Krawattennazis. Peter Langer
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Название: Krawattennazis

Автор: Peter Langer

Издательство: Bookwire

Жанр: Языкознание

Серия:

isbn: 9783942672870

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СКАЧАТЬ Kleines Vorschlag, die Sitzung gemeinsam aufzusuchen. „Gut. Gute Idee. Sonst noch etwas?“ Kleine blickte verdutzt sein Handy an. Was für ein unwirscher Ton. Emde hatte offenbar Stress. Oder war im Büro. Oder beides traf zu, was ja auch mal vorkommen konnte. Er fasste sich kurz. „Wir sehen uns dann.“ Ein Klicken in der Leitung beendet das Gespräch. Emdes Blick wanderte zu der Thermoskanne seines Kollegen. Der Kaffee im Präsidium war eigentlich ungenießbar. So sehr, dass er schon öfters, sehr zur Freude seiner Frau, auf Tee ausgewichen war. Earl Grey, second flush. „Ist da noch etwas drin?“ Bangert schaute erstaunt rüber und nickte kaum merklich. Erleichtert und ohne seinen Wunsch weiter ausdefiniert zu haben, stand Emde auf und besorgte sich eine Tasse, angeschlagen und mit bereits angeklebtem Henkel: Die Polizei in Hessen – Dein neuer Arbeitgeber.

      Die Szene war unwirklich. Fast wie in einem Film. Constanze Lieberknecht trat gefasst in den Raum, dessen Temperatur deutlich niedriger als die in den anderen Räumen des Instituts für Pathologie in Kassel war, das für die nordhessische Polizei bei Bedarf auch als Rechtsmedizin fungierte. Doch abgesehen vom Verhalten der Bankierswitwe erinnerte wenig in dem Raum an die entsprechend gleichen Szenen in Fernsehkrimis. Es gab keine Milchglasscheiben und kein diffuses Licht. Keine Reihe von Alutischen mit zugedeckten Körpern und auch keinen Gerichtsmediziner mit Kittel und Mundschutz, der nach einem kurzen Augenblick ein Tuch zurückschlug. Der Raum hatte eher etwas von der sterilen Freundlichkeit eines Krankenzimmers, war weniger ein angsteinflößender Operationssaal als ein Sterbezimmer, die Wände waren nicht gefliest, sondern verputzt, lediglich bis Knöchelhöhe reichte der rutschfeste Bodenbelag aus PVC, der in den Kanten für eine bessere Reinigung hochgewölbt war. Über der Tür hing ein Kruzifix. Das eigentliche Gemetzel hatte in einem anderen Raum stattgefunden.

      Emde war etwas später als Constanze Lieberknecht an der Gerichtsmedizin angekommen und hatte im Vorbeifahren auf der Suche nach einem Parkplatz gesehen, wie sie aus der Beifahrertür eines roten Mercedes-Coupés stieg. Am Steuer saß ein deutlich jüngerer Mann, zweifellos Torben Wagner alias David Kline, der dem Beamten bereits vom Hörensagen bekannt war. Am Vortag hatten sie zwar das Foto im Bücherregal gesehen, aber neben der etwas älteren Witwe sah der Bursche wirklich aus wie ein Kind. Emde hatte noch abgewartet, bis auch der junge Fotograf einen Parkplatz gefunden, das Auto, das ohne jeden Zweifel auf den Namen Constanze Lieberknecht zugelassen war, mit äußerster Vorsicht eingeparkt hatte und der Witwe in die Gerichtsmedizin gefolgt war. In der Zwischenzeit hatte er den Pressesprecher von Prospersoil erreicht und mit ihm einen Gesprächstermin für den frühen Nachmittag ausgemacht. Emde musste dabei seine Worte etwas harscher wählen: Johannes Döhrenbach erwies sich als äußerst strebsam darin, seine Ziele zu erreichen. Die Grußfloskeln waren noch nicht richtig verklungen, da befand sich Döhrenbach bereits in einem Monolog über die Verpflichtungen der Behörden, Auskünfte zu erteilen. Informationsfreiheitsgesetz, er, der Beamte, wisse darüber sicher Bescheid. „Aber nicht mitten in Ermittlungen“, hatte Emde ihn gestoppt. Sie hatten sich bis auf Weiteres geeinigt, in hoffentlich fruchtbarer Weise zusammenzuarbeiten und das gemeinsame Gespräch miteinander zu suchen. Emde war dennoch ein heftiger Fluch über die Lippen gekommen, nachdem er aufgelegt hatte. Was für ein Arschloch! Auf gute Zusammenarbeit!

      Er stieg aus und folgte dem vermeintlichen Starfotografen ins Foyer der Gerichtsmedizin. Er sah den jungen Mann dort in einer Sitzgruppe hocken und auf seinem Handy daddeln. Ein Youngster mit rasend machendem Restless-Legs-Syndrom. Muss jederzeit abchecken, was in seiner Community abgeht. Constanze Lieberknecht hatte sich nur einmal umgeblickt und den Ermittler grußlos gemustert wie ein lästiges Insekt. Nun schritt sie auf den Tisch zu, auf dem ihr ermordeter Mann lag. Mutmaßlich zumindest, korrigierte sich Emde. Die Leiche war von den Füßen bis zu den Schultern mit einem Tuch bedeckt, die Augenpartien waren dunkel unterlaufen und zeigten bereits sichtbare Spuren des Todes, der Bereich der schweren Kopfverletzung war unter einem OP-Tuch verborgen. Nach den strengen gesetzlichen Vorgaben war die Leiche an allen drei Körperhöhlen im Kopf, Brust- und Bauchbereich geöffnet worden. Den Anblick wollte man Angehörigen in der Regel ersparen. Constanze Lieberknecht blieb stehen und blickte auf den Toten herab. Sie schaut wirklich auf ihn herab. Emde spürte das, auch wenn er die Witwe nur von hinten sehen konnte. Die Blicke des Gerichtsmediziners, die er gut sehen konnte und die auch ihrerseits Kontakt zu ihm suchten, sprachen allerdings Bände. Die Temperatur im Raum schien durch die Anwesenheit der Witwe nochmals gefallen zu sein. Nach einem weiteren Augenblick wandte sich die Frau um, blickte Emde kurz und zornerfüllt an und ging zur Tür. Die Absätze ihrer Wildlederstiefel donnerten draußen ein Stakkato auf die Kacheln des Flurs, bevor die selbstschließende Tür wieder leise ins Schloss gefallen war. Emde, der verdutzt hinterher geblickt hatte, drehte sich nun zum Gerichtsmediziner um. Der zuckte mit den Schultern, während er ein grünes OP-Tuch über die komplette Leiche zog und den Verstorbenen so vollständig zudeckte. „Sie hat zumindest nicht gesagt, dass er es nicht ist, also ist er es.“ Er griff zu einem Klemmbrett, fingerte einen Kugelschreiber aus der Brusttasche seines Kittels und notierte etwas auf einem Formular. Emde nickte, er kannte das Prozedere für solche Fälle, das nicht so ganz den gesetzlichen Vorgaben entsprach. Lieberknecht war damit identifiziert, auch ohne ein theatralisches, tränenreiches „Er ist es“, wie man das ebenfalls aus Fernsehkrimis kennt. Emde trat an den Tisch. Ein weiteres Kopfnicken des Ermittlers. Der Mann gegenüber zögerte, verstand dann aber und entfernte noch mal das Tuch vom Kopf der Leiche. Emde pfiff leise, als er den mittlerweile dunkel umrandeten Krater in der Stirn sah. Wie viel Lieberknecht wohl noch mitbekommen haben mochte? Ob er gespürt hat, dass er ermordet wurde? Ein weiteres Nicken als Dank, dann folgte der Polizeibeamte der Witwe. Doch Emde sah draußen auf dem Parkplatz nur noch die Abfahrt der beiden. Irgendetwas im Verhältnis zwischen Constanze Lieberknecht und ihrem Mann war ganz und gar nicht so, wie es sein sollte und auch nicht so, wie sie es gestern versucht hatte, ihnen vorzugaukeln.

      „Kinder, lasst uns mal zusammenfassen, was wir haben.“ Emde hatte seinen Bürostuhl hinter seinem Schreibtisch hervorgerollt. Seine Kolleginnen und Kollegen taten es ihm nach, nun saßen sie im Kreis zwischen ihren Tischen. Eigentlich wie eine Sitzgruppe in der Psychotherapie, hatte Emde immer wieder gedacht. Aber bei irgendeinem Fall hatten sie festgestellt, dass sie so am besten mit den Ermittlungen von der Stelle kamen. Keiner verbarrikadierte sich hinter einem Tisch oder Akten, keiner hatte etwas zu verbergen, Ideen und Vermutungen konnten frei geäußert werden. Irgendwann werfen wir uns sogar ein Wollknäuel zu. Emde musste immer wieder lächeln bei dem Gedanken daran, mit welchem Ernst sein Team an solche Gesprächsrunden herantrat. Neue im Team wurden schnell auf die Tradition eingeschworen. So war es auch jetzt. Seine ‚Neuen‘ aus Kassel gehörten schon fest dazu. Ohne jede Ränkespiele, was Emde wunderte. aber gleichzeitig auch freute. „Erstens: Lieberknecht ist identifiziert. Zweitens: Es war definitiv Mord von jemandem, der weiß, wie so etwas geht. Und auch, wie man danach spurlos verschwindet.“ Emde ging in Gedanken die Ermittlungsergebnisse der Tatortgruppe durch. Sie bestanden aus einem Wort. „Nichts“, hatte Meistermann ihm staunend berichtet. „Absolut überhaupt nichts.“

      Emde rieb sich die Stirn. Dass die Anwohner im nahen Heringhausen weder etwas gesehen, noch etwas gehört hatten, wunderte ihn nicht weiter. Häufig fiel den Leuten später noch etwas ein. Diese Informationen waren aber mit Vorsicht zu genießen, da oft die Wahrnehmungen von Nachbarn oder Bekannten mit hineingewoben waren. Was ihn aber ärgerte: Auch die Wabenüberprüfung der Mobilfunkanbieter hatte zu keinem nennenswerten Ergebnis geführt. Emde hatte in diese Abfrage viel Hoffnung hineingelegt: Zur Tatzeit am frühen Sonntagmorgen dürften nicht viele Mobilfunktelefone in den Netzen angemeldet gewesen sein. Aber alle Kontakte gehörten zu Nutzern, die am Diemelsee oder in der Umgebung gemeldet oder zumindest lückenlos nachverfolgbar waren, in der Mehrzahl Angestellte des Hotels am See. Ein weiteres Indiz dafür, dass sie es mit einem lautlosen Profi zu tun hatten. „Da kommen wir offenbar erstmal nicht weiter. Aber wir müssen darüber nachdenken, warum das Ganze auch wie ein Mord aussehen sollte. Also: Mord aus pädagogischen Gründen.“ Seine Leute lachten verhalten kurz auf. Emde ergänzte zunächst nicht, dass inzwischen eine Information über den Fall an das Landeskriminalamt gegangen war. Vielleicht kam von dort eine Idee, wo nach einem möglichen Täter zu suchen war. Ob einschlägige ‚Kunden‘ bekannt waren und wo sie sich gerade aufhielten. „Drittens: Seine Frau ist kalt wie ein Fisch und scheint beinahe nicht unglücklich, dass er СКАЧАТЬ