache. Man muss nicht knien, nicht die Augen schließen (und das ist sehr gut so, denn ich bete meistens im Auto oder wenn ich in der Natur unterwegs bin). Nichts an diesem Gebet muss korrekt sein; im Gegenteil: Tun Sie besser alles, was Sie können, um das Formale und Korrekte hinter sich zu lassen.

      Alles, was Sie tun müssen, ist: es zulassen. Dieses Gebet steckt bereits in Ihrem tiefsten Herzen.

      Und jetzt noch ein warnendes Wort: Seien wir wachsam, dass unser Herzensaufschrei – besonders, wenn er aus großer Not he­raus erfolgt – sich nicht unbemerkt in einen Pakt mit Verzweiflung oder Verlassenheit verwandelt, indem wir den Lügen zustimmen, die der Feind uns einflüstert. „Vater, ich fühle mich verlassen“ darf nicht zur Überzeugung werden: „Ja, ich bin verlassen.“ Es erleichtert unser Herz, wenn wir unserem Kummer Luft machen; aber in diesen postmodernen Zeiten, wo das Nebenmotiv von Leid und Trostlosigkeit anscheinend unsere Hauptmelodie geworden ist, setzen wir uns allzu schnell auf der Insel der Verzweifelten fest und nennen das dann „Authentizität“. Die Gefühle sind da, ohne Frage, und sie sind wichtig. Aber Gefühle sind kein sicherer Hafen für unsere Seele. Gerade in Zeiten voller Leid und Sorgen ist der Feind immer auf dem Plan und versucht uns dazu zu bringen, dass wir seinen Lügen zustimmen: Du bist verlassen.

      Das Kind, das im Dunkeln weint, fühlt sich gleich besser, wenn die Mutter kommt und das Licht anschaltet. Was sich eben noch so real und unentrinnbar anfühlte, löst sich auf. Nehmen wir unsere Verletzungen, unseren Schmerz ernst, ja, aber nicht auf eine Weise, die verhindert, dass Gott das Licht anschalten und uns in seine Nähe ziehen kann. Sehen wir uns an, wie David die aufgewühlte See seiner eigenen Seele beschwichtigt:

      Tränen sind meine einzige Speise Tag und Nacht.

      Ständig fragt man mich: „Wo ist denn nun dein Gott?“

      Ich erinnere mich an frühere Zeiten,

      lasse meinen Gedanken und Gefühlen freien Lauf:

      Wie schön war es doch,

      als ich mein Volk zu Gottes Heiligtum führte,

      begleitet von Jubel und Dank,

      im feierlichen Festzug mit vielen Menschen!

      Warum bist du so bedrückt, meine Seele?

      Warum stöhnst du so verzweifelt?

      Warte nur zuversichtlich auf Gott!

      Denn ganz gewiss werde ich ihm noch dafür danken,

      dass er mir sein Angesicht wieder zuwendet und mir hilft (Psalm 42,4-6).

      David spricht aus, wie es ihm geht; er schüttet sein ganzes Herz ehrlich und rückhaltlos aus; aber er erlaubt sich nicht, in seinem Kummer zu ertrinken. Beeindruckt es Sie nicht auch, wie David seiner Seele zuredet („Warum bist du so bedrückt, meine Seele?“)? Das hilft mir, mich etwas normaler zu fühlen, wenn ich Selbstgespräche führe. David erinnert seine eigene Seele, dass die Situation nicht immer so hoffnungslos war wie gerade jetzt – und ist das nicht genau der Punkt, an dem wir in Gefahr stehen, den fatalen Schritt in die falsche Richtung zu tun? Wenn wir im Dunkeln sitzen, haben wir sehr schnell das Gefühl, dass wir da schon immer waren. Aber das ist nicht wahr! David erinnert sich selbst daran, dass er in der Vergangenheit Gottes zuverlässige Hilfe erfahren hat. Gott wird auch diesmal verlässlich zu ihm stehen. Der Psalmbeter drängt sich geradezu selbst dazu, seine Hoffnung auf Gott zu setzen, denn der Morgen wird kommen.

      Der Aufschrei des Herzens ist eine wunderbare und kostbare Weise zu beten. Aber sie birgt eine Gefahr (so wie Liebe und Freundschaft auch Gefahren bergen): Ehrlich und offen auszusprechen, wie uns zumute ist, kann sich in einen Strudel verwandeln, der uns verschlingt. Ich möchte verhindern, dass Sie Lügen zustimmen, wenn Sie vor Gott die ganze Bandbreite ihrer emotionalen Seite zur Sprache bringen. „Ich fühle mich verlassen!“ ist etwas ganz, ganz anderes als: „Ich bin wirklich verlassen!“ – „Ich fühle mich am Ende“ ist nicht dasselbe wie „Ich bin am Ende“.

      David СКАЧАТЬ