Das Öl, die Macht und Zeichen der Hoffnung. Klaus Stieglitz
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СКАЧАТЬ und 2,6 Milliarden Menschen ohne Sanitäreinrichtungen auskommen müssen. Der UN-Hochkommissar hatte dringend nahegelegt, das Recht auf sauberes Wasser als Menschenrecht anzuerkennen.

      Für drei Jahre wird ein unabhängiger Experte eingesetzt, der im umfassenden Dialog auf allen beteiligten politischen und gesellschaftlichen Ebenen von den Regierungen über die UN bis hin zu akademischen Institutionen und Nichtregierungsorganisationen die »best practices« zur Versorgung mit sicherem Trinkwasser und Sanitäreinrichtungen erarbeiten soll. Insbesondere die vor Ort agierenden NGOs werden in den Prozess eingebunden.

      Wasser-Experten, die seit Jahrzehnten für die Anerkennung des Menschenrechts auf sauberes Wasser kämpfen, sehen in dieser Entschließung einen der wichtigsten Schritte hin zur Anerkennung dieses Menschenrechts.56 Am Ende des endlich eingeleiteten Rechtsfindungsprozesses soll ein einklagbares Recht auf sauberes Trinkwasser für jeden Menschen auf dieser Erde stehen.

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      Im Juli 2008 beauftragt Hoffnungszeichen die Hydrogeologin Hella Rüskamp mit einer Studie zur Ursachenforschung der Trinkwasserverunreinigungen in den Erdölexplorationsgebieten Thar Jath und Mala. Ziel der Studie soll sein, den vermuteten direkten Zusammenhang zwischen den Aktivitäten der erdölexplorierenden Firmen (Explorationsbohrungen, Prozesswasseraufbereitung und -entsorgung) und der Kontamination des Grundwassers vor allem durch Salze und Schwermetalle zu belegen oder zu widerlegen.

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      Beim letzten Rennen der diesjährigen Grand-Prix-Saison am 2. November in Sao Paulo hat niemand Zweifel daran, dass Lewis Hamilton Weltmeister wird. Der McLaren-Mercedes-Pilot liegt zwar nur auf Platz fünf, doch reicht das aus, um in der Gesamtwertung der Formel 1 den in diesem Rennen führenden Ferrari-Piloten Felipe Massa auf die Plätze zu verweisen. Bis zur vorletzten Runde herrscht fast Langeweile. Doch dann nimmt das Rennen eine unerwartete Wendung. Nachdem Regen eingesetzt und die meisten Fahrer die Reifen gewechselt haben, zieht Sebastian Vettel mit seinem Toro Rosso völlig überraschend an Hamilton vorbei. Aus der Traum von der Weltmeisterschaft! Hamilton kann nur noch auf dieselbe Punktzahl wie Massa kommen. Und da der brasilianische Ferrari-Pilot mehr Siege in dieser Saison erzielt hat, fährt nun er dem Weltmeistertitel entgegen. Hamilton heftet sich zwar an die Fersen von Vettel, hat aber keine Chance, den unglaublich stark fahrenden Deutschen erneut zu überholen. Aus der Traum? In der Ferrari-Box fallen sich die Mitarbeiter schon in die Arme. 100 000 Zuschauer jubeln ihrem Landsmann zu. Doch dann, im beinahe allerletzten Moment des Rennens, rasen Jäger und Gejagter auf Position fünf und sechs an dem auf Platz vier liegenden Toyota von Timo Glock vorbei. Hamilton fährt doch als Weltmeister durch das Ziel. Der Brite ist mit seinen 23 Jahren der jüngste Weltmeister der Formel-1-Geschichte. Und erstmals seit 1999 gewinnt wieder ein Auto mit einem Motor von Mercedes.57

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      Bei Hoffungszeichen arbeiten wir nun mit Hochdruck an der Vorbereitung der weiteren wissenschaftlichen Absicherung der vorgefundenen Kontaminationen und ihrer Ursachen. Bei der Internet-Recherche stoßen wir auf die Facebook-Seite eines Mitarbeiters der Central Processing Facility (CPF) in Thar Jath. Jetzt sehen wir, dass es sich bei der riesigen Anlage, die wir für eine Raffinerie hielten, um eine Aufbereitungsanlage für Rohöl handelt. Hier wird das Rohöl vom Prozesswasser und sandigen Bestandteilen getrennt und von hier aus durch eine Pipeline zur weiteren Verarbeitung in die Raffinerien im Norden gepumpt. Bei der Auswertung von Satellitenaufnahmen ist zu erkennen, dass in dem Ölfeld von etwa 70 Bohrstellen aus Öl für die CPF gefördert wird. Zudem erkennt man verlassene Bohrlöcher, neben denen sich ebenfalls die Gruben mit den gefährlichen Bohrspülungen befanden.

      Hoffnungszeichen tauscht sich mit einer Mitarbeiterin von Hella Rüskamp aus. Diese Mitarbeiterin und Klaus Stieglitz müssen möglichst bald nach Thar Jath reisen. Die Proben müssen jetzt von einem Experten genommen werden, damit keine Zweifel an der Beweiskraft der Wasserproben aufkommen. Akribisch werden Formulare für Entnahmeprotokolle vorbereitet.

      Mithilfe der GPS-Daten der Probennahmen vom Februar legen wir fest, wo wir nun Proben sammeln wollen: Wir möchten weitere Trinkwasserbrunnen, Sumpfwasser und Prozesswasser in oder an der CPF beproben. Zusätzlich begeben wir uns auf die Suche nach den Abfallgruben, die uns ein Ölarbeiter im Februar beschrieben hatte.

      Am 12. November landen wir wieder auf einer holprigen Buschpiste im Südsudan. Dieses Mal begleitet uns eine Korrespondentin der Deutschen Presse Agentur (»dpa«). Unser Arbeitsgebiet befindet sich nördlich der Stadt Leer und erstreckt sich etwa 75 Kilometer nach Norden. Der Weiße Nil ist die geografische und hydrogeologische Grenze des Arbeitsgebiets im Osten. Die erste Probe wird etwa 55 Kilometer vom Nil entfernt genommen. Insgesamt werden Proben aus zwölf Brunnen und sieben Proben aus Oberflächengewässern entnommen, wobei bei einigen Oberflächengewässern nur vermutet werden kann, dass sie Altlasten enthalten. Vier der Oberflächengewässer liegen in unmittelbarer Nähe der CPF von Thar Jath.58 Bei einigen Brunnen werden Klagen von Anwohnern über das Wasser zum Anlass für die Beprobung genommen. Die Handpumpen selbst werden auch einer Begutachtung unterzogen, wobei sich herausstellt, dass sie alle indischer Bauart sind, gegen Einträge von außen abgedichtet und von einem Betonsockel eingefasst. Eine direkte Kontamination von oben am Brunnen selbst scheint so ausgeschlossen. Die Ergebnisse zeigen eine ansteigende Versalzung der Brunnen in ausgeprägter Ost-West-Richtung.

      Die Analyse der an den beiden Trinkwasserpumpen in Rier am 14. November 2008 genommenen Proben ergibt einen Gesamtsalzgehalt von 6420 bzw. 6170 Milligramm pro Liter Wasser (mg/l). Die US-Umweltschutzbehörde EPA setzt 500 mg/l als Grenzwert an. Diese Proben überschreiten den EPA-Grenzwert somit um das 12-Fache. Ein Salzgehalt dieses Maßstabs entzieht dem Körper Wasser. Diese Dehydration kann zu einer tödlichen Gefahr werden. Um bei einer Dehydration zu überleben, muss dem Körper unverzüglich sauberes Wasser zugeführt werden. Die Wasserproben in Rier enthielten auch Strontium-Anteile und in einer Probe Blei sowie Spuren von Cadmium.

      Aber woher soll dieses saubere Wasser kommen? Viele Einwohner von Rier, insgesamt rund 5000 Menschen, gehen in den Sumpf und trinken die modrig stinkende Brühe. Diese sei besser als das Salzwasser aus dem Brunnen, meinen sie. »Das Wasser schmeckt salzig, und der Hals schmerzt davon«, sagt eine Einwohnerin in Rier. »Man bekommt Hautausschläge davon und Durchfall«, berichtet die Mutter dreier Kinder weiter.

      Manchmal kommt auch ein Wasser-Tanklastwagen vorbei – von den Ölfirmen bezahlt. Der Lkw kann 20 000 Liter Wasser laden. 20 000 Liter für 5000 Menschen, oft seltener als einmal pro Woche. 4 Liter für einen Menschen in einer Woche, und das bei vierzig Grad im Schatten. Wenn der Tanklaster kommt, bricht deshalb unter den Menschen Streit aus. Eine Frau zeigt auf eine Narbe auf ihrem Unterkiefer und erzählt: »Hier hab ich einen Schlag abbekommen, als ich am Tanklaster Wasser haben wollte. Da wird richtig gekämpft.« Jeder will für seine Familie, für sich etwas von dem kostbaren Nass bekommen. Da wird gerauft, getreten und geschlagen – ein Schreckensbild, von der Ölindustrie in Szene gesetzt.

      Doch die beiden Brunnen in Rier sind nicht die einzigen Problemfälle. Alle zwölf Brunnen, die wir beprobt haben, sind belastet, fünf davon so schwer, dass sie geschlossen oder saniert werden müssen. Es handelt sich dabei um die beiden Brunnen in Rier, den Brunnen bei Mar und die Brunnen in Bouw und Duar.

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