Название: So wird man Rockstar und Millionär
Автор: Gene Simmons
Издательство: Bookwire
Жанр: Изобразительное искусство, фотография
isbn: 9783854454748
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Als sich Mum von meinem Vater scheiden ließ, nahm sie wieder ihren Mädchennamen Klein an, um die jüdische Tradition aufrechtzuerhalten. Nach Verlassen der Yeshiva und zeitgleich mit dem Beginn der fünften Klasse der staatlichen Schule verwandelte ich mich in Gene Klein. Ich musste meinen Namen bei jedem Vorstellen nicht mehr länger langsam buchstabieren oder übergenau aussprechen. Der neue Name verringerte das Gefühl, ein Außenseiter zu sein.
Obwohl mir der Klang des Namens Gene Klein deutlich besser gefiel als der von Chaim Witz, fand er noch nicht den idealen Widerhall.
Von der fünften Klasse bis um College-Abschluss hieß ich Gene Klein. Bis ich 1972 auf Paul Stanley traf! Paul trug damals auch einen anderen Namen, den er zu Paul Stanley änderte. Clever. Als es dann so aussah, dass ich in einer Rockband spielen würde, wurde mir bewusst, dass jüdisch anmutende Namen bei der breiten Masse von Hörern in den USA nicht gut ankamen. Das trifft eigentlich auch auf den Rest der Welt zu.
Ich bin sicherlich nicht derjenige, der über ein Falsch oder Richtig bei der Namenswahl entscheidet oder darüber urteilt, ob es von Bedeutung sein könnte, wie er klingt oder ob man ihn leicht aussprechen kann. Aber es ist wichtig, ob du ihn magst oder nicht.
Ich nahm die Situation nicht persönlich, sondern erkannte die Fakten an. Mir wurde klar, dass sich Robert Zimmerman in Bob Dylan verwandelt hatte. Marc Bolan von T. Rex wurde mit dem Namen Mark Feld geboren. Und einen Leslie West von Mountain kannte man früher als Leslie Weinstein. Sie alle hatten sich neu erfunden, ihre Namen geändert und damit zusammenhängend ihr Image.
Ich erkannte, dass ich meine Namenskreation abschließen musste. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht mehr, woher der Name Simmons stammte, doch er klang amerikanisch, und ich wollte Amerikaner sein.
Und so wurde ich 1972 Gene Simmons. Ich erinnere mich deutlich daran. Nach einer Probennacht mit der neuen Band fuhren Paul und ich mit der U-Bahn zurück nach Queens. (Wir konnten uns zu der Zeit beide keine Wohnung leisten. Paul lebte bei seinen Eltern und ich bei Mum.) Es war nach Mitternacht, und ich erklärte Paul, dass ich meinen Namen in Gene Simmons ändern würde.
Ganz einfach – und ich hatte mich neu erfunden.
Doch ich sah nicht so aus, als spielte ich in einer Rockband. Rockbands sahen so aus, als kämen sie aus Großbritannien, und bestanden meist aus Weißen. Es liegt nicht an mir, die sozioökonomischen Gründe für das Phänomen zu erklären, ich stelle nur fest, dass es so war. Und zum Großteil hat sich bis heute nichts daran geändert. Es ist wichtig, im Leben und im Geschäft die vorherrschenden Muster zu erkennen, sozusagen als eine Art Marktanalyse. Bitte denke immer daran, dass wir hier nicht über Künstler im Studio reden. Ich spreche von Rockstars!
In der modernen Rock-Ära (von 1962 bis heute) war der überwiegende Teil der Rockstars weiß und jung. Es tauchten kaum afroamerikanische Stars auf. Abhängig von der Definition eines „Rockstars“ sind sie auch heute kaum zu finden. Jimi Hendrix stellte eine der Ausnahmen dar, obwohl man bemerken muss, dass seine Kollegen in der ersten Besetzung weiß und Briten waren.
Niemals betraten asiatische Rockstars mit einem ähnlich weltweiten Erfolg die Bühne – nicht aus Indien, Japan, China oder irgendwo anders in Asien. Natürlich gab es noch nie chassidische Rockstars. Mal von Janis Joplin abgesehen, finden sich keine Frauen mit einer ähnlichen Bedeutung wie die Beatles oder Elvis.
Die wenigen jüdischen Rockstars änderten ihre Namen und/oder spielten die Tatsache herunter, dass sie als Juden geboren wurden. Sie kapierten, dass es den Massen egal war und dass das Herumwedeln mit einer jüdischen Flagge eher als abstoßend empfunden wird. Die Massen wollen einfach Rockstars!
Wir reden hier über Rock, denk dran! Nicht Pop oder Disco und New Wave noch einen anderen Musikstil. Sondern R-O-C-K.
Man musste in einer Band sein, Songs schreiben und selbst die Instrumente spielen. Voraussetzung waren Gitarren, ein Bass und Drums. Man musste jung sein, weiß (ich habe es ja gesagt!) und ein Mann. Es liegt wiederum nicht an mir, an dieser Stelle ein Werturteil zu fällen: Das Ganze mag ein Resultat der „weißwaschenden“ Medien gewesen sein oder eines schrecklichen, ungerechten Auswuchses von subtilem Rassismus in der Popkultur. Wo der Grund auch immer gelegen haben mag – ich wollte jedenfalls erfolgreich sein. Wenn sie sich nicht vor mir verneigten, so wie ich war, würde ich mich eben verwandeln und sie in ihrem eigenen Spiel schlagen.
R & B war hingen schwarz. The Temptations, die O’Jays und viele andere – glorreich schwarz.
Die Beatles, die Stones und Led Zeppelin und die anderen damaligen Rockstars hingegen waren alles junge, weiße und männliche Künstler, die eine bestimmte Ästhetik vertraten. Vom Aussehen her konnte ich mich nicht mit ihnen vergleichen, da ich nicht „so weiß“ war. Nicht wie ein Brite. Und so holte ich das Beste aus mir heraus. Ich ließ die Haare wachsen, lernte sie zu glätten und zu fönen und benutzte Haarspray. Das mache ich immer noch. Ich begann schrille Klamotten zu tragen, brachte mir das Songwriting selbst bei sowie das Gitarre- und Bassspiel.
Als wir 2012 in London auftraten, schaute Jimmy Page vorbei, um uns anzuchecken. Ungefähr ein Jahr später hielt ich mich wegen meiner Geschäfte in New York auf. Jimmy, der zufälligerweise in der Stadt war (und zudem ein waschechter Gentleman ist), kam vorbei, um mich zu begrüßen. Der Mann, in dessen Händen mehr Classic-Rock-Riffs entstanden als bei allen anderen Bands zusammen. Der Riff-Meister.
Zu Beginn meiner Karriere wusste ich nicht viel über Marketing, ja, hatte den Begriff noch nie bewusst wahrgenommen. Aber ohne andere zu fragen, spürte ich instinktiv, was funktionierte und was nicht. Entweder muss man Marktanalysen erstellen, oder man verfügt über den Instinkt. Ich verspürte – und verspüre immer noch – ein „Bauchgefühl“. Das zahlte sich aus und sicherte mir ein gutes Leben.
Rockstars sahen nicht nur wie Rockstars aus. Ihre Namen klangen auch nach Rockstars! Mick. Jimi. Yeah, „das rockt“. Mit den Namen verband ein Hörer etwas unbestimmbar Cooles.
Alle diese Künstler haben sich selbst erfunden. Von Kopf bis Fuß, von innen nach außen.
Und so entschied ich mich, in einer Band zu spielen. Ich würde meine Erfolgschancen erhöhen, wenn ich einen Mann wie Paul Stanley aussuchte und ihn zu meinem Partner machte. Er war der Popkultur und dem Erfolg so leidenschaftlich zugetan wie ich selbst. Er zeigte sich offen dafür, etwas aus sich zu machen. Wir beiden waren bereit, uns in Chamäleons zu verwandeln und alles für ein Image zu machen, das sich in dem Marktsegment bewährte, das wir anstrebten. Von Kopf bis Fuß.
Sieh wie ein Rockstar aus, benimm dich wie ein Rockstar, und wenn du Glück hast, wirst du vielleicht ein Rockstar werden. Bis du es schaffst, musst du so einiges vortäuschen.
Als ich die 6. Klasse in Spanish Harlem unterrichtete, kannte man mich als Mr. Klein. Und das stellte einen angemessenen Namen für den Job dar. Er klang wie der Name eines Lehrers. Aber Klein würde niemals im Kontext einer Rockband wirken. Der Namen klang kaum nach Rock’n’Roll.
Gene Simmons war zwar nicht perfekt, doch eindeutig besser als Chaim Witz, und und so nennt man mich seit 1972 Gene Simmons.
So weit, so gut.
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